Hannover. Hunderte Dresden-Fans stürmten am Mittwoch das Stadion von Hannover 96. Sie hätten Ordner überrannt, sind auf Zäune geklettert und zündeten Bengalos. Es gab mehrere Verletzte und Festnahmen. Dynamo Dresden reagierte am Donnerstag “beschämt und empört“ auf die Ereignisse.

Nach den erneuten Ausschreitungen Dresdner Hooligans vor dem DFB-Pokalspiel bei Hannover 96 (3:4 i.E.) droht dem Fußball-Zweitligisten Dynamo Dresden ein heftiges Nachspiel. Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) leitete am Donnerstag Ermittlungen gegen Dynamo ein. Dies bestätigte der DFB auf SID-Anfrage.

Dem sächsischen Traditionsklub droht womöglich sogar der Pokalausschluss für die kommende Saison. Diese Strafe hatte Dynamo vor einem Jahr erst in der Berufungsverhandlung verhindern können. Damals hatte der DFB das abgemilderte Urteil "als letzte Warnung an den Verein" bezeichnet.

In einer Stellungnahme zeigte sich Dynamo "beschämt und empört" und verurteilte die Ausschreitungen. "Dieses Verhalten einer begrenzten, leider aber zu großen Gruppe", habe "tausende friedliche Fans wieder landesweit diskreditiert", hieß es von Vereinsseite. Die Dresdener erinnerten in ihrer Stellungnahme ihre Fans auch an die 'weitaus schwerwiegenderen Vorfällen von Dortmund" und den "aufwändigen Kampf" durch die Instanzen im Vorjahr. "Diesen Begleiterscheinungen eine Bühne zu bereiten, war nicht das Ziel dieser Anstrengungen", hieß es weiter.

"Jetzt müssen die Vorfälle von Mittwochabend analysiert und alle Berichte ausgewertet werden. Das wird die Sportgerichtsbarkeit machen, die in der Vergangenheit immer mit Weitsicht und Augenmaß gearbeitet hat", sagte DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock.

Klopp spricht sich gegen Dynamo-Ausschluss aus

Borussia Dortmunds Trainer Jürgen Klopp sich hat nach den Ausschreitungen nach dem DFB-Pokalspiel in Hannover gegen einen Ausschluss von Dynamo Dresden aus dem Wettbewerb ausgesprochen. "Es geht nicht darum, einen Verein auszuschließen. Auch Dynamo Dresden hat so viele Fans, denen es ausschließlich um Fußball geht. Es wäre über einen Kamm geschert, einen Verein auszuschließen, weil er ein paar Problemfans mehr hat", sagte der Coach des deutschen Fußball-Meisters am Donnerstag. Allerdings müsse man "sachlich feststellen, wer die Probleme macht."

Schließlich gebe es auch beim BVB gelegentlich Vorfälle mit Anhängern. "Wir können uns auch nicht davon frei sprechen, weil bei uns Dinge passiert sind", gestand Klopp, der betonte, dass man "an das Thema ran" müsse: "Es macht keinen Spaß, wenn so etwas rund ums Derby vorfällt." (dapd/sid)

Ordner flüchteten vor Fans von Dynamo Dresden beim Stadionsturm in Hannover 96 

Hunderte Anhänger von Dynamo Dresden haben am Mittwochabend das Stadion von Hannover 96 gestürmt. 1.400 Fans versuchten vor dem Pokalspiel, die Kontrollpunkte zu durchbrechen, wie ein Polizeisprecher auf Anfrage sagte. Dabei seien Ordner überrannt worden, hieß es. Bis zu 400 Menschen kamen unkontrolliert ins Stadion. Einige von ihnen kletterten über Zäune, die bei der Aktion beschädigt wurden. Mehrere Ordner und drei Fans der Gastmannschaft wurden verletzt. Daraufhin wurden die Eingänge vorübergehend abgeriegelt.

Wie viele Personen genau verletzt wurden, lasse sich vermutlich nicht mehr ermitteln, sagte Hallmann. Aus Angst vor den aggressiven Anhängern von Dynamo Dresden seien viele Ordner geflüchtet, berichtete er. Etwa 400 Gastfans gelangten so unkontrolliert ins Stadion. "Die Ordner hatten teilweise große Angst", sagte Hallmann. Die Süd-Eingänge wurden deshalb vorübergehend gesperrt.

Aggressive Stimmung bei Fans von Dynamo Dresden

"Die Dynamo-Fans haben leider nichts dazu beigetragen, um ihr schlechtes Image zu verbessern", sagte Polizeisprecher Dirk Hallmann am Donnerstag auf dapd-Anfrage. Es habe eine sehr aggressive Stimmung geherrscht, auch die von der Polizei eingesetzten Konfliktmanager hätten nichts bewirken können.

