London. .
Die Sportfunktionäre des DOSB fühlen sich in der Debatte um die olympischen Medaillenvorgaben missverstanden. Am Wochenende gestanden sie allerdings Fehler ein.
Wie berichtet hatte das Verwaltungsgericht Berlin einer Klage der WAZ-Gruppe stattgegeben und das Bundesinnenministerium unter Androhung eines Strafgeldes aufgefordert, die in sogenannten Zielvereinbarungen enthaltenen Medaillenprognosen für London und die olympischen Winterspiele in Vancouver 2010 und Sotschi 2014 öffentlich zu machen. Wenige Minuten vor Ablauf der Frist um 15 Uhr am vergangenen Freitag übersandte das Ministerium die Zahlen: Danach sollten Deutsche in London 86 Medaillen holen, davon allein 28 in Gold. Die tatsächliche Bilanz aber fiel wesentlich magerer aus: Das deutsche Team holte ganze 44 Medaillen – davon elf goldene.
Bach: "Begriff 'Zielvereinbarung' ist unglücklich gewählt"
Doch Thomas Bach, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), sieht in der Diskussion um überhöhte Medaillenvorgaben für deutsche Athleten vor allem ein Kommunikationsproblem. Der Begriff der Zielvereinbarung sei unglücklich gewählt. „Wir haben uns wohl im Namen vergriffen, das muss man eingestehen”, so Bach. Künftig wolle man Zielvereinbarungen lieber Fördervereinbarungen nennen.
Das ganze Wochenende über versuchten DOSB-Generaldirektor Vesper und sein Präsident Bach dem Eindruck zu widersprechen, es handele sich bei den Zielvereinbarungen zwischen dem DOSB und den einzelnen Sportverbänden um Vorgaben von oben; die Ziele seien vielmehr in einvernehmlichen Prozessen ausgehandelt worden.
In der Diskussion um Begrifflichkeiten geht es bisher allerdings kaum um die Frage, wie viel Transparenz das Bundesinnenministerium und der DOSB zulassen wollen. Werden sie die Zielvereinbarungs-Dokumente, also nicht nur die Medaillenvorgaben, bald öffentlich machen?
Thomas Bach und Michael Vesper behaupten nun seit Freitag, sie hätten ohnehin vorgehabt, die Vereinbarungen nach den olympischen Spielen zu veröffentlichen.
Vesper und Bach hatten stets argumentiert, Konkurrenten könnten deutsches Know-how kopieren und Deutschland werde im internationalen Wettbewerb zurückfallen, wenn Ziele und Konzepte der Verbände öffentlich würden.
In Dänemark sind Dokumente zur Sportförderung öffentlich
„Genau die gleiche Diskussion hatten wir vor ein paar Jahren in Dänemark”, sagt Henrik Brandt, Direktor des Dänischen Instituts für Sportwissenschaften. Jetzt sind in Dänemark alle Dokumente zur Spitzensportförderung öffentlich. In London war das Land mit neun Medaillen so erfolgreich wie seit Jahren nicht mehr.
Die deutsche Olympiamannschaft verlässt London am heutigen Montag. Schon bald werden in Gesprächen der Verbände mit dem Deutschen Olympischen Sportbund die Zielvereinbarungen für den nächsten Olympiazyklus bis Rio de Janeiro 2016 getroffen. Jürgen Fornoff, der Generalsekretär des deutschen Schwimmverbandes, für den Thomas Lurz mit Silber über die 10-Kilometer-Langstrecke die einzige Medaille gewonnen hatte, sagte unserer Zeitung: „Wir müssen uns auf Einschnitte gefasst machen.“