Jönköping. .

Ratlos wirkte Silvio Heinevetter, sprachlos war Pascal Hens – die ersten deutschen Handballer flüchteten gestern Abend in die Kabine, ohne einen Kommentar zur bitteren 25:27 (12:10)-Pleite gegen Ungarn abzugeben. Als Erster machte Adrian Pfahl den Versuch einer Erklärung – und scheiterte. „Keine Ahnung, woran’s diesmal lag, ich kann’s einfach nicht erklären“, sagte er traurig und fügte an: „Jetzt haben wir schon wieder ein Endspiel.“

Gegen Norwegen (16.15 Uhr/ZDF) geht’s an diesem Dienstag aber wie erwartet nicht mehr um das Halbfinale bei der WM in Schweden, es geht auch schon nicht mehr um den Einzug ins Spiel um Platz fünf. Bestenfalls kann das deutsche Team noch die Begegnung um den siebten Schlussrang erreichen. Dazu muss es aber erstens unbedingt gegen die Norweger gewinnen, und zweitens darf Island auf keinen Fall gegen Frankreich punkten. Und selbst wenn alles so weit passen sollte, bleibt die Teilnahme an einem der drei Olympia-Qualifikationsturniere höchst fraglich: Als Gegner käme entweder Kroatien oder Polen auf die Deutschen zu.

„Unsere Einstellung hat heute hinten und vorne nicht gepasst. Wir schießen Ungarns Torwart stark und machen ihn zum Helden.“ Michael Kraus gehörte zu denjenigen, die relativ früh ihre Sprache wieder fanden. In der Tat hielt der einst beim Bundesligisten VfL Gummersbach beschäftigte Nandor Fazekas, was man nur halten konnte, und stoppte einen deutschen Angriff nach dem anderen. Auf der anderen Seite legte auch Johannes Bitter erneut eine Klasse-Partie aufs Parkett in Jönköping, aber damit blieb er in seinem Team alleine. Alle anderen blieben deutlich unter der Glanzform, die sie noch beim 27:24 über Island am Samstag gezeigt hatten. „Bei allen haben heute irgendwie zehn Prozent gefehlt. Ich verstehe das nicht“, rätselte Bitter.

Wurde das ungarische Team nach der Handball-Gala gegen die Isländer vielleicht unterschätzt? Bitter: „Bestimmt nicht. Wir haben ja schon ein paar Mal gegen die gespielt. Auch mit unseren Vereinen. Wir wussten schon, dass da ein guter Gegner kommt.“ Und Adrian Pfahl fügte an: „Wir können es uns gar nicht leisten, bei der WM irgendeinen Gegner zu unterschätzen. Das wissen wir doch.“

Das heftige Auf und Ab bei dieser WM hatte das deutsche Team nach dem isländischen Hoch sozusagen in das ungarische Tief abstürzen lassen. Während die Abwehr zumindest in der ersten Halbzeit noch einigermaßen stabil agierte, Deutschland dank Johannes Bitter sogar noch mit einem Zwei-Tore-Vorsprung in die Pause ging, wirkte die Mannschaft in der zweiten Halbzeit zunehmend verunsichert bis panisch – fast wie bei ihrem Blackout in der Vorrunde gegen die Spanier. Was sich seine Spieler an Fehlpässen, Ballverlusten und verworfenen Tormöglichkeiten leisteten, trieb Bundestrainer Heiner Brand zur Verzweiflung. „Ich hatte nach dem Island-Spiel an unsere Chance geglaubt“, sagte der 58-Jährige nach dem Match schwer enttäuscht, „aber wir haben im Angriff über die vollen 60 Minuten nicht zu unserer Leistung gefunden. Mit derartigen Abschluss- und Konzentrationsschwächen kann man so ein Spiel nicht gewinnen.“

Hat er jetzt Angst um die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2012 in London? „Was heißt hier Angst?“, fragte Brand da zurück, „es geht darum, die eigene Situation richtig einzuschätzen. Wir haben jetzt eine ganz und gar nicht gute Situation. Die hätten wir nur nach einem Sieg über die Ungarn gehabt.“