Düsseldorf. Speiseöl wird rationiert, Pommes werden teurer. Welche Alternativen gibt es zum Sonnenblumenöl? Ein Besuch beim Ölmüller in Düsseldorf.

Es duftet nach Getreide, nach Wiese. „Nach Gras“, sagt Stavros Bouzinekis. Ja, stimmt, nach Gras riecht Hanf auch. Er hat keinerlei berauschende Wirkung, aber er ist genüsslich. Obwohl die grüne und weiß schäumende Flüssigkeit, die durch den Seiher der Ölpresse in den Eimer tropft, auf den ersten Blick nicht gerade schmackhaft aussieht. Aber wir beobachten hier ja auch gerade mal den Anfang der Öl-Produktion.

Stavros Bouzinekis bedient die Ölpresse.
Stavros Bouzinekis bedient die Ölpresse. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Selten haben sich die Menschen so viele Gedanken über Öl gemacht wie in diesen Tagen. Nicht nur über Erdöl, auch über Speiseöl. Bei Discountern ist es teils ausverkauft, in Supermärkten rationiert. Pommesbuden erhöhen die Preise, das Restaurant Oveney am Kemnader See hat die Fritten unter der Woche sogar von der Speisekarte gestrichen – damit die Küche gewappnet ist, falls die Fett-Vorräte ganz ausgehen sollten.

So wirkt sich der Angriffskrieg auf die Ukraine, das Land, das bisher als Europas Kornkammer galt, auf das Öl-Angebot hierzulande aus. Wenn man es mit dem Leid der Menschen dort vergleicht, ist diese Entwicklung nun wirklich kein Grund zum Jammern. Und doch wird auf einmal ein Produkt, das so selbstverständlich und in unbegrenzten Mengen zu fließen schien, rar und dadurch begehrt. Doch wie wird Öl eigentlich hergestellt? Und gibt es Alternativen zum beliebten Sonnenblumenöl? Wir besuchen Olsens Ölmahlerei in Düsseldorf.

Joakim Olsen ist eigentlich IT-Profi. In diesem Job arbeitet der 57-Jährige seit rund 30 Jahren. Aber er wollte sich schon immer ein zweites Standbein schaffen. Und da er, wie er selbst sagt, ein Genussmensch ist, wollte er zunächst in Kaffee machen und entschied sich dann doch anstatt für eine Rösterei lieber für eine Ölmahlerei. 2019 eröffnete er sein Geschäft in Düsseldorf in der Straße „Altestadt“, wenige Schritte vom Rhein entfernt – und auch einen Onlineshop richtete er ein.

Öl aus Mandeln oder Mariendisteln

In die Ölpresse kommt zum Beispiel Hanf.
In die Ölpresse kommt zum Beispiel Hanf. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Er bietet kaltgepresste Bio-Öle an: aus Kürbis- oder Aprikosenkernen, aus Mandeln oder Mariendisteln und, und, und. Wobei nicht immer alle 20 Sorten gleichzeitig da sind. Olsen ist Autodidakt, genauso wie sein Kollege Stavros Bouzinekis. Der ist eigentlich auch ein Büromensch, hat sich aber in den alten Beruf des Ölmüllers reingefuchst. Der 44-Jährige schlägt einen dicken Ordner auf, in dem er genau notiert, welches Öl mit welchen Düsen und bei welcher Geschwindigkeit hergestellt wird. Auch jede Ölproduktion dokumentiert er. „Mit Sesam und Sonne habe ich angefangen“, sagt Bouzinekis. Hinter dem ersten Öl aus Sonnenblumenkernen steht deren Herkunft: „Ukraine“.

Im Regal neben den Ölpressen liegen noch zwei Säcke Bio-Rapssaat. Ursprung ebenfalls Ukraine. Olsen will schnell nachbestellen. Allzu viele Sorgen macht er sich aber nicht. „Ich denke, dass wir da gut durchkommen“, gibt er sich optimistisch. Anders sieht es beim Senf aus, den er auch herstellt. Denn das Angebot an dunklen Senfkörnern, die dem Senf die Schärfe geben, ist nun geringer. „Wenn wir das nicht nachgekauft bekommen, haben wir ein Problem.“ Wobei bisher nicht nur die Ukraine vermehrt Senfsaat exportiert hat, sondern auch Russland.

