Bochum/Hattingen. Weihnachten: Koch Ralf Meyer aus Bochum hat ein Gericht entwickelt, das man gut vorbereiten kann und das die ganze Familie glücklich macht.
Zu Weihnachten kommen alle an einen Tisch: die Veganer ebenso wie die Fleischesser und die Menschen mit Laktose-Intoleranz. Wie kann man alle Bedürfnisse berücksichtigen, ohne selbst in der Küche wahnsinnig zu werden? Wir haben Ralf Meyer gefragt. Der Spitzenkoch hat nicht nur im Düsseldorfer Sterne-Restaurant „Im Schiffchen“ gearbeitet, er leitet seit Jahren die Küche der Augusta-Kliniken in Bochum und Hattingen. Da weiß man, wie unterschiedlich die Wünsche am Tisch sein können.
Unsere Frage an ihn: Wie kann man ein klassisches Weihnachtsessen so abwandeln, dass es auch Vegetariern und Veganern sowie Allergikern und Menschen mit Unverträglichkeiten mundet? Ralf Meyer hat überlegt und experimentiert und sich selbst gefragt: „Kochen wir jetzt eine vegane Ente nach?“ Seine Antwort: „Blödsinn!“
Der 56-Jährige hat also gar nicht erst versucht, eine Entenbrust vegan nachzubauen. Er startet mit einem veganen Gericht, „das richtig lecker ist“ – und stellt es dann auf ein klassisches Gericht um.
Weihnachtsessen bei Milch-Allergie oder Laktose-Intoleranz
Menschen mit Laktose-Intoleranz oder einer Milch-Allergie können das Gericht ebenfalls essen. Meyer nennt zudem Alternativen, wenn man keinen Alkohol verwenden möchte oder eine Glutenunverträglichkeit hat. Nuss-Allergiker können Zutaten weglassen. Eine Einschränkung macht Meyer allerdings: „Schonkost ist das nicht!“
Und Meyer hat das Gericht so zusammengestellt, dass man einiges auch schon einen Tag – oder auch mehrere Tage – zuvor vorbereiten kann. Denn Stress will er vermeiden: „An Weihnachten gibt‘s nur Ärger, wenn Hektik aufkommt.“
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Die Zutaten für das Weihnachtsessen
Für 4 Personen
Die Zutaten für den Hauptgang mit Fleisch:
- Rapsöl
- 4 weibliche Entenbrüste
- Salz und Pfeffer
Die Zutaten für die Serviettenknödel:
- 290 g Baguette zum Aufbacken (Bei Glutenunverträglichkeit glutenfreies Aufbackbaguette nehmen)
- 110 g Weichweizengrieß (Bei Glutenunverträglichkeit glutenfreien Grieß verwenden)
- Rapsöl
- 60 g Schalotten
- 500 ml Hafermilch (Alternative: Sojamilch)
- 20 g Frische Kräuter (Majoran, Kerbel, Petersilie, Schnittlauch)
- Salz und Pfeffer
Man benötigt: Frischhaltefolie und Alufolie
Die Zutaten für den Rotkohl:
- 380 g Rotkohl aus dem Glas/ der Dose
- Rapsöl
- 80 g Schalotten
- 1 Flasche Portwein (alkoholfrei: Traubensaft)
- 2 Lorbeerblätter
- 5 Wacholderbeeren
- 1 g Zimt, gemahlen
- 100 ml Gemüsebrühe*
- geschroteter Pfeffer
- Balsamicoessig
- Salz und Pfeffer
- 150 g getrocknete Früchte: Aprikose, Feige, Apfel. Je nach Geschmack etwas mehr oder weniger (Vorsicht bei Allergikern: Trockenfrüchte können Schwefeldioxid und Sulfit enthalten)
- Cashewkerne (Bei Nussallergikern weglassen)
* Ralf Meyer zur Gemüsebrühe: „Wir fertigen unsere Gemüsebrühe nur aus Gemüseresten. Wir verwenden die Schalen und Abschnitte von Sellerie, Lauch, Karotte und Zwiebeln. Die Gemüsereste mit Wasser aufsetzen und frische Petersilie, etwas Thymian, Salz und Pfeffer hinzugeben und mehrere Stunden oder – mit einem Topfdeckel abgedeckt – über Nacht bei 80 Grad ziehen lassen. Durch ein Sieb schütten und portionsweise einfrieren. Das macht nicht viel Arbeit, schmeckt nicht nur viel besser als ein industrielles Gemüse-Brühe-Pulver, es ist auch viel günstiger und nachhaltiger!“
