Baku. . Borussia Dortmund reist in der Europa League nach Aserbaidschan. Die autoritäre Kaukasusrepublik nutzt den Sport immer wieder zu Propagandazwecken.

Die Fußballprofis von Borussia Dortmund haben sich in dieser Saison als Vielflieger erwiesen. Das lag in erster Linie an der Werbe-Tour, die den BVB in der Vorbereitung nach Asien geführt hat und mit 25.000 Reisekilometern den Meilensammlern unter den Schwarzgelben Vergnügen bereitet haben wird. Am Mittwochmorgen ist der Bundesligist nun nach Baku aufgebrochen - rund 7000 Kilometer sind’s hin und zurück in die Hauptstadt Aserbaidschans, in der Metropole am Kaspischen Meer wird am Donnerstag (17 Uhr deutscher Zeit, live in unserem Ticker) das Europa-League-Spiel gegen FK Qäbälä ausgetragen. Sportlich hat das Land bisher kaum Schlagzeilen produziert - wodurch die Kaukasusrepublik hingegen bekannt geworden ist, bereitet Sorgen.

Das Land der Feuer, wie Aserbaidschan als eines der ältesten erdölfördernden Länder genannt wird, ist vor allem dafür bekannt, dass es Menschenrechte mit Füßen tritt und die Pressefreiheit nicht sonderlich schätzt. Präsident Ilcham Alijew und seine Familie haben in der einer westlichen Weltstadt wie Berlin, Paris oder London in nichts nachstehenden Hauptstadt Baku und dem wesentlich ärmeren Hinterland das Sagen. Widerworte werden in der von einem moderaten Islam geprägten Ex-Sowjetrepublik nicht geduldet.

Kapitän wird mit Tod eines Journalisten in Verbindung gebracht

Den Sport nutzt der Despot Alijew zu Propagandazwecken: Das kann als Trikotsponsor auf der Brust des spanischen Topklubs Atlético Madrid geschehen oder aber mit der Austragung großer Ereignisse. Im Juni hat in Baku die Premiere der Europaspiele, eine Art europäischer olympischer Spiele, stattgefunden. Alijew zeigte sich bestens gelaunt an der Seite von IOC-Chef Thomas Bach und demonstrierte nach außen: Wir können auch Olympia - was zumindest bei der Bewerbung als Rio-Konkurrent für 2016 noch fehlgeschlagen ist.

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Die Eröffnungsfeier der Europaspiele alleine kostete schlappe 85 Millionen Euro und war damit doppelt so teuer wie die Zeremonie zu Olympiabeginn 2012 in London. Aktive und Funktionäre verpassten die Chance, mit einem Boykott gegen die Zustände im Land vorzugehen: “Der Sport ist nicht in der Lage, politische Systeme zu verändern”, hatte Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sport-Bundes der Wochenzeitung Zeit gesagt, “und er kann auch politische Gefangene nicht befreien.”

Auch die Reise der Dortmunder nach Baku ist nicht frei von politischem Konfliktpotenzial: Henrikh Mkhitaryan hat aus Sicherheitsbedenken eher unfreiwillig auf das Spiel verzichtet, da sich sein Heimatland Armenien und das benachbarte Aserbaidschan um das Grenzgebiet Bergkarabach streiten. Und auch der BVB-Gegner ist in einen Skandal verwickelt: Qäbälä hat seinen Kapitän Cavid Hüseynov suspendiert, weil er mit dem gewaltsamen Tod eines kritischen Journalisten in Verbindung gebracht wird. “Wir waren ja schonmal in Baku - eine lupenreine Demokratie ist es sicherlich nicht”, sagte BVB-Chef Hans-Joachim Watzke vor dem Abflug.

Erstmals für die Gruppenphase der Europa League qualifiziert

Lauter Aspekte, die den Sport in den Hintergrund rücken lassen. Dabei schreibt FK Qäbälä gerade das erfolgreichste Kapitel seiner noch jungen Vereinsgeschichte. Erst 1995 wurde der Klub gegründet, vor neun Jahren zog er von Göygöl im Westen des Landes nach Qäbälä, etwa 200 Kilometer von Baku, am Kaspischen Meer gelegen, entfernt. Nach einem torlosen Hinspiel qualifizierte sich die Mannschaft von Trainer Roman Hryhorchuk im Sommer mit dem überraschenden 2:2 bei Panathinaikos Athen erstmals für die Gruppenphase des Europapokals. In der heimischen Premyer Liga ist Qäbälä nach zuletzt vier Siegen in Folgen mit einem Torbilanz von 11:0 Zweiter hinter Qarabag Agdam - gegen den der BVB 2010/2011 durch zwei Siege (1:0 in Aserbaidschan und 4:0 zu Hause, drei Tore von Lucas Barrios, zwei von Shinji Kagawa) in die Europa League einzog.

Wenn die Borussia am Donnerstag in der 15.000 Zuschauer fassenden Bakcell-Arena auf Qäbälä trifft, steht ihr eine kleine Weltauswahl, wenn auch namentlich vollständig unbekannt, gegenüber. 14 Legionäre hat Hryhorchuk in seinem Kader, darunter europäische (Ukraine, Serbien, Polen) und südamerikanische (drei Brasilianer, je ein Argentinier und Paraguayer). Furcht muss dies nicht einflößen: Der gesamte Kader hat laut transfermarkt.de einen Wert von 14,08 Millionen Euro - Schwarzgelb ist 308 Millionen Euro schwer. Wertvollste Spieler sind der bosnische Stürmer Ermin Zec und der argentinische Mittelfeldspieler Facundo Pereyra (je 1,5 Millionen Euro), das ist jeweils ein Dreißigstel von Marco Reus.