Bochum. „Das Ruhrgebiet wird als Urlaubsregion unterschätzt“, sagt Sascha. Auf seinem Blog „Potteinander“ gibt er Tipps für einen Urlaub im Revier.

„Das ist Heimaturlaub“, sagt Sascha und blickt auf die schier unendliche Weite. Die Halde Hoheward, die Veltins-Arena, der Förderturm des Bergbaumuseums. Und dazwischen: Wiesen und Wälder. „Hier oben sieht man, wie grün das Ruhrgebiet eigentlich ist“, sagt er und steigt auf das liegende Gipfelkreuz auf dem Tippelsberg in Bochum. Dreckig und staubig – das sei der Kohlenpott schon längst nicht mehr. „Wir haben einiges zu bieten. Wir brauchen uns hinter Hamburg, Berlin und München nicht zu verstecken.“

Und das will der „Local Guide“ auch anderen zeigen. Immer wieder schaltet Sascha auf seiner Wanderung die Kamera ein, erzählt wild gestikulierend die Geschichte von dem Riesen Tippulus, der – einem Mythos zufolge – dem Berg im Bochumer Norden seinen Namen gab. In den sozialen Netzwerken teilt er seine liebsten Wanderrouten, schreibt über Kunstausstellungen und verrät, wo es die beste Pommesbude im Revier gibt. „Das Ruhrgebiet“, ist sich der 43-Jährige sicher, „wird langsam als Urlaubsregion wahrgenommen.“

Dreckig und staubig sei das Ruhrgebiet schon längst nicht mehr, sagt Sascha Jérôme Barchet.
Dreckig und staubig sei das Ruhrgebiet schon längst nicht mehr, sagt Sascha Jérôme Barchet. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Dabei hat Sascha Jérôme Barchet schon immer gerne Ferien vor der eigenen Haustür gemacht. Er wuchs in Oberhausen auf, im grünen Norden der Stadt. „Ich musste nie weit wegfahren, um runterzukommen“, sagt er. Vier Stunden an der frischen Luft – „und man hat das Gefühl, man wäre tagelang im Urlaub gewesen.“ Das Ruhrgebiet sei „eine einzigartige Städtelandschaft“, „ein Schmelztiegel“, die Menschen seien alle irgendwie miteinander verbunden. Und so sei auch der Name für seinen Heimat-Blog entstanden: „Miteinander, füreinander, … Potteinander!“, sagt Sascha und verschränkt die Finger seiner beiden Hände.

„Als Kinder waren wir immer draußen“

Seine ersten Versuche mit der Kamera machte Sascha mit einer GoPro. „Ich komme aus einer Fahrradfamilie“, erzählt er. Irgendwann habe er sich die kleine Action-Kamera auf den Helm geschnallt und sei einfach drauflosgefahren. Heute ist Sascha lieber zu Fuß unterwegs, fängt die Landschaft mit einer 360-Grad-Kamera ein, filmt mit einem Selfie-Stick durch das hohe Gras oder lässt an windstillen Tagen die Drohne steigen. Die Videos lädt er anschließend auf seinem YouTube-Kanal hoch.

Ein kleines Navi zeigt Sascha beim Wandern den richtigen Weg.
Ein kleines Navi zeigt Sascha beim Wandern den richtigen Weg. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

„Als Kinder waren wir immer draußen“, sagt der 43-Jährige, während das kleine Wander-Navi an seinem Rucksack baumelt. „Wir haben im Wald mit Taschenmessern Stöckchen geschnitzt und Holzhütten gebaut.“ Mittlerweile wohnt Sascha in Essen, arbeitet als Intensivpfleger in der Neurochirurgie, nicht selten zwölf Tage am Stück. Rausgehen, Videos drehen und Bilder bearbeiten – „das ist Entspannung für mich“, sagt er. Oben auf den Halden im Ruhrgebiet werde man fast ein wenig wehmütig. „Du bist über den Dingen, komplett raus aus dem Alltag.“

„Wenn ich oben auf dem Hochofen stehe, dann bin ich zuhause“

Bunte Strandtücher an den Seeufern, überfüllte Stadtparks und volle Wanderparkplätze – Heimaturlaub ist beliebt, vor allem in Corona-Zeiten. Neben dem Revier hat es dem Mann mit dem roten Bart die raue Nordseeküste angetan: „Zum ersten Mal auf Borkum war ich in der achten Klasse“, erinnert er sich. Bei einem Papa-Sohn-Urlaub Jahre später habe er die Insel wieder für sich entdeckt. Seitdem fährt Sascha jedes Jahr an die Nordsee – ausgenommen dem vergangenen Jahr, „und wahrscheinlich diesem“, sagt er und lacht. „Das ist meine zweite Heimat.“

Dass das Ruhrgebiet mindestens genauso schön, daran hegt Sascha keinen Zweifel und nennt mit dem Kettwiger Panoramasteig, der Haard im Kreis Recklinghausen und der Elfringhauser Schweiz südlich der Ruhr nur einige Beispiele. Und obwohl er nahezu jedes Wochenende unterwegs sei, habe er längst nicht alles gesehen: „Es gibt immer etwas Neues zu entdecken.“

„Ruhrgebiet – meine Heimat“: Alle Folgen finden Sie hier

Dieser Text ist Teil unserer WAZ-Serie „Ruhrgebiet – Meine Heimat“, in der wir Menschen vorstellen, die sich dem Ruhrgebiet auf eine besondere Weise verbunden fühlen. Alle Geschichten finden Sie hier:NRW-Heimatministerin: Warum „Heimat“ im Ruhrgebiet besonders ist„Ein Stück Heimat“: Kumpel aus Essen bauen Möbel mit KohleUrlaub in der Heimat: „Das Ruhrgebiet hat einiges zu bieten“Die Bude als Heimat: Wie ein Duisburger seinen Traum lebtZugewanderte aus Osteuropa: „Wir leben hier ein gutes Leben“WAZ-Leserinnen und Leser: „Diese Idylle gibt es kaum noch“

Auf die Frage, ob es einen Ort gibt, der ihm ganz besonders am Herzen liegt, weiß Sascha aber direkt eine Antwort: „Im Landschaftspark Duisburg-Nord habe ich schon als Kind viel Zeit verbracht.“ Die kunstvolle Beleuchtung, ein Labyrinth aus Rohren, Rädern und Bunkern – „Es ist einfach ein riesengroßer Abenteuerspielplatz“, schwärmt er. Und auch heute kehrt der 43-Jährige immer wieder gerne dorthin zurück: „Wenn ich oben auf dem Hochofen stehe und über die A 42 schaue, dann bin ich zuhause.“

Auf allen Kanälen unterwegs

■ Blogbeiträge, YouTube-Videos, Selfies auf Instagram – Vor vier Jahren startete Sascha Jérôme Barchet seinen Blog „Potteinander“, im Laufe der Zeit seien soziale Netzwerke immer wichtiger geworden. „Heutzutage muss man auf allen Kanälen unterwegs sein.“

Geld verdienen möchte der 43-Jährige mit seinem Hobby aber nicht. Es soll ihm ja weiter Spaß machen.