Essen. Mit vier Monaten in die Kita: Das ist im Ruhrgebiet möglich. Aber ist es auch verantwortungsvoll? Was eine Essener Psychologin den Eltern rät.
- Am 1. August startet in NRW das neue Kita-Jahr.
- Mit vier Monaten in die Kita: Das ist in vielen Einrichtungen im Ruhrgebiet und der Region möglich. Aber ist es auch ratsam? Oder schadet man seinem Kind damit?
- Darüber spricht Hanna Busch, Leiterin des Jugendpsychologischen Instituts Essen, im Interview.
Ist es zu früh, sein Kind bereits mit vier Monaten in die Kita zu geben?
Hanna Busch: Wenn es um den frühen Start in der Kita geht, dann stehen sich häufig zwei Aussagen gegenüber: „Frühe Fremdbetreuung schadet der Eltern-Kind-Beziehung“ vs. „Kitas sind das beste Lernumfeld“. Kaum eine Thematik polarisiert so stark wie die der Lebensgestaltung von Familien – und das lässt sich gut erklären: Jede Familie, jedes Kind, jeder Vater, jede Mutter ist individuell unterschiedlich und ebenso ihre Bedürfnisse und Lebensentwürfe. Diese brauchen ganz unterschiedliche Lösungen und Gestaltungsmöglichkeiten.
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Der richtige Zeitpunkt für den Kita-Start ist also von Kind zu Kind unterschiedlich?
Ja, die Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Es ist jedoch nicht per se schädlich, wenn ein Kind im Alter von vier Monaten eine Kita besucht. In vielen Ländern wird eine frühe Fremdbetreuung schon deutlich länger und häufiger realisiert. Schließlich warten in Kitas eine Vielzahl von Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten. Diese können über das Angebot, das neben allen anderen Verantwortungen im elterlichen Alltag ermöglicht werden kann, hinaus gehen. Besucht ein sehr junges Kind eine Kita, bedeutet dies auch nicht automatisch, dass die gemeinsame Spiel- und Kuschelzeit deutlich geringer ausfällt als in anderen Familien. Eine gelingende Eltern–Kind–Beziehung ist also trotzdem möglich.
Welche Voraussetzungen müssen in der Kita gegeben sein, damit auch sehr junge Kinder gut betreut werden können?
Kinder und besonders sehr kleine Kinder brauchen eine verfügbare Bindungsperson. Diese kann auch zusätzlich zu den Eltern in Form eines Bezugsbetreuers oder einer Bezugsbetreuerin realisiert sein. Ein Bedürfnis aufzuschieben ist im sehr frühen Alter fast unmöglich. Daher ist es wichtig, dass ausreichend Zeit und Aufmerksamkeit in der Betreuungssituation vorhanden sind. Ein weiterer Faktor ist die Gruppengröße und noch entscheidender der Betreuungsschlüssel. Erzieherinnen und Erzieher müssen die Kinder gut im Blick behalten können.
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Worauf sollten Eltern achten, damit der frühe Kita-Start gelingt?
Eltern sollten sich mit dem Betreuungsangebot wohlfühlen und daher eine Kita auswählen, in der Zeit und Setting passend für ein sehr junges Kind sind. Sie sollten auch darauf achten, ausreichend Zeit für eine langsame Eingewöhnung einzuplanen und im engen Austausch mit der Kita zu stehen.
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Wichtig ist es auch, dass sie die gemeinsame Zeit mit dem Kind aktiv gestalten und Rituale im Alltag einbauen. Generell sollten sie hinter ihrer Entscheidung stehen. Hilfreich für die Familien wäre es , wenn die Gesellschaft sich öffnet und kein „Parent Blaming“ – oder leider immer noch deutlich häufiger „Mother Blaming“ – mehr betrieben wird. Den Eltern sollte also nicht mehr für alles die Schuld gegeben werden.
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