Essen. Bayreuth ist Wagner. Hier hat er nicht nur gelebt, er lebt hier auch immer noch: Im Hotel Fantasie, im Haus Wahnfried, und natürlich in den Festspielen. Aber auch, wer sich keine der teuren Eintrittskarten ergattern konnte, kann auf Wagners Spuren wandeln.

Es gibt in Bayreuth immer einen Grund, in Aufregung zu sein. Im Sommer vor Freude, dass man endlich Karten für die Festspiele (Wartezeit: zehn Jahre!) bekommen hat. Oder vor Ärger über die modernen Inszenierungen: Ratten im „Lohengrin“, „Tannhäuser“ im Klärwerk. Aber was duldet man nicht alles für den Mann, ohne den die Stadt nie und nimmer wäre, was sie ist. Für Richard Wagner. Dass Bayreuth den Klang eines Mythos hat, ist sein Verdienst. Bayreuth ist Wagner, auch wenn es ihm nicht sein schönstes Theater zu verdanken hat.

Liederabende ohne Eintrittskarte für die Festspiele

Das ist das Markgräfliche Opernhaus. Falls es Ihnen bekannt vorkommt, haben Sie sicher das Kastraten-Kino „Farinelli“ gesehen. Die Filmemacher fanden 1994 hier ein so vollkommen schönes Barocktheater, dass sie gar nicht anders konnten als: draufhalten. Übrigens ist das Haus eine schöne Alternative für alle, die zu den berüchtigten sechs Festspielwochen in Bayreuth sind, aber auf dem Grünen Hügel ohne Karten-Chance sind. Traditionell geben Wagner-Sänger hier Liederabende. Wagner selbst hatte des Hauses wegen damals überhaupt nach Bayreuth gefunden. Leider ist es wegen Renovierung geschlossen, man rechnet frühestens 2016 mit der Wiedereröffnung des Unesco-Kulturerbes.

Wagner aber lebt, und sei’s in Form seines Doubles, des Sachsen Ronny Schuster. Als Wagner verkleidet (Barett und Bart) bittet er zur Kutschfahrt, verspricht Touristen aber, keine Opern zu quatschen. „Am besten”, sagt Ronny Schuster, „kommen sowieso die Trink- und Frauengeschichten an!”. Solche Späße bieten sich 2013 zur Spurensuche an.

Baustelle an Wagner-Pilgerstätten

Ausgerechnet im Jubiläumsjahr ist das Markgräfliche Theater nicht die einzige Pilgerstätte mit Baustellenschild. Auch Haus Wahnfried ist geschlossen. „Wo mein Wähnen Frieden fand“, ließ Wagner dort eingravieren. Das widerlegt alle albernen Legenden, dass der Name seiner Villa in Größen- und anderem Wahn zu begründen sei. Das meiste davon hat allerdings ein Mann bezahlt, dem man eine gewisse geistige Unberechenbarkeit nachsagt: König Ludwig II.

Haus Wahnfried ist ein schöner Rückzugsort für Geneigte: Wagners altes Wohnhaus ist Museum, leicht verstaubt, aber doch mit der Aura des Authentischen versorgt. Das ändert sich gerade – und den größten Ärger hat Wagners Urenkelin Iris durch Proteste gerade noch abgebogen. Bekanntlich ist der Meister im eigenen Garten beerdigt. Ganz nah an der Gruft war ein gläsernes Cafe geplant. „Eine ästhetische Zumutung“, schimpfte Iris – und siegte.

Außerhalb der Festspiele ist Bayreuth keine Touristenhochburg 

Lohnen, sagte sie dem „Fränkischen Tag“ täte es sich auch nicht: „Wir wissen doch, dass in Bayreuth nur zur Festspielzeit wirklich was los ist.“ Tatsächlich ist Bayreuth außerhalb der Festspiele (jährlich sechs Wochen ab dem 25. Juli) keine Touristenhochburg. Dabei hätten Besucher gerade in Herbst und Winter die Chance, die heiligen Hallen zu betreten und eine Führung durch das Festspielhaus auf dem „Grünen Hügel“ mit seiner berühmten Akustik zu buchen.

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Seit April geht nun gar nichts mehr: Man bereitet im Innern der „Scheune“, wie sie respekt- und liebevoll zugleich genannt wird, den jährlichen Kraftakt vor, die großen Opern vom „Fliegenden Holländer“ bis zum „Parsifal“ auf die Bühne zu bringen. Es gibt aber noch andere hübsche Wagner-Adressen. Im Alten Rathaus zum Beispiel feilschte er einst mit dem Bürgermeister ums Baugrundstück für das Festspielhaus. Das ist lange her. Heute residiert das Gasthaus „Oskar“, stolz auf den herrlichen Gewölbekeller – und das Prädikat, „anerkannter Spezialitätenanbieter der Genussregion Oberfranken“ zu sein. Mit der „Monatsbratwurst“ liegen erschöpfte Pilger hier richtig.

Im Hotel von Wagner träumen

Wer von Wagner träumen will, bucht ein Zimmer im „Hotel Fantaisie“. Wagner wohnte 1872 hier, ehe er in Bayreuth endgültig sesshaft wurde. Man besitzt Wagners Originalmöbel und zeigt sie natürlich auch gern. Großzügiger wohnte König Ludwig bei seinen Wagner-Visiten. Seine Unterkunft war die Eremitage, genauer: das Alte Schloss. Ein Ausflug lohnt, auch der schönen Gartenanlagen wegen.

Apropos Entspannung: Sie entstand erst 180 Jahre nach Wagner. Aber nach seiner romantischsten Oper ist sie doch getauft, wohl weil ein Wasservogel darin eine tragende Rolle spielt, gibt es die „Lohengrin-Therme“. Historischen Wert beansprucht die Wellness-Adresse aber doch: Das dort fließende Heilwasser sei 20.000 Jahre alt, heißt es.

Souvenirs aus Bayreuth

Lassen wir schließlich den Schnäppchenjäger, der in jedem Kulturfreund schlummert, auch in Bayreuth auf seine Kosten kommen. Er kann direkt unterhalb des Festspielhaus in einer Traditionswerkstatt („Dekorabweichungen zu ermäßigten Preisen”) einkaufen. Natürlich gibt es dort auch feines Designerporzellan.

Echter Kult aber sind die lehmbraunen Auflaufformen. Dass die Firma „Walküre“ heißt, ist kein leeres Versprechen. Wotan, wir erinnern uns, straft in der gleichnamigen Oper seine Lieblingstochter Brünnhilde mit einem Flammenbann. Entsprechend ist das Kochgeschirr: garantiert feuerfest.