Essen. Das WM-Halbfinale Frankreich gegen Marokko war das letzte Spiel für Béla Réthy als ZDF-Kommentator. Die TV-Kritik.

„Ich beobachte die ganze Zeit die rechte Seite der Marokkaner, die ja identisch ist mit der linken der Franzosen, logischerweise.“ Kann man komisch finden, so einen irgendwie typischen Béla-Réthy-Satz. Kann man aber auch lassen. Wollen wir ernsthaft irgendetwas bemäkeln an seinem letzten großen Auftritt am Mikro?

So viele Besserwisser vor dem Fernseher, unsereiner eingeschlossen, haben sich schon an ihm abgearbeitet, und das garantiert nicht immer fair. Aber trotz all der Kritik, die dieser Mann in seiner jahrzehntelangen Kommentatoren-Karriere beim ZDF abbekam, hat er durchgehalten – bis zu diesem WM-Halbfinaltag, an dem er 66 Jahre alt wurde. Und er ist sich dabei immer treu geblieben. Seine Gelassenheit: bewundernswert.

Er bleibt unersetzbar - und Einzelkind

Auch interessant

Sandro Wagner, sein an diesem Abend leider insgesamt etwas zu geschwätziger Co-Kommentator, fasste am Ende sehr nett zusammen, was man von Kolleginnen und Kollegen, die Béla Réthy besser kennen als wir, zuletzt oft über ihn las oder hörte: „Du hast Dich selbst nie wichtig genommen. Wir können von Dir viel lernen.“

Sehr schön auch der Moment, als Réthy von den französischen Hernandez-Brüdern erzählte, weil Theo während der WM den Platz des verletzten Lucas eingenommen hat: „Gut wenn man so einen Bruder hat, der dich ersetzt.“ Da fragte Wagner sofort: „Hast Du auch einen, der Dich ersetzen kann?“ Réthys Antwort: „Nein, ich bin Einzelkind.“

Mehr TV-Kritik zur WM 2022 in Katar gibt es hier

Katar war seine zehnte WM. Man wird sich umstellen müssen. Wenn Länderspiele anstanden, Europa- und Weltmeisterschaften, dann war im Zweiten diese markante Stimme zu hören. Sie war immer da. „Es ist vorbei“, sagte diese Stimme nun direkt nach dem Abpfiff doppeldeutig.

Béla Réthy bestritt diesen Abschiedsabend souverän, er ging mit Würde. Dass Experte Per Mertesacker im Studio wie in einer Kreisligakabine „Es gibt nur ein‘ Béla Réthy“ anstimmte – geschenkt. Nils Kaben, Kollege und Freund des künftigen Ruheständlers, verabschiedete ihn mit einem wunderbaren Kurzporträt und verneigte sich mit den Worten: „Mit Dir geht ein Stück Seele des ZDF-Sports.“ Mehr muss man dann auch nicht sagen.