Dortmund. Das Mittelfeld sollte das Herzstück des BVB werden, doch ist bisher eine riesige Enttäuschung. Woran es derzeit fehlt.
Carney Chukwuemeka trug am Montagmittag im Abschlusstraining eine schwarze Mütze, einen dunkelgrünen Trainingsanzug, rote Schuhe mit Stollen und jagte dem Ball hinterher. Und das waren gute Zeichen für Borussia Dortmund beim Abschlusstraining vor dem Sechzehntelfinal-Hinspiel in der Champions League am Dienstagabend bei Sporting Lissabon (21 Uhr/Prime), denn Chukwuemeka ist nach Knieverletzung wieder fit.
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Einer wie Chukwuemeka, 21, hochtalentiert und ausgeliehen vom FC Chelsea, fehlt dem Mittelfeld, das zum neuen schwarz-gelben Herzstück werden sollte, nach der Hälfte der Saison aber zu einer riesigen Enttäuschung verkommen ist. Es fehlt an Struktur, Robustheit, Torgefahr. Derzeit steht Niko Kovac niemand zur Verfügung, der das Spiel, insbesondere in unruhigen Phasen, an sich ziehen kann. Und darauf dürften in Lissabon einige auf den BVB warten.
BVB-Sommerzugang Groß baute stark ab
Nicht Pascal Groß, 33, im Sommer aus der Premier League in der Hoffnung verpflichtet, einen Hauch von Toni Kroos im Ruhrgebiet zu spüren. Groß ist ein Stratege, der tief im Mittelfeld die Fäden zieht, klug verlagert, unter hohem Gegnerdruck noch immer saubere Pässe spielen kann – allem Tempodefizit zum Trotz. Zu Beginn der Saison sah man diese Ansätze durchschimmern, doch Groß baute stark ab. Was auch an Dortmunds Personalsorgen lag, die Nuri Sahin dazu veranlasste, den früheren Brighton-Profi auf dem Rasen wie eine Spielfigur von A nach B zu verschieben. Mal verteidigte Groß über rechts, dann spielte er im zentralen Mittelfeld, hin und wieder auch in offensiver Ausrichtung.

Nicht Marcel Sabitzer, 30, der Dortmund im Frühjahr noch ins Träumen brachte. Der Österreicher lief sich in der heißen Champions-League-Phase die Lunge aus dem Leib. Lief gegnerische Angreifer ab, schoss im nächsten Moment selbst wichtige Tore. Da war Sabitzer mal der Verbindungsspieler zwischen Offensive und Defensive, als der im Sommer 2023 von München nach Dortmund zog. Unter Sahin verlor er völlig die Form, es rumpelte zwischen beiden, weil Sabitzer auf dem rechten Flügel nur ungern spielte.
Brandt kann Erwartungen beim BVB nicht erfüllen
Und erst recht nicht Julian Brandt, 28, der mit großen Hoffnungen in die Saison gestartet war. Beim BVB baute man ihn als eines der neuen Gesichter der Post-Reus-Hummels-Ära auf, er bekam die prestigeträchtige Nummer zehn auf die Trikotseite gedruckt. Nie konnte Brandt diese Erwartungen erfüllen, fiel zurück in alte Muster, als er zwar bemüht war, aber die Spiele doch an sich vorbeilaufen sah.
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Hatte Brandt in der vergangenen Saison noch 26 Torbeteiligungen in 47 Spielen für den BVB, steht er nun bei zwölf in 27 Partien. Rechnet man die Bilanz auf die Spielzeit herunter, braucht Brandt 50 Minuten länger für eine Torbeteiligung. Innerhalb der Dortmunder Mannschaft sticht Brandt dabei noch heraus. Insgesamt kommt das Mittelfeld mit Brandt, Sabitzer, Groß, Emre Can, Kjell Wätjen, Felix Nmecha, dessen schwerere Verletzung durch Chukwuemekas Leihe aufgefangen sollte, und Salih Özcan wettbewerbsübergreifend auf 13 Tore und 19 Vorlagen – das ist erschreckend harmlos, wenn man bedenkt, dass erstens darunter vier Elfmetertore durch Can fallen, und zweitens, allein Leverkusens Florian Wirtz, freilich ein Ausnahmespieler, 15 Treffer und 13 Assists vorzuweisen hat. Nicht umsonst wollte der BVB im Winter unbedingt Offensivspieler Rayan Cherki (sechs Tore, elf Vorlagen) von Olympique Lyon verpflichten. Der Transfer scheiterte. Jetzt müssen es die Etablierten richten.