Lausanne. Die Anhörung von Claudia Pechstein bei der Berufungsverhandlung vor dem CAS gegen ihre Dopingsperre ist zu Ende. Die Eisschnellläuferin reiste mit einem guten Gefühl ab.

Am Ende der wichtigsten Verhandlung ihres Lebens standen Claudia Pechstein Erleichterung und Optimismus ins Gesicht geschrieben. "Das war schon anstrengend und belastend, und ich bin froh, dass ich die Verhandlung jetzt hinter mir habe. Ich bin mit einem guten Gefühl hier hingefahren und fliege mit einem noch besseren Gefühl wieder nach Hause", sagte die Eisschnellläuferin nach der Berufungsverhandlung vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne und musste sich am Freitagnachmittag selbst ein wenig bremsen: "Euphorisch werde ich nicht."

Eine Entscheidung im Dopingfall der fünfmaligen Olympiasiegerin erwarten ihre Anwälte bis spätestens übernächste Woche. Sollte der CAS für Pechstein entscheiden, könnte sie damit beim ersten Weltcup der Saison in ihrer Heimatstadt Berlin (4. bis 6. November) an den Start gehen.

Knapp acht Stunden lang hatten sich das Pechstein-Lager und der Eislauf-Weltverband ISU am zweiten Verhandlungstag einen weiteren Schlagabtausch geliefert. "Mit großem Interesse" habe laut Pechsteins Anwalt Simon Bergmann das dreiköpfige Schiedsgericht eine zuvor noch nicht öffentlich gemachte Expertise aufgenommen, wonach eine mögliche Beschädigung von Pechsteins Epo-Rezeptoren eine Begründung für ihre schwankenden Blutwerte liefern könnte.

Manager Grengel mit "gedämpftem Optimismus"

Während auch Pechsteins Manager Ralf Grengel von "gedämpftem Optimismus" sprach, wollte sich wie schon am Donnerstag zum Verhandlungsauftakt die Gegenseite nicht äußern.

Als Pechstein am Freitagmorgen bei strömendem Regen nach einer kurzen Nacht zum zweiten Mal den großen Sitzungssaal im Chateau de Bethusy von Lausanne betreten hatte, war ihr die Anspannung aus der Marathonsitzung am Abend zuvor noch deutlich anzusehen. Knapp fünf Stunden hatte das Schiedsgericht bereits am Donnerstag die Streitparteien angehört.

Schon danach drängte Anwalt Simon Bergmann auf einen Freispruch erster Klasse: "Es geht uns nicht nur darum, den Fall aufgrund von Analysefehlern der ISU zu gewinnen. Wir wollen mehr: Eine Bestätigung der Wissenschaftler, dass die Schwankungen von Frau Pechsteins Blutwerten eine natürliche Ursache haben."

Diese These erhärten sollte eine Belastungsstudie des Berliner Labormediziners Lothar Röcker, die im Mittelpunkt des ersten Verhandlungstages stand. Gerd Heinze, Präsident der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG), sprach von einer "sehr schwierigen, hoch wissenschaftlichen Materie".

Genauere Angaben zu der Studie wollte die Pechstein-Seite nicht machen. Anwalt Bergmann betonte erneut, dass die mögliche Hämolyse, unter der Pechstein leiden und die sie entscheidend entlasten soll, momentan nicht mehr als ein starker Verdachtsmoment sei. Die Krankheit nachzuweisen, würde zweijährige Untersuchungen erfordern und "eine siebenstellige Summe kosten".

"In jedem Fall absoluter Schwachsinn"

Der Konter eines unabhängigen Experten ließ nicht lange auf sich warten. "In der Regel reichen zwei Blutentnahmen, um eine Hämolyse festzustellen. Das kostet 1000 Euro. Zwei Jahre und eine siebenstellige Summe sind in jedem Fall absoluter Schwachsinn", sagte Thomas Held, Arzt für Innere Medizin im Klinikum Berlin-Buch und Experte für Hämatologie, dem Tagesspiegel.

Ein anderes Detail, das das Pechstein-Lager durchsickern ließ, warf eher Fragen an den Weltverband auf. ISU-Arzt Harm Kuipers hat angeblich eingeräumt, dass neben Pechstein zwölf weitere Läuferinnen und Läufer mit überhöhten Blutwerten aufgefallen sind. Der Niederländer soll erklärt haben, dass diese Athleten ebenso wie Pechstein Retikulozytenwerte von über 3,0 Prozent aufgewiesen hätten. Der ISU-Grenzwert liegt bei 2,4 Prozent.

"Der Fakt, dass die Werte überhöht waren, war für die ISU offenbar weniger entscheidend als das Muster von Claudias Blutwerten", sagte Pechsteins Anwalt Christian Krähe. Sollte die Zwei-Jahres-Sperre der ISU durch den CAS bestätigt werden, könnten im Eisschnelllauf weiteren Athleten Strafen drohen.

Ein "Claudia-Pechstein-Förderverein" hat zur Unterstützung der 37-Jährigen mehr als 10.000 Euro gesammelt. "Kaum jemand unterstützt Claudia in diesen Zeiten. Aber allein die Anwaltskosten verschlingen wahrscheinlich weit über 200.000 Euro", sagte der Charlottenburger Friseur Oliver Strehl, der mit zwei Bekannten den Hilfsfonds gegründet hat, dem Berliner Kurier.