Essen. Wer sich vom Alltagsstress komplett entschleunigen lassen möchte, der ist mit einem Trip durch die tropische Inselwelt der Seychellen gut bedient. Und zwar nicht auf einem der großen Kreuzfahrt-Schiffe, sondern mit dem Segelboot. Auf dem gibt es Leckeres vom Rasta-Koch und immer frische Bananen.
Alles Bananen. Eine ganze Staude voll. Frisch mit der Machete geschlagen. Zu zweit wuchten die Deckjungs das gelbe Gewächs an Bord der „Sea Bird“. Dann binden sie den Strunk an der Traverse des Sonnendaches fest. Wenig später baumeln die Bananen backbord über der Reling. Ein paar gelbe für den Sofort-Verzehr, eine Menge grüne für später. Der Seychellen-Snack für eine Woche auf See. Für manch einen Passagier ein ungewohntes Gefühl in der Hand: Banane statt Blackberry. Nicht die einzige Erfahrung dieser Art.
Kapitän schrubbt das Deck selbst
Schon der Check-In in Victoria auf der Hauptinsel Mahé ist irgendwie anders. Der Terminal ist ein alter Schuppen, hinter dem die Fischer ihre Netze (ja, sie haben Netz!) zum Trocknen ausgebreitet haben. Ein Typ mit Badelatschen, Bermudas, buntem Unterhemd und Strohhut begrüßt die Gäste auf dem wackeligen Ponton. Es ist Adi, der Kapitän, ein Israeli. Kapitänsempfang einmal anders. Auf der „Deutschland“ bindet sich der Kapitän vermutlich gerade vor dem Spiegel seine Krawatte.
Als die „Sea Bird“ den Hafen von Victoria verlässt, bimmelt ein letztes Bürotelefon im Schuppen, dann steht alles auf „offline“. Die Reise durch die Perlen des Indischen Ozeans beginnt: Praslin, La Digue, Grand Soeur, Curieuse, Aride – das sind die Namen der inneren Inseln der Seychellen. Ein Tropen-Traum mit üppiger Vegetation und gewaltigen Granitfelsen, die aus dem Wasser ragen. Dazwischen kleinste Koralleninseln mit fast schneeweißem Strand. Adis Arbeitsplatz. So erarbeitet man sich Neid und Missgunst! Aber er ist nicht nur Kapitän, sondern auch Hotel- und Kreuzfahrtdirektor. Und wenn der Rest seiner Crew beschäftigt ist, dann schrubbt er auch schon mal das Deck.
Kreolische Kreationen
Außer Adi gehören zur Besatzung drei Mädels für Service und Kabinen, zwei Deckhands, ein Maschinist, eine Tauchbetreuerin und ein Koch. Der heißt Micky und ist die Wiedergeburt von Bob Marley. Damit er freien Blick auf Töpfe und Pfannen hat, sind seine Rastalocken hinter dem Kopf zu einem buschigen Dutt zusammengebunden. „We’re jammin’, and I hope you like jammin’ too“, dröhnt es aus der Küche. Für die Passagiere ein klares Zeichen: Micky macht Mittag. Es scheint, als könne er nur bei Reggae rühren. Und das auf engstem Raum: Mehr als sieben Quadratmeter bleiben ihm nicht für seine kreolischen Kreationen.
Auch wenn es einen klimatisierten Salon gibt: Gespeist wird draußen – dort, wo die Bananen hängen. Im Heck unter dem Sonnenschutz sitzen die Passagiere um den großen quadratischen Tisch herum, nehmen die Mahlzeiten ein, lesen ein Buch oder hören Adi zu, der am Abend den nächsten Tag anmoderiert. Morgen ist der einzige organisierte Ausflug. Das heißt: Ankern vor Praslin, mit dem Dingi an Land, dann weiter per Jeeptour. Ziel ist der Nationalpark „Vallee de Mai“.
Dort wachsen die Seychellen-Palmen mit der weltberühmten „Coco de Mer“, der größten Kokosnuss der Welt. Das Kuriose: Die Nuss ähnelt wirklich verblüffend dem wohlgeformten Becken einer Frau. „No woman, no cry“ – Micky kocht sich am nächsten Tag in Ekstase. Es ist der beste Red Snapper seit der Erfindung des Fisches. Mit einer Sauce, die nur unter Reggae entstehen kann.
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Unterwegs im Land der Bacardi-Spots
Wer den Red Snapper nicht nur in der Pfanne, sondern schwimmen sehen will, der schließt sich einem Tauchgang an. Das entsprechende Equipment kann gegen Aufpreis an Bord der „Sea Bird“ ausgeliehen werden. Manchmal wird das etwas sehr lax gehandhabt – man sollte schon entsprechende Vorerfahrungen mit an Deck bringen. Oder nur schnorcheln. Dazu gibt’s von Adi ein Briefing, das in dieser Form beispielsweise auf der „Queen Mary“ eher selten zu hören sein dürfte: „Beim Schwimmen bitte nicht die Ankerkette berühren, die ist sehr ölig.“
Auf La Digue warten Traumstrände wie der „Anse Source d’Argent“. Dort wurden Bacardi-Spots gedreht, da räkelte sich einst Emmanuelle. Das Taxi von La Digue ist der Ochsenkarren. Zum schönsten Strand ist es für die vorgespannten Tiere zu weit: Der „Grand Anse“ im Südosten der Insel ist ein Bilderbuch-Strand mit teils sehr heftiger Brandung.
Unter vollen drei Segeln gleitet die „Sea Bird“ zu den nächsten Perlen der Seychellen: Grand Soeur und Coco Island sind jenseits jeglicher Zivilisation. Vermisst irgendjemand an Bord sein Smartphone? Die Passagiere sind mehr als entschleunigt: Dialog an Deck: „Welche Kamera hast Du?“ „Die von meiner Frau.“ Alles Banane. Die Staude ist bereits zur Hälfte kahl genascht.
Keine Ratten auf Aride
Das Leben auf dem Schiff findet – bis auf das Schlafen – oben an Deck statt. Die neun Kabinen stehen tagsüber offen. Hier kennt jeder jeden. Kapitän Adi stellt am nächsten Tag das Offline-Entertainment-Programm vor: Backgammon. Alternativ: DVDs. Aber bitte: Wer schaut sich hier im Indischen Ozean schon den „Weißen Hai“ an? Einige haben bei ihren Tauchexkursionen Haie gesichtet: harmlos, wie die Begegnungen meistens sind. Dazu Rochen, Schildkröten, Bonitos – die Unterwasserwelt der Seychellen ist faszinierend. Aber auch Flora und Fauna an Land müssen sich nicht verstecken. Auf Curieuse beim Beach-Barbecue kriechen riesige Landschildkröten am Strand herum.
Einzigartig die letzte Station der Seychellen-Cruise: Aride, ein Vogel- und Tropenparadies. Den Tenderverkehr von der „Sea Bird“ auf die Insel übernehmen Naturschützer mit ihrem Schlauchboot, denn fremde Dingis sind hier nicht gestattet. Aride ist rattenfrei und soll es auch bleiben. Dafür wird die Insel jährlich von einer Million Seevögel angeflogen, dazu leben dort Riesentausendfüßer und gefühlte einhunderttausend Echsen. Auf Aride gedeihen Zimt, Ingwer, Vanille, Zitronen, Orangen und – Überraschung: Bananen.
Gerade einmal zwei überreife Bananen hängen noch an der Staude, als die „Sea Bird“ wieder den Hafen von Victoria erreicht. Selbstverständlich immer noch offline...