Hannover. Eine Reise zu stornieren, kann teuer werden. Liegt die Ursache für den Reiserücktritt aber nicht beim Kunden, sondern am Zielgebiet, ist das höhere Gewalt - und er muss nichts zahlen. In Ägypten gilt dies nach wochenlangen Ausschreitungen jetzt für immer mehr Gebiete.
Die ersten Reiseveranstalter bieten Kunden an, Nilkreuzfahrten zu stornieren oder umzubuchen. Wegen der schweren Krawalle nach dem Sturz des Präsidenten Mohammed Mursi war das bislang höchstens für Trips nach Kairo möglich. Das Auswärtige Amt in Berlin hat seinen Sicherheitshinweis erneut verschärft. Von Reisen ins Land rät das Ministerium dringend ab. Ausdrücklich nennt es auch Nilkreuzfahrten sowie Reisen in die Touristenzentren in Oberägypten wie Luxor und Assuan. Ausgenommen von dieser Mahnung seien die Urlaubsorte am Roten Meer.
FTI und Phoenix Reisen zum Beispiel bieten ihren Kunden jetzt an, eine Tour auf dem Nil kostenlos zu stornieren oder umzubuchen - für Kairo gilt diese Kulanzregel bei beiden schon länger. Aber auch wenn der Veranstalter ein solches Angebot nicht macht, können Kunden ihre Kreuzfahrt jetzt stornieren, ohne dass der Anbieter ihnen eine Stornogebühr berechnen darf. Darauf weist der Reiserechtler Paul Degott aus Hannover hin. Denn es liege ein Fall von höherer Gewalt vor. "Dann ist das eine ganz eigene Art von Kündigung", sagt Degott. Gleiches gilt für Reisen in andere Teile Ägyptens, aber nicht für Reisen ans Rote Meer. Denn dort stuft die Behörde die Lage ausdrücklich als sicher ein.
Ägypten - Reisewarnung für viele Teile des Landes
Für Teile des Landes herrscht inzwischen eine Reisewarnung. Sie ist die höchste Alarmstufe des Ministeriums und gilt derzeit für den Nord-Sinai und das ägyptisch-israelische Grenzgebiet. Um kostenlos stornieren zu dürfen, genügt es laut Degott aber schon, wenn das Auswärtige Amt im Wortlaut dringend abrät. Eine solche Mahnung steht eine Alarmstufe unter der Reisewarnung.
"Allerdings scheint sich das Ganze ja langsam wie ein Flächenbrand auszuweiten", beurteilt Degott die Lage. Die Krawalle könnten seiner Ansicht nach auf Dauer indirekt auch in den Orten am Roten Meer zu spüren sein. "Zum Beispiel indem sie sich auf die Infrastruktur des ganzen Landes auswirken." Derzeit sei das aber nicht der Fall, sagt ein FTI-Sprecher: "Am Roten Meer ist es absolut sicher. Man bekommt da auch absolut nichts davon mit."
Solange in den Urlaubsorten am Roten Meer laut Auswärtigem Amt alles sicher ist, hätten Urlauber, die trotzdem stornieren wollen, schlechte Karten, sagt Degott. "Ein ungutes Gefühl rechtfertigt nie einen kostenlosen Rücktritt."
Aber es könne sich lohnen, mit dem Veranstalter zu verhandeln. Wer derzeit partout nicht nach Ägypten will, sollte vorschlagen, zu einem späteren Zeitpunkt mit dem Anbieter dorthin zu fahren. Dass der sich darauf einlasse, sei nicht unwahrscheinlich, sagt Degott. "Die Veranstalter haben ja auch kein Interesse daran, ihre Kunden dahinzuprügeln. (dpa)