Hoyerswerda. . Mitten in Sachsen soll ab 2014 ein Leuchtturm zum Wahrzeichen für die Region werden. Denn in der Lausitz entsteht durch technische Höchstleistungen die größte Seenlandschaft Europas. Ob Chance oder Flop für die Region: Den Steuerzahler hat das Projekt bereits neun Milliarden Euro gekostet.
Ein Leuchtturm mitten in Sachsen? Man muss schon ein bisschen verrückt sein, um sich so etwas auszudenken. Das Licht des rotweiß-geringelten Turmes soll künftig auf ein Hotel aufmerksam machen und Urlauber in das Lausitzer Seenland leiten. Darauf hofft Unternehmerin Heike Struthoff. Noch ist ihr extravagantes Leuchtturm-Hotel am Geierswalder See zwar in Planung, aber schon ist es Station einer offiziellen Pressereise des Freistaats Sachsen.
Mit der Eröffnung 2014 soll der Leuchtturm ein Wahrzeichen für das gesamte Seenland werden, wenn es nach der Unternehmerin aus Hoyerswerda geht. Wo früher Braunkohle abgebaut wurde, entsteht Europas größte zusammenhängende Seenlandschaft. Künstlich wurden die 23 Seen mit 13.000 Hektar Wasserfläche geschaffen.
Sie verteilen sich über ein Gebiet in Sachsen und Brandenburg, das größer ist als das Saarland. Zehn der Seen werden mit schiffbaren Kanälen verbunden. Der große Aufwand für die Renaturierung soll sich auch touristisch bezahlt machen.
Vom Bergbau zur Badewanne
Sachsen baut sich seine eigene Ostsee vor die Haustür. Was die Natur nicht gegeben hat, macht die Technik möglich. Seit 20 Jahren werden dazu riesige Erdmengen und Wassermassen transportiert. Eine technische Höchstleitung, die den Steuerzahler bereits mehr als neun Milliarden Euro gekostet hat. Ein gigantisches Projekt - vielleicht auch eine gigantische Chance für die Region - oder ein gigantischer Flop.
Aus der Industrieregion wird ein Urlaubsgebiet. Nur der große Besucheransturm blieb bislang aus, räumt der Vorsitzende des Zweckverbandes Lausitzer Seenland und Bautzener Landrat, Michael Harig (CDU), ein. Noch erinnern die künstlichen Seen an einsame Mondlandschaften. Aber immer mehr Urlauber wissen diese eigentümliche Kulisse zu schätzen. 2011 wurden im Seenland 400.000 Übernachtungen gezählt, 2020 hofft die Tourismusbranche auf eine Million.
Die Seen ziehen neben Badegästen, Radfahrern, Skatern und Seglern auch Surfer, Kitesurfer und Jetskifahrer an. An jedem See werde es eine andere Idee geben, verspricht der Zweckverband Lausitzer Seenland: Die Region sucht händeringend Investoren - "Menschen mit Engagement und Pioniergeist".
Heike Struthoff ist so eine Person. Gemeinsam mit Architekt Mike Meder realisiert sie ihren verrückten Traum vom Leuchtturmhotel. 26 Zimmer und Ferienwohnungen werden sich auf fünf Gebäude verteilen. Eines der Zimmer soll sich direkt im Leuchtturm, 22 Meter über dem See, befinden. "Das ist ein kleines Zimmer, aber ich kann Ihnen versprechen, das wird schön", sagt die umtriebige 50-Jährige.
Die Urlaubsregion entwickelt sich
Nun hält maritimes Flair langsam Einzug in das Seenland. Doch eine Menge Wasser macht noch kein Urlaubsparadies. An den künstlich angelegten Seen sind schattenspendende Bäume nur spärlich vorhanden und es mangelt an nahegelegenen Einkaufsmöglichkeiten. Auch die Sportangebote sind noch ausbaubar. Das raue, moderne Seenland mit seinen endlosen geteerten Radwegen ist sicherlich Geschmackssache.
"Es kommt darauf an, was die Leute suchen. Suchen sie Abgeschiedenheit und Ruhe, sind sie hier richtig", sagt Gastronomin und Bootsverleiherin Silvia Siermann. Für Partyurlauber sei die Region eher nicht eignet. Bei der Geschäftsidee der 44-Jährigen steht Entspannung an erster Stelle. Der Name ihrer Strandbar "Grill & Chill" - ebenfalls am Geierswalder See gelegen - ist Programm.
Mit sogenannten BBQ-Donuts können bis zu zehn Personen auf den See hinaus schippern und auf den ringförmigen Booten Würstchen rösten. Im dritten Jahr ist Siermann zufrieden mit den Besucherzahlen. Tagesausflügler von Berliner Unternehmen sind bislang ihre häufigsten Gäste. Im nächsten Jahr werde das Geschäft richtig anziehen, hofft sie - wenn der sogenannte Überleiter 12 fertig ist.
Tourismus hat Tradition
Mit diesem schiffbaren Kanal soll der Geierswalder See ab 1. Juni 2013 mit dem Senftenberger See verbunden werden. Der See auf brandenburgischer Seite existiert bereits seit 1972. Der Tourismus hat hier bereits Tradition, an guten Tagen ist der Strand überlaufen.
Eine ähnliche Entwicklung wünscht sich die Tourismusbranche auch für den Geierswalder See. Durch das Leuchtturmhotel