Die Zutaten für den veganen Hauptgang:
- 1200 g Pilze: Austern, Shiitake, Kräuterseitlinge – längs geschnitten
- Rapsöl
- Sojasauce
- Sherry (nicht zwingend notwendig)
- Balsamicoessig
- 50 g Lauchsprossen
- Restliche Kräuter von den Knödeln (Majoran, Kerbel, Petersilie, Schnittlauch)
- Brik-Teig (dünne Weizenteigblätter, küchenfertig. Vorsicht bei Glutenunverträglichkeit)
Man benötigt: Küchenkrepp, Silikonbackmatte oder Backpapier
Die Zutaten für die vegane Orangensauce:
- 200 ml Portwein (alkoholfrei: Trauben- oder Apfelsaft)
- 50 g geröstetes Tomatenmark (vorher zubereitet, siehe „Zubereitung“)
- Rapsöl
- 100 g Schalotten
- 100 ml Crème de Cassis (nicht zwingend notwendig. Alternative: schwarzes Johannisbeerpüree)
- 30 g brauner Rohrzucker
- 300 ml Orangensaft, frisch gepresst
- 1 Liter Gemüsebrühe
- 4 Orangen, filetiert
- Salz und Pfeffer
Für die Fleischesser kann man den Fleischsaft der Ente hinzugeben oder ein paar Flocken Butter.
Der Hauptgang mit Fleisch – die Zubereitung:
Am Weihnachtstag:
Die Haut von der Entenbrust rautenförmig einschneiden, dabei nicht in das Fleisch schneiden. Entenbrust auf der Hautseite in einer gusseisernen Pfanne goldbraun anbraten – für die Röstaromen (Fleischsaft evtl. für die Sauce verwahren). Mit Salz und Pfeffer würzen. „Mehr brauchen wir da gar nicht“, sagt Ralf Meyer und schiebt das Fleisch in den Niedrigtemperaturgarungsofen, der auf 93 Grad eingestellt ist. Auch zu Hause gart die Entenbrust schonend im Ofen zu Ende. „Es wird nie etwas fertig in der Pfanne gebraten“, empfiehlt Meyer. Und: „Niemals Heißluft verwenden, sondern Ober- und Unterhitze.“
In einer halben bis Dreiviertelstunde ist das Fleisch fertig. Mit einem Fleischthermometer kann man es überprüfen. Die Kerntemperatur sollte 58 Grad sein. Hat das Fleisch die Kerntemperatur erreicht, die Ofentür etwa 20 Minuten öffnen, damit der Ofen auskühlt. Dann die Tür wieder schließen und den Ofen auf etwa 50 Grad einstellen. Zwei bis drei Stunden könne man das Fleisch so im Ofen lassen, ohne dass es zäh wird. „In der Zeit können Sie in Ruhe die Beilagen fertig machen“, sagt Meyer.
Zum Schluss kann man noch die Grillfunktion des Ofens nutzen. Den Grill aufheizen und das Fleisch kurz darunter stellen. „Nur die Hautseite schön kross werden lassen.“
Die Serviettenknödel – die Zubereitung:
Einen Tag zuvor:
Aufbackbaguette würfeln und in eine Schüssel geben. Meyer: „Auch wenn im klassischen Rezept steht, dass man altes Brot nehmen soll: Das schmeckt nicht so gut.“ Zu den Brotwürfeln Weichweizengrieß geben und geschnittene Kräuter. Alles gut mischen. Schalotten würfeln und in Rapsöl glasig dünsten, mit Hafermilch ablöschen.
Den noch heißen Zwiebel-Milchmix ebenfalls in die Schüssel geben. Salzen, pfeffern und ein wenig Muskat hinzufügen. Alles mit der Hand verkneten. „Der Weichweizengrieß muss etwas quellen.“ Eventuell noch ein wenig Milch hinzugeben, „sodass es nachher wie eine Teigmasse wird.“
Normalerweise würde Meyer nun gebratenen Speck und Eier ergänzen und die Scheiben später in Butter anbraten. „Aber wir haben festgestellt, das brauchen wir gar nicht.“ Die Knödel schmecken auch ohne tierische Lebensmittel.
Aus Hygienegründen nimmt Meyer keine Servietten. Er formt den Teig zu einer Wurst und wickelt sie zunächst in Frischhaltefolie ein und dann in Alufolie, so dass die Knödel wie große Bonbons aussehen. Dabei presst er die Masse fest zusammen.
„Alufolie ist, was die Nachhaltigkeit betrifft, eine Katastrophe“, sagt Meyer. „Ich verwende es daher selten und sehr sparsam.“ Wasser im Topf auf 90 Grad erhitzen, die „Bonbons“ eine Dreiviertelstunde hineinlegen.
Am Weihnachtstag:
Knödel in Scheiben schneiden und in Rapsöl anbraten. Für Fleischesser oder Vegetarier kann man sie auch in Butter anbraten. Die Scheiben kommen zum Fleisch in den Ofen. Meyer: „So kann ich in Ruhe den Rotkohl zubereiten.“
Der Rotkohl – die Zubereitung:
Einen Tag zuvor:
Lorbeer, Wacholder, Zimt und geschroteter Pfeffer mit Portwein einkochen. „Eine Flasche bis auf cirka 200 ml langsam runterkochen lassen“, rät Meyer. „Einfach auf den Herd stellen. Mehr müssen Sie nicht machen.“ Und was den Wein betrifft: „Der Alkohol verfliegt. Sie müssen keine Angst haben, dass die Kinder in die Ecke fliegen.“ Die Reduktion gießt er durch ein Sieb, um die Gewürze aufzufangen. Für den Rotkohl benötigt man nur einen guten Schuss der Reduktion, 100 ml sollten reichen. „Den Rest kann man einfrieren.“
Trockenfrüchte würfeln. Cashewkerne ohne Öl rösten, zum Beispiel in der Pfanne. „Einfacher und gleichmäßiger geht es im Backofen“, sagt Meyer. „Dauert nur etwas länger als in der Pfanne.“ Er empfiehlt hier: Umluft bei ca. 180 Grad. Danach die Kerne würfeln.
Am Weihnachtstag:
Obwohl Ralf Meyer meist frisch kocht, sagt er hier: „Machen Sie es sich einfach und nehmen Sie Rotkohl aus der Dose. Wenn Sie den Kohl frisch schneiden und kochen, brauchen Sie ewig und das Ergebnis wird in den meisten Fällen auch nicht entscheidend besser.“ Was ist mit den gesunden Inhaltsstoffen? „Wenn Sie frischen Rotkohl mehr als zwei Stunden kochen, haben Sie auch nicht mehr viele der guten Inhaltsstoffe.“
Schalotten in Rapsöl leicht anbraten und mit der Portwein-Reduktion ablöschen. Etwas von der Gemüsebrühe hinzugeben.
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Zu dem Rotkohl die zuvor zubereitete Portwein-Reduktion hinzugeben. Nicht zu viel. „Der Rotkohl soll nicht zu nass werden.“ Und das Ganze erhitzen. Salzen und pfeffern, ein Hauch Balsamicoessig – „der Essig ist geschmacklich milder und nicht so aggressiv.“ Bei Bedarf immer wieder etwas Gemüsebrühe dazugeben und einkochen lassen.
Kurz vor dem Servieren ein paar der Obstwürfel und Nussstücke fürs Anrichten zurückhalten, den Rest zum Kohl geben. Die Früchte geben genug Süße, da braucht es kein Johannisbeer-Gelee oder Apfelmus. Die gerösteten Cashewkerne machen die Beilage knackiger, so Meyer: „Es ist einfach interessanter zu essen.“
Der vegane Hauptgang – die Zubereitung:
Am Weihnachtstag – einige Stunden, bevor die Gäste kommen:
Die Pilze längs schneiden, in Rapsöl anbraten. Der Koch empfiehlt eine Eisengusspfanne. „Eine Teflonpfanne ist ganz schlecht.“ Und nicht alle Pilze auf einmal anbraten. Lieber kleine Portionen nehmen und schön kross anbraten. Die Pfanne nach jedem Bratvorgang mit Küchenkrepp auswischen. Die gebratenen Pilze in einer Schüssel sammeln, die mit Küchenkrepp ausgelegt ist, um das Fett aufzufangen. „Trocken und knusprig müssen die Pilze sein, nicht labberig. Nur so bekommen die Pilze einen schönen nussigen Geschmack.“
Ein paar Lauchsprossen zu den Pilzen geben. „Die haben ordentlich Wumms.“ Kräuter, eventuell ein paar Tropfen Sherry hinzufügen sowie einen Hauch Balsamico. Von der Sojasauce darf es etwas mehr sein. „Da spare ich das Salz“, erklärt Meyer. „Die Pilzmasse gut abschmecken, bei Bedarf immer wieder kleine Mengen vom Balsamico, Sherry und von der Sojasauce hinzugeben.“
Einen runden Brikteig-Fladen mit Wasser einpinseln, dann lässt er sich einfacher aufrollen. Pilze in der Mitte platzieren und das Ganze wie ein Geschenk einpacken. Überlappenden Teig abschneiden. „Zu viel Teig ist auch nicht gut.“
Kurz vorm Servieren:
Meyer nimmt den Rost, damit der Teig schön knusprig wird. Darauf kommen eine Silikonbackmatte oder Backpapier und schließlich die Päckchen. Das Ganze in den auf 230 Grad vorgeheizten Ofen schieben. „Da kann man Umluft nehmen“, sagt Meyer. „Auf Sicht backen.“ In zwei bis drei Minuten sind die Pilzpäckchen fertig. „Die Farbe Rehbraun ist hier richtig.“
Die vegane Orangensauce – die Zubereitung:
Einen Tag zuvor:
„Nun kommen wir zur Königsdisziplin: die Sauce“, sagt Meyer.
Ein für Meyer wichtiger Bestandteil ist das geröstete Tomatenmark, das kann man auch zwei Tage zuvor zubereiten, und den Rest einfrieren. Dafür das Tomatenmark in einer Pfanne mit Öl rösten und mit Portwein ablöschen, immer wieder rühren. „Warten, bis die Flüssigkeit weg ist, dann wieder mit Portwein ablöschen. Das kann eine Stunde dauern.“ Alternativ: bei 120 Grad im Ofen. Auch dort immer wieder Portwein hinzugeben und rühren. Am Ende erinnert Farbe und Konsistenz an eine dunkle Olivenpaste. Doch aufpassen: „Es darf nicht bitter, sauer oder verbrannt schmecken.“
Am Weihnachtstag:
Die Sauce: Schalotten in Rapsöl anbraten, 1 - 2 Esslöffel geröstetes Tomatenmark hinzugeben und das Ganze mit Portwein ablöschen. Einen Schuss Crème de Cassis hinzufügen sowie eine Prise braunen Rohrzucker. „Die Kombination Süße und Schärfe ist immer interessant.“ Orangensaft hinzugeben sowie Gemüsebrühe. Die Sauce köchelnd stark reduzieren lassen. Eventuell immer wieder etwas Gemüsebrühe hinzugeben und einkochen lassen. „Es braucht kein Bindemittel, keine Butter.“
Bei der großen Menge Alkohol, die bei diesem Gericht eingesetzt wird, könnte man stutzig werden. Aber: „Alkohol ist wie Butter, in der richtigen Menge hebt der sehr stark den Geschmack“, sagt Meyer.
„Wer die Sauce veredeln möchte, passiert diese durch ein feines Sieb.“ Das sei aber nicht zwingend notwendig. Zum Schluss die Orangen filetieren und hinzugeben. Die Sauce sollte nicht mehr aufkochen, damit die Orangenfilets im Ganzen erhalten bleiben. Meyer ist überzeugt: „Ob Veganer oder nicht, die Sauce finden alle toll.“
Für die Fleischesser kann man trotzdem noch etwas Fleischsaft der Ente zur Sauce geben oder ein paar Flocken Butter. Das muss aber nicht sein.
Das Weihnachtsessen anrichten
Den Rotkohl in der Mitte der Teller platzieren. Darauf entweder die Entenbrust oder die Pilzpäckchen legen. Auf die Pilzpäckchen ein paar Lauchsprossen drapieren. Um den Rotkohl die Sauce verteilen sowie Trockenfrüchte und Nussstücke. Dann noch ein paar Scheiben Serviettenknödel an den Tellerrand legen. Und nun: genießen!
Veganes Dessert vom Spitzenkoch: Hier geht‘s zum Rezept
Dieser Artikel erschien das erste Mal am 7. Dezember 2024