Bremen. . An der Weser träumen viele Fans noch von den Europacup-Zeiten. Dabei muss der neue Bremer Coach Robin Dutt den Umbruch schaffen – und die Klasse halten. Im DFB-Pokal gab es bereits das frühzeitige Aus in der ersten Runde. Mit Sokratis und de Bruyne hat Werder seine besten Spieler verloren.

Alles auf Anfang lautet das Motto beim Fußball-Bundesligisten SV Werder Bremen: Robin Dutt, der neue Coach, und Thomas Eichin, der neue Sportdirektor, stehen nach dem Ende der Ära von Trainer Thomas Schaaf und Eichins Vorgänger Klaus Allofs vor einer schwierigen Aufgabe. Und am Ende könnte es für die Norddeutschen wieder einmal ganz knapp werden.

Der Trainer: Smart, charismatisch, meinungsstark: Bei seiner Vorstellung sammelte Robin Dutt gleich kräftig Sympathiepunkte. Und was in Bremen besonders gut ankam: Der 48-Jährige sprach seine Fehler aus seiner Leverkusener Zeit unverblümt an: „Da war ich zu euphorisch und zu verbissen. Das war nicht meine beste Performance.“ Und die Tätigkeit als DFB-Sportdirektor war nicht das Richtige, „weil ich gemerkt habe, dass mein Herz auf den Trainingsplatz gehört“. Dort arbeitet Dutt an neuer Wirkungsstätte akribisch. Er experimentiert viel – und kann doch nicht verhindern, immer mit Thomas Schaaf verglichen zu werden. „Die Fußstapfen sind groß, ich will meine eigene harte Spur hinterlassen“, sagt Dutt. Doch vor dem Testspiel gegen den FC Fulham blendete die Stadionregie im Weserstadion nicht sein Bild ein, sondern das Konterfei des Vorgängers. Der Nachfolger nahm es mit Humor. Frau Daniela wird übrigens weiter in Stuttgart wohnen, wo sie einen Friseursalon betreibt.

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Das Personal: Der Kader bietet viel Quantität, aber auch genug Qualität? Die Zeiten, als das Werder-Gebilde von Stars wie Johan Micoud und Ailton, Miroslav Klose, Diego oder Mesut Özil, aber auch Torsten Frings, Per Mertesacker oder Tim Wiese geprägt wurde, sind Geschichte. Aktueller Kapitän ist Clemens Fritz, der aber nur außerhalb des Platzes als Führungsfigur taugt. Schon in der letzten Schaaf-Saison schleppten sich die Hanseaten mühsam zum Klassenerhalt. Neu sind Innenverteidiger Luca Caldirola (für 2,5 Millionen von Inter Mailand) und Mittelfeldmann Cedrick Makiadi (für drei Millionen vom SC Freiburg) – beide sind für die Stammelf eingeplant. Dutt möchte mit einem flexiblen 4-3-3-System spielen lassen. Qualität sammelt sich im Mittelfeld um den als Ballverteiler gedachten Neuzugang Makiadi und den vielseitigen Österreicher Zlatko Junuzovic. Aaron Hunt kann auch den Unterschied ausmachen – aber nur an seinen guten Tagen.

Die Probleme: Der Abschied von der Ära Thomas Schaaf und Klaus Allofs fällt nicht leicht. Beide genossen immensen Handlungsspielraum, machten den Sportverein Werder sogar sportlich größer, als es der Standort an der Weser wirtschaftlich sein konnte. „Es kann schon zwei, drei Jahre dauern, bis wir wieder europäisch spielen“, ahnt Vorstandschef Klaus Filbry. In der dreiköpfigen Geschäftsführung hat Präsident Klaus-Dieter Fischer mächtigen Einfluss, die Rolle von Aufsichtsratschef Willi Lemke ist nicht zu unterschätzen. Viele Strukturen wirken verkrustet – auch das dürfte Manager Thomas Eichin noch viel Arbeit machen. Aber das Kardinalproblem wird die Neuordnung sein, die Dutt jetzt mit der Mannschaft vornehmen muss.

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Der Anspruch: Noch immer schwärmen Teile des Stammpublikums von den seligen Champions-League-Zeiten und dem schillernden Sturm-und-Drang-Stil. Doch die Realität für die Grün-Weißen wirkt eher mausgrau. Das dritte Jahr ohne internationale Zusatzeinnahmen – das geht an die Substanz. Dem Rekordverlust von fast 14 Millionen Euro folgt auch im abgelaufenen Geschäftsjahr ein kräftiges Minus im einstelligen Millionenbereich. Immer wieder fällt der Begriff der „Konsolidierung“. Diese Saison wird als Zwischenjahr eingestuft. Eichin redet partout nicht mehr vom internationalen Anspruch. Die Botschaft kommt bei der Kundschaft allmählich an.

Die Prognose: Auf die Ablöse für Abwehrrecke Sokratis (Dortmund) war Werder angewiesen, Kevin de Bruyne (Chelsea) war nicht zu halten. Damit verlor ein Fast-Absteiger seine beiden Besten. Die in der Vorsaison suspendierten Eljero Elia und Marko Arnautovic sind zwar im Aufgebot aufgenommen, aber die Grenzgänger können jederzeit das Binnenklima gefährden. Ohne weitere Verstärkungen droht erneut der Abstiegskampf. Diesmal könnte er Werder sogar in die Relegation führen.