Bereits vor Beginn des DFB-Pokalspiels zwischen Dynamo Dresden und Hannover 96 gab es mehrere Festnahmen. Fans aus Sachsen versuchten auf dem Weg zum Stadion in Hannover, Anhänger der gegnerischen Mannschaft anzugreifen. Die Beamten nahmen 16 Menschen in Gewahrsam. Auf ihrer Facebook-Seite kündigte die Polizei noch während des Spiels an, konsequent einzugreifen. (dapd/sid)

Treffen von Hooligans verhindert 

Überdies hatten sich mehrere Hooligans in der Nähe der Markthalle mit gegnerischen Fans zu Auseinandersetzungen treffen wollen. Beim Eintreffen der Beamten flüchteten die Gruppen. Die Polizei hielt einen Wasserwerfer in der Nähe in Bereitschaft. Während des Spiels wurden im Stadion immer wieder bengalische Feuer entzündet. Bei Auseinandersetzungen wurden ein Polizist, ein Dynamo-Fan und ein Unbeteiligter leicht verletzt.

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Etwa 200 Dynamo-Fans betraten den Platz, um mit Dresdner Spielern zu sprechen. Sie kamen der Aufforderung der Polizei, in ihren Block zurück zu kehren unverzüglich und ohne Widerstand nach. Hannover gewann das Spiel 5:4 nach Elfmeterschießen. Nach Abpfiff errichteten die Beamten mehrere Sperren, um rivalisierende Fangruppen voneinander zu trennen.

"Das Stadionerlebnis darf für alle kein Ort des Schreckens werden"

Die Polizei hatte die Partie bereits im Vorfeld als sogenanntes Risiko-Spiel eingeschätzt. Mit speziell ausgebildeten Konfliktmanagern sollten Auseinandersetzungen verhindert werden. Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sagte bei einem Treffen mit dem Einsatzleiter, "die Polizei Hannover hat große Erfahrungen auch mit Risikospielen, das hilft auch heute bei diesem Einsatz". Tausend Beamte sicherten das Spiel ab.

Fans von Dynamo Dresden hatten im vergangenen Jahr mit Ausschreitungen beim Zweitrundenspiel im DFB-Pokal bei Borussia Dortmund für Negativ-Schlagzeilen gesorgt.

Andreas Rettig ist nach den Ausschreitungen Dresdner Fußballfans beim DFB-Pokalspiel in Hannover am späten Mittwochabend erschrocken. "Das Stadionerlebnis darf für alle kein Ort des Schreckens werden, auch nicht für Polizisten", sagte der designierte Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL) am Donnerstag im "Morgenmagazin" des ZDF. Zugleich verteidigte Rettig das bei Fans umstrittene Papier der DFL zur Stadionsicherheit. "Es ist kein in Stein gemeißeltes Konzept, sondern eine Diskussionsgrundlage", gab sich der 49-Jährige gesprächsbereit. (dapd)

Liga-Verband kommt mit Fans zusammen 

Liga-Verbands-Präsident Reinhard Rauball hat zum erneut die Politik aufgerufen, mehr Verantwortung für die Sicherheit in den Fußball-Stadien zu übernehmen. 'Das Schwarze-Peter-Spiel muss endlich ein Ende haben, es führt zu keiner Lösung', sagte Rauball der Bild-Zeitung: 'Es ist ein verheerendes Signal der Politik, wenn Kommunen Fanprojekte nicht mehr mitfinanzieren und sich aus der Verantwortung zurückziehen.' Beim DFB-Pokalspiel zwischen Hannover 96 und Dynamo Dresden war es zu schweren Krawallen gekommen.

Die Kritik vonseiten der Fans, aber auch von Klubs am ersten Konzeptpapier der Deutschen Fußball Liga (DFL) kann der Präsident von Borussia Dortmund nicht nachvollziehen: 'Das Konzept war ausdrücklich als Diskussionsgrundlage angelegt. Gewalt, Pyrotechnik und Rassismus wollen wir nicht. Personen, die das nicht akzeptieren, haben in unseren Stadien nichts zu suchen.'

Vor dem Fan- und Vereinstreffen am Donnerstag in Berlin, bei dem über das Sicherheitskonzept der Liga beraten werden sollte, versucht Rauball allerdings die Gemüter zu beruhigen: 'Jetzt ist Sachlichkeit gefragt. Unser Ziel: Wir wollen bis zur Mitgliederversammlung am 12. Dezember zu einem tragfähigen Konzept kommen. Angesichts des steigenden Drucks der Politik müssen die Fans, Klubs, DFL und DFB jetzt eng zusammenstehen und gemeinsam Lösungen finden.' (sid)

Immer wieder Ärger mit Dresdner Fans - ein Blick zurück 

Am Rande des DFB-Pokalspiel zwischen Hannover 96 und Dynamo Dresden (5:4 nach Elfmeterschießen) haben am Mittwoch erneut Dresdner Anhänger im Umfeld der Partie für Negativ-Schlagzeilen gesorgt. Ein Jahr zuvor war Dynamo nach Ausschreitungen in Dortmund bereits mit einem Ausschluss aus dem DFB-Pokal bestraft worden. Die Strafe wurde später abgemildert. Die Nachrichtenagentur dapd dokumentiert die größten Verfehlungen einiger Dynamo-Fans und die Bestrafungen durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB) während der vergangenen Jahre.

