Rostock. Die Aida-Familie hat wieder einmal Zuwachs bekommen. Am Samstag wurde der zehnte Ozeankreuzer mit dem roten Kussmund am Bug getauft – diesmal nicht ganz so pompös wie in den Vorjahren, sondern bei einem Mitarbeiterfest im „Heimathafen“ Rostock-Warnemünde.

Es ist 7.45 Uhr am Samstagmorgen, als die AIDAstella die Hafeneinfahrt von Warnemünde passiert. Hunderte Schaulustige stehen trotz der frühen Stunde und der eisigen Kälte am Ufer, einige Dutzend schippern sogar auf Barkassen neben dem Kreuzfahrtschiff her. Sie alle wollen dabei sein, wenn das neueste Mitglied der Aida-Flotte erstmals nach Hause kommt.

Ein emotionaler Moment auch für den Kapitän. Nico Berg ist hier geboren, wohnte 20 Jahre lange in Hamburg und zog vor drei Jahren zurück nach Rostock. „Hamburg und Warnemünde sind meine Lieblingshäfen“, sagt der 38-Jährige. Toll sei es, wenn die Menschen in Scharen vom Land aus winken. „Das kriegt man natürlich auch als Kapitän mit. Das ist schon ergreifend.“ In solchen Fällen gleite sein Finger auch öfter mal über den Knopf fürs Schiffshorn. Dieser Drang ist nicht zu überhören. Es ist ein lautes Hupkonzert, denn die Barkassen antworten auf jedes Signal des großen Dampfers, der sich, so sagt der Kapitän, „wie ein Sportboot“ steuern lasse.

Taufe als Mitarbeiterfest

Eine Stunde später: AIDAstella hat an Pier 7 in Warnemünde festgemacht. Hier geht es ziemlich wuselig zu. Die Vorbereitungen für die Taufe des Schiffes am Abend laufen. „Nach der großen Taufe der AIDAmar 2012 in Hamburg, zu der drei Schwesterschiffe kamen, war uns klar, dass dies schwer zu toppen sein wird“, sagt Hansjörg Kunze, Pressesprecher von Aida. „Also schalten wir jetzt mal ein paar Gänge zurück und feiern mit denen, die den Erfolg des Unternehmens erst möglich gemacht haben.“

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Und so ist es eine Art Betriebsfest, das am Abend an Bord steigt und von fast 15.000 Menschen an der Pier begleitet wird. Gleich zehn Taufpatinnen, acht Aida-Mitarbeiterinnen und zwei weitere von Partener-Unternehmen, geben dem Schiff ganz offiziell seinen Namen. Am Sonntag wird der Täufling zu seiner elftägigen Jungfernfahrt unter anderem über Kopenhagen, Oslo, Southampton und Amsterdam bis nach Hamburg aufbrechen. Wieder eine gute Gelegenheit für ein Hupkonzert ganz nach Nico Bergs Geschmack.

Neue Schiffe kommen nicht mehr aus Papenburg

Was danach kommt, ist eine Zäsur. Sieben Jahre lang stellte Aida Cruises jedes Jahr ein Schiff in Dienst: alle nach dem nahezu gleichen Baumuster, alle gefertigt auf der Papenburger Meyer-Werft. Doch damit ist nun Schluss. Die sogenannte Sphinx-Klasse ist komplett, jetzt kommt Hyperion. Nicht 2200, sondern mindestens 3200 Passagiere sollen auf den kommenden Schiffen Platz finden. Gebaut werden sie auch nicht mehr von den Meyers. Aida setzt – trotz aller Lobeshymnen auf die Qualität des Papenburger Unternehmens – nicht länger auf deutsche Wer(f)tarbeit. Mitsubishi Heavy Industries im japanischen Nagasaki bekam im August 2011 den Zuschlag für den Bau von zwei Schiffen. Kostenpunkt: jeweils 450 Millionen Euro. Der Preis hat's geregelt. Die Meyer-Werft hätte etwa zehn Prozent mehr verlangt.

Bis das erste Schiff der Hyperion-Klasse in See sticht, werden noch zwei Jahre ins Land ziehen. 2014 wird es keine Taufe geben. „Das ist auch mal ganz gut so“, sagt Pressesprecher Hansjörg Kunze. „Es gibt auch so etwas wie Wachstumsschmerzen, wenn ein Unternehmen so rasant wächst wie wir.“ 632.700 Gäste sind 2012 mit einem der Aida-Schiffe gefahren, 50.000 mehr als im bisherigen Rekordjahr 2011. Das ist eine Steigerung von gut 8,5 Prozent. Damit ist Aida erneut stärker gewachsen als der Kreuzfahrtmarkt insgesamt. Hier liegt die Zuwachsrate bei 7,1 Prozent.Beachtliche Zahlenin einem Jahr, in dem die Kreuzfahrt mit der Katastrophe der Costa Concordia für Negativ-Schlagzeilen sorgte.

Jungfernfahrt von Japan nach Deutschland

Wie genau die neuen Schiffe aussehen und wie sie heißen werden – da hält Aida sich noch bedeckt. Immerhin: Im Laufe der Einführungsfahrten in der Woche vor der Taufe wurde an Bord von AIDAstella ein kleiner Teil des Geheimnisses gelüftet. Neben ersten Bildern einiger Kabinen präsentierte Offizier Alexander Schulz die Jungfernfahrt des Schiffes. Sie soll binnen 86 Tagen von Japan nach Deutschland führen. Stationen sind unter anderem: Shanghai, Hongkong, Singapur, Dubai, Athen, Barcelona, Lissabon und Southampton - insgesamt 39 Häfen in 22 Ländern. Für Aida, die sonst eher sieben- bis 14-tägige Rundfahrten mit identischem Start-/Zielhafen anbieten, ist eine solche Fahrt ein Novum. Ob sich 3200 Leute finden, die das Abenteuer buchen, muss sich zeigen. Die Fahrt soll - vorerst - nicht in Teilabschnitten buchbar sein.

Laut Routenplan wird die Jungfernfahrt am 22. März 2015 in Yokohama starten und am 16. Juni in Deutschland enden. Wo genau? In Hamburg? „Schauen wir mal“, sagt Hansjörg Kunze. „Wir verhandeln noch.“ Bremerhaven buhlt um die Gunst des deutschen Kreuzfahrt-Primus. Immerhin geht es nicht nur um den Zielhafen der Jungfernfahrt, sondern um einen Basishafen für 52 Wochen im Jahr. Mit dem neuen Schiff will Aida nämlich erstmals ganzjährig zu Nordeuropa-Kreuzfahrten aufbrechen.