Essen. Rund 15.000 Deutsche machen Schätzungen zu Folge mehr oder weniger regelmäßig Jagdurlaub im Ausland. Die Jäger rechtfertigen die Safaris mit dem Argument, dass ein Großteil ihres Geldes der Bevölkerung und damit letztlich auch den Tieren zugute komme. Tierschützer sind empört.

Die Herbstjagd ist eröffnet: Zehn Tage Vollpension im kanadischen Zeltcamp inklusive Eisbär gibt’s schon für rund 30.000 Euro. Es sind diese Angebote, die Tierschützer auf die Barrikaden bringen. Obwohl weltweit nur noch zwischen 20.000 und 25.000 Eisbären existieren, dürfen in Kanada jedes Jahr über 700 Tiere gejagt werden – häufig von Touristen.

Es gibt wohl kaum eine „Urlaubs“-Debatte, die so emotional geladen ist, wie der Streit um den Jagdtourismus. Tierschützer werben mit Bildern von blutverschmierten Eisbär-Babys für ihre Sache, Jäger lassen sich mit Gewehr und stolz geschwellter Brust hinter den ausgewachsenen Exemplaren ablichten. Die Fronten sind verhärtet.

Je seltener die Beute, desto teurer

Rund 350.000 registrierte Jäger stehen in Deutschland zahlreichen Tierschutzorganisationen gegenüber. Davon verbringen etwa 15.000 mehr oder weniger regelmäßig ihren Urlaub im Ausland, schätzt Rolf Roosen anhand der Abonnementenzahlen der Zeitschrift „Jagen Weltweit“. Der Redakteur weiß, dass ein Jagdurlaub schnell ganz schön teuer werden kann. Neben den normalen Anreise-, Unterkunfts- und Verpflegungskosten fallen Gebühren für Abschusslizenzen und Trophäen an. Dabei gilt die Faustregel: Je seltener die Trophäe, desto teurer die Jagd.

Besonders beliebt bei deutschen Jagdtouristen seien die Reviere in Polen, Skandinavien, Namibia und Kanada, wo dann vor allem Jagd auf Rehböcke, Elche, Bären, Antilopen, Wild- und Warzenschweine gemacht werde. Ein gutes Dutzend bekannte Reiseanbieter gibt es in Deutschland, zu den renommierten zählt zum Beispiel das Unternehmen „Blaser Safaris“. Hier kann die 14-tägige „Last Minute Elefantenjagd“ in Namibia gebucht werden – inklusive eines Elefantenbullen und Geld-Zurück-Garantie (bei Nichterlegung) für rund 40.000 Euro. Die Zehn-Tage Herbstjagd auf Grizzly und Elch in Kanada gibt’s schon für 17.000 Euro – aber der Grizzly kostet extra.

Selektion bedroht die Tierarten

Neben solchen All-Inclusive-Angeboten besteht auch die Möglichkeit, die erlegten Tiere einzeln zu bezahlen, zum Beispiel bei der Jagd in Polen mit dem dänischen Anbieter „Diana Hunting Tours“. Für einen Rehbock können dabei bis zu 2200 Euro anfallen, ein erlegter Keiler kostet bis zu 1400 Euro – je nach Gewicht des Geweihs und der Länge der Hauer.

Und genau hier sehen Tierschützer ein ernstes Problem: Wenn sich die Jäger nur für die besonders großen, starken Tiere interessieren, kann die starke Selektion und Überjagung letztlich zur Bedrohung der ganzen Art führen. Ein Beispiel dafür seien die Löwen in Tansania – der Löwenbestand in Afrika hat sich in den letzten 30 Jahren halbiert, so Birgit Trinks von der Organisation Pro Wildlife.

Kontrollmechanismen funktionieren nicht immer 

Tatsächlich sind es vor allem ärmere Länder, die auch dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) Sorge bereiten. Denn das Washingtoner Artenschutzabkommen regelt nur den grenzüberschreitenden Verkehr von Trophäen – der tatsächliche Schutz der Tiere obliegt dem jeweiligen Land. „Es gibt Länder, in denen die Kontrollmechanismen nicht gut funktionieren. In Simbabwe zum Beispiel wurden durch Bestechung Elefanten-Konzessionen verdoppelt und verdreifacht“, sagt Dietrich Jelden vom BfN. Auch von einer Reise in die Demokratische Republik Kongo würde Jelden abraten: „Bei den politischen Schwierigkeiten weiß man nicht, ob die Tiere auf Teufel komm raus verhökert werden, um irgendwelche Warlords zu finanzieren.“

Das wollen auch die Jäger nicht. Sie rechtfertigen die Safaris gerade in Entwicklungsländern stets mit dem Argument, ein Großteil ihres Geldes käme der Bevölkerung und damit letztlich auch den Tieren zugute. Denn der Jagdtourismus schaffe nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch ein Bewusstsein für den Wert der Wildtiere – so wie auch der Fototourismus, nur eben nicht in Massen.

Organisationen wie Pro Wildlife stellen dieser Aussage Studien entgegen, die dem Jagdtourismus nur einen extrem geringen Anteil am jeweiligen Bruttoinlandsprodukt bescheinigen. „Es gibt keinen Zugewinn für den Artenschutz oder die Bevölkerung, weil die Jagden häufig auf Privatland stattfinden“, sagt Birgit Trinks. In diesen Fällen profitiere nur der Farmbetreiber von den horrenden Summen.

Beurteilung ist vom Einzelfall abhängig

Grundsätzlich sei die Beurteilung des Jagdtourismus immer abhängig vom Einzelfall, so der Standpunkt des Bundesamts für Naturschutz. „Eine pauschale Antwort darauf, ob die Effekte des Jagdtourismus positiv oder negativ sind, gibt es nicht“, sagt Dietrich Jelden. „Das ist von Fall zu Fall, von Art zu Art und von Land zu Land unterschiedlich.“

Fallbeispiele mit einer positiven Populationsentwicklung seien die Merkhor Schraubenziege in Pakistan, ein äußerst seltenes Tier, oder der Gepard in Namibia. Probleme gebe es hingegen in Tansania und sogar bei der Braunbärenjagd im reichen Kanada. Um zweifelhafte Angebote zu vermeiden, rät Rolf Roosen von „Jagen Weltweit“, sich bei anderen Jägern über einzelne Anbieter zu erkundigen. „Unseriös ist es, wenn zum Beispiel ein Abschuss garantiert wird – das kann man bei einer Jagd nicht.“