2. Juni 2010: Der Gebrauch von Bengalischen Feuern, Rauchbomben und eines "Kanonenschlags" durch Fans in mehreren Spielen kostet Dynamo Dresden eine Geldstrafe von insgesamt 6.500 Euro.

15. September 2010: Erneut 6.500 Euro muss der Verein bezahlen, weil einige seiner Anhänger während Partien eine Rauchbombe und Bengalische Feuer gezündet hatten. Außerdem wurden Plastikflaschen in den Innenraum geworfen. Der DFB knüpfte eine Warnung an die Strafe, wonach "bei einem erneuten gravierenden Vorfall mit einer Platzsperre, einem Teilausschluss der Öffentlichkeit oder einer Spielansetzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit" zu rechnen sei.

4. April 2011: Dieselbe Summe muss Dynamo zahlen, weil Fans während drei Spielen Pyrotechnik und Feuerwerkskörper zum Einsatz gebracht hatten. Beim Heimspiel gegen Heidenheim flogen außerdem Bierbecher auf einen Gäste-Spieler und den Schiedsrichter-Assistenten.

27. April 2011: Wieder flogen Bierbecher und darüber hinaus Feuerzeuge in Richtung Assistenten, dieses Mal während der Partie gegen Rot-Weiß Erfurt. Gegen den FC Hansa Rostock kam erneut Pyrotechnik zum Einsatz, außerdem befestigten Dynamo-Anhänger am Absperrzaun eine Fahne mit einer laut DFB "diskriminierenden/verunglimpfenden Abbildung". Dresden muss eine Strafe von 7.000 Euro bezahlen.

22. Juni 2011: Dynamo bekommt die in diesem Zeitraum höchste Geldstrafe aufgebrummt: Für Fan-Vergehen während drei Spielen, die teilweise zu Spielunterbrechungen führten, das Aufhängen eines diskriminierenden Schriftzugs, das Werfen gefüllter Bierbecher und das Eindringen von knapp 50 Dynamo-Fans in den Stadion-Innenraum muss Dresden insgesamt 24.000 Euro Strafe bezahlen. Erneut droht der DFB dem Klub mit einem Zuschauerausschluss oder einer Platzsperre.

8. September 2011: Das Abbrennen von Pyrotechnik, Zünden eines Kanonenschlags und das Werfen von Böllern und Feuerzeugen in den Innenraum kosten Dynamo Dresden 7.000 Euro Geldstrafe.

25. Oktober 2011: Beim DFB-Pokalspiel bei Borussia Dortmund zünden einige Dynamo-Anhänger während der Partie Feuerwerk und richten Laserpointer auf einige Dortmunder Spieler. Bereits vor der Begegnung gibt es massive Auseinandersetzungen zwischen Dresdner Randalierern und der Polizei. Flaschen fliegen in Richtung der Beamten, 15 Personen werden festgenommen, mehrere verletzt. Der DFB nimmt die Ermittlungen auf.

24. November 2011: Dynamo wird vom DFB mit dem Ausschluss aus dem DFB-Pokal für die Saison 2012/13 bestraft. Die Sachsen gehen gegen das Urteil in Berufung.

23. Februar 2012: Der Ausschluss wird in eine Geldstrafe in Höhe von 100.000 Euro sowie ein "Geisterspiel" abgemildert. Für das Match am 11. März gegen den FC Ingolstadt März verkauft der Verein mehr als 32.000 virtuelle "Geisterkarten" an Anhänger und minimiert so den finanziellen Schaden.

28. Juni 2012: Für wiederholte Verfehlungen seiner Fans wird Dynamo vom DFB mit 20.000 Euro Geldstrafe sowie einen Zuschauer-Teilausschluss bestraft. Dresden darf im Heimspiel gegen den TSV 1860 München nur 16.000 der möglichen 33.000 Tickets verkaufen. 3.000 davon sind für Gästefans reserviert.

27. August 2012: Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) sieht Fortschritte bei den Bemühungen von Dynamo Dresden, Gewalt durch Fußballfans einzudämmen. Gleichzeitig verwies der Innen- und Sportminister darauf, dass bei Auswärtsspielen noch Nachholbedarf bestehe.

31. Oktober 2012: Vor dem DFB-Pokalspiel in Hannover stürmen einige Hundert Dynamo-Fans das Stadion, es gibt Verletzte und Festnahmen. Während der Partie wird Pyrotechnik abgebrannt, nach dem Match dringen einige Dresdner Zuschauer in den Innenraum ein.