Kiel. Das Amtsgericht Kiel hat den Missbrauchs-Prozess gegen einen Trainer des Deutschen-Schwimm-Verbands vertagt. Dem Coach, der bei den Olympischen Spielen Mitglied des Betreuer-Stabs der Beckenschwimmer war, drohen bis zu vier Jahre Haft.

Wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs einer minderjährigen Schwimmerin drohen einem Olympia-Trainer der deutschen Beckenschwimmer bis zu vier Jahre Haft. Seit Dienstag muss sich der 40-Jährige vor dem Kieler Amtsgericht verantworten. Das Verfahren vor dem Schöffengericht fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Mehrere Stunden lang sagte am ersten Verhandlungstag die mittlerweile 23 Jahre alte Frau aus, an der sich der Angeklagte zwischen 2004 und 2006 mehrmals vergangen haben soll. Ein Urteil gegen den Trainer wird voraussichtlich am Donnerstag fallen.

Der Mann arbeitet nach Angaben der Nachrichtenagentur dapd mittlerweile für einen Sportverein in Nordrhein-Westfalen. Im Mai wurde er im Zuge der Europameisterschaft im ungarischen Debrecen zum ersten Mal in den Trainerstab des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) für ein internationales Turnier berufen. Bei den Olympischen Spielen in London war er einer von sechs Trainern im deutschen Beckenschwimmer-Team.

Verteidiger weist Missbrauchsvorwurf zurück

Der unter Anklage stehende Mann gehörte zum Trainerteam der deutschen Beckenschwimmer bei den Olympischen Sommerspielen in London. Sein Verteidiger sagte nach der rund sechs Stunden dauernden Verhandlung, er habe die Vorwürfe gegen seinen Mandanten zurückgewiesen.

Der Angeklagte war seit 2000 Übungsleiter in Kiel und Trainer des Mädchens. Damals war die Schwimmerin zwölf Jahre alt. Der Anklage zufolge nutzte er von 2004 bis 2006 das Betreuungsverhältnis aus und überredete die damals Minderjährige mehrfach zum Sex. Hätte das Betreuungsverhältnis nicht bestanden, wären die Vorwürfe nach Angaben der Ermittlungsbehörde strafrechtlich nicht relevant.

Blitzlichgewitter im Saal 2

Unter dem Blitzlichtgewitter zahlreicher Kameras hatte der 40-Jährige am Morgen den Saal 2 des Gerichts betreten. Die im Prozess als Nebenklägerin auftretende Schwimmerin war abgeschirmt von der Öffentlichkeit in den Saal geleitet worden.

Alkoholgelage im Kreta-Urlaub? 

Staatsanwältin Veronika Stoltz-Uhlig warf dem Olympia-Trainer in ihrer Anklageschrift 18 Missbrauchsfälle einer Schutzbefohlenen zwischen August 2004 und März 2006 vor. Demnach ereignete sich der erste Missbrauch im August 2004 während eines gemeinsamen Kreta-Urlaubs, an dem auch die damalige Lebensgefährtin des Angeklagten teilnahm. Zu diesem Zeitpunkt sollen die damals 16 Jahre alte Schwimmerin wie auch die damalige Freundin des Mannes stark angetrunken gewesen sein.

Als Trainer kümmerte sich der Mann nicht nur um die Ernährungspläne des Mädchens, sondern reglementierte auch ihr Verhalten und besprach mit den Eltern die psychischen Befindlichkeiten der Schwimmerin, sagte Staatsanwältin Stoltz-Uhlig. Die Eltern erlaubten auch den Kreta-Urlaub.

DSV war von Vorwürfen überrascht worden

Die Anzeige erfolgte im August 2009. Im September 2011 erhob die Staatsanwaltschaft Kiel Anklage. Zwar kam es der Anklage zufolge nicht zu physischer Gewalt im Sinne einer Vergewaltigung. Allerdings beschrieb die Staatsanwältin bei der Verlesung der Anklageschrift, dass das Mädchen den Mann in einem Fall weggeschlagen habe.

Der DSV war in London von den Beschuldigungen gegen den Trainer überrascht worden. Der 40-Jährige hatte vor dem Abflug nach London den olympischen Ehrenkodex unterschrieben. Bei einer Verurteilung drohen ihm möglicherweise auch berufliche Konsequenzen.

Der Prozess wird am Donnerstag (16. August, 09.00 Uhr) unter Ausschluss der Öffentlichkeit fortgesetzt. Dann sollen zwei Zeuginnen vernommen werden. (dapd)