Walnüsse müssen etwas liegen bleiben

Olsen bezieht die Samen und Körner von einem Großhändler, die Leinsaat kommt etwa aus Rumänien oder Ungarn. Von hiesigen Bauern würden sich die Samen für die Ölherstellung nur bedingt eignen, denn die Zutaten müssten vorgereinigt sein. Auch brauchen sie einen gewissen Ölgehalt und eine bestimmte Feuchtigkeit – sonst lässt sich die Saat nicht pressen. „Sie darf nicht zu trocken sein.“ Walnüsse frisch vom Baum kann man aber auch nicht verwenden. „Die sind zu feucht und müssen erst ein paar Monate trocknen.“

Die Saatreste, die vorne aus der Presse herauskommen, nennt man Presskuchen.
Die Saatreste, die vorne aus der Presse herauskommen, nennt man Presskuchen. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Bio-Olivenöl kauft er hinzu. „Bis die Oliven hier wären, wären sie verdorben“, meint Olsen. Außerdem sei das Verfahren ein anderes. Für seine Öle hat er zwei Schneckenpressen gekauft. Der Name rührt von dem spiralförmigen Einsatz her, der die Saat aus dem Trichter nach vorne schiebt. Dort wird sie gepresst. Eine gewisse Wärme, um die 40 Grad, braucht es aber auch beim kaltgepressten Öl. „Sonst verhärtet sich der Rohstoff, bevor das Öl herauskommt.“

Ein bisschen erinnert der Apparat an einen Fleischwolf. Wobei vorne nicht Gehacktes in einen Papiersack fällt, sondern der so genannte Presskuchen. Der sieht dem Tierfutter ähnlich, das man im Streichelzoo aus den Automaten ziehen kann. Diese Reste werden nicht weggeworfen. „Es gibt einen Interessenten, der sie für veganes Hundefutter haben möchte“, sagt Olsen. Auch Hanfmehl lässt sich aus dem Presskuchen machen. Und wenn der Rest gar nicht zu verwenden ist, etwa bei Chiliöl, dann landet er in der Biogasanlage eines Bauernhofs.

Einen Arbeitstag für sieben Liter Öl

Einen Arbeitstag braucht Bouzinekis, um aus 25 Kilo Hanfsaat sechs bis sieben Liter Öl zu gewinnen. Andere Sorten seien ergiebiger. „Bei Haselnuss kriege ich fast elf Liter heraus.“ Dann beginnt ein sehr intensiver Arbeitsschritt: das Desinfizieren der Maschinen.

Joakim Olsen stellt Öl in einem kleinen Handwerksbetrieb in Düsseldorf her.
Joakim Olsen stellt Öl in einem kleinen Handwerksbetrieb in Düsseldorf her. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Das native Öl darf nun ruhen, drei, vier Tage lang. Dann schöpft Bouzinekis es von oben ab. So blieben die gesunden Stoffe enthalten, wie mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Das Bio-Leinöl, zum Beispiel, enthält besonders viel Omega-3-Fettsäuren.

Welche Alternative gibt es denn nun zum nachgefragten Sonnenblumenöl? Olsen zieht die Augenbrauen hoch, denn im Gegensatz zu dem geschmacksneutralen raffinierten Öl aus dem Supermarkt, schmeckt sein kaltgepresstes wirklich sehr nach Sonnenblumenkernen – schön nussig, gut für Salate. Das ließe sich nicht so leicht ersetzen. Seinen Preis hat es auch: 5 Euro und mehr nimmt er für seine kleinen 100 Milliliter-Flaschen.

Ungesättigte Fettsäuren

In den Supermarktregalen würden ja vor allem die günstigen, industriell hergestellten, die so genannten raffinierten Öle besonders gefragt, die nicht mehr viele gute Inhaltsstoffe enthielten, aber hoch erhitzbar seien: Neben Öl aus Sonnenblumenkernen gebe es welches aus Raps oder Weizenkeimen. Auch mit raffinierten Olivenölen könne man Fleisch und Gemüse braten. Das sei mit seinen kaltgepressten Ölen nicht immer möglich. „Je höher der Anteil der ungesättigten Fettsäuren, desto weniger kann man das Öl erhitzen.“

Das gilt ebenso für manche Öle im Supermarkt. Da steht vielleicht bei Raps- oder Sojaöl drauf, dass es fürs Kochen geeignet ist, aber nur bei geringen Temperaturen. Sobald das Öl auf dem Herd Rauch entwickelt, sollte man die Finger davon lassen. „Es entstehen krebserregende Stoffe.“ Bei vielen raffinierten Ölen entwickelt sich Rauch erst ab 200 bis 220 Grad. Olsen bietet Alternativen an: Kokosöl etwa, das bei Zimmertemperatur fest ist und sich bei 28 Grad verflüssigt. Es ist nicht so gesund wie andere Öle. Aber Joakim Oslen sagt: „Das ist auch hoch erhitzbar.“