Altenbrak. Nicht nur in den Alpen ist Jodeln bekannt - in Altenbrak im Harz wird jedes Jahr ein Jodlermeister ermittelt. 33 Mal hat der 39-jährige Andreas Knopf schon gewonnen. Besuchern bringt er seine geliebte Heimat und sein außergewöhnliches Hobby näher. Gerne auch in der Sauna.
Wenn das kein Rekord ist: Sage und schreibe 33 Mal ging Andreas Knopf bereits aus den jährlichen Jodelwettbewerben im Harz als Sieger hervor - als Jodlermeister. Und ein Ende ist nicht abzusehen. Denn wer sich unter der Jodellegende einen 80-Jährigen mit abgewetzten Kniebundhosen und weißem Rauschebart vorstellt, liegt falsch: Schlank, sportlich, und gerade einmal 39 Jahre alt würde er eher als Nerd durchgehen denn als ein Folklore-Aktivist. Er ist ein echter Harzer Junge, geboren in Blankenburg, aber seit früher Kindheit in Altenbrak verwurzelt.
Seit seinem sechsten Lebensjahr jodelt er. "Ich liebe mein Bodetal und den Harz, ein Leben an einem anderen Ort ist für mich schwer vorstellbar", sagt er, "und das Jodeln - ob in der heimischen Badewanne oder vor großem Publikum - gehört zu diesem Leben untrennbar dazu." In Altenbrak betreibt er seit vielen Jahren die Pension "Zum Harzer Jodlermeister". Fast jeden Abend überrascht er seine Gäste mit einem Jodelprogramm.
Etwa 300 Meter von der Pension entfernt liegt die Waldbühne, seit 61 Jahren Austragungsstätte des Jodlerwettstreits. "Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre war diese Anlage zum Bersten voll", erinnert sich Rita Hinze vom örtlichen Trachtenverein.
Parallele zum Bermuda-Dreieck
Gleich neben der Bühne plätschert die Bode, die sich bis nach Thale ein tiefes Tal durch über 400 Meter hohe Granitsteinfelsen gefräst hat. Für Andreas Knopf gehört dieser Talweg zu den schönsten Wanderrouten seiner Heimat. Er ist voller Mythen und Sagen. Der Geologe Martin Danielzik von der Bodetal Therme kennt sie alle. Bei geführten Wanderungen erzählt er einige davon.
An einer engen Stelle der spektakulären Klamm bleibt der Geologe stehen und wirft einen Holzstock in das herabstürzende Bodewasser. "Dort unten im Kronensumpf bewacht der in einen Hund verwandelte Riese Bodo die Krone, die die schöne Königstochter Brunhilde bei ihrem Sprung mit dem Ross über das Tal verlor", erzählt er und zieht eine Parallele zum Bermuda-Dreieck: "Das von Luftperlen vollgepumpte Wasser hat eine so geringe Dichte, dass hier Holzstücke genauso untergehen, wie Schiffe durch Methanbläschen im westlichen Atlantik."
Am Ende des Bodetals beginnt ein Wanderweg zur Roßtrappe, von deren Aussichtsplattform Andreas Knopf gern einen Blick aus der Vogelperspektive auf das Tal wirft. "Insbesondere im Herbst bei buntem Laub ist es hier oben einfach fantastisch, so dass man spontan jodeln möchte", sagt er und nimmt sein Akkordeon in die Hände. Ein kurzer Akkord und schon klingt seine Stimme weit über das Tal.
Berufshexe lehrt Kinder das Fürchten
Die Sonne kämpft sich durch die Wolken und gibt den Blick von der Roßtrappe auf den gegenüber liegenden Hexentanzplatz frei. Neben der altgermanischen Kultstätte befindet sich seit 1903 eine der ältesten Naturbühnen Deutschlands, auf der Knopf bereits mehrfach aufgetreten ist.
Als Mitglied des Kulturausschusses im Stadtrat von Thale ist Knopf stolz auf das neue Wolfsgehege im Tierpark am Hexentanzplatz. Braunbären, Luchse, Füchse, Auerhähne, Marder und Wildkatzen sind hier in großzügigen Gehegen anzutreffen.
Auch Hexen begegnet man hier oben. Seit einigen Jahren bieten sie geführte Touren über den Hexentanzplatz oder ins Bodetal an. Watelinde, alias Martina Spier, ist seit 1999 eine solche Berufshexe. In ihrem weiten roten Gewand, mit Reisigbesen und (Plastik-)Hakennase flößt sie Kindern automatisch Respekt ein. Aber man kann auch einiges von ihr lernen, begleitet man sie auf dem Mythenweg durch Thale - von der Talstation der Hexentanzplatz-Kabinenseilbahn aus immer den Hufeisenspuren folgend. Laufen einem dabei kalte Schauer über den Rücken, kann man in der Sauna des Jodlermeisters wieder auftauen und ihn - bei nahezu 100 Grad - bei einem Aufguss jodeln hören. (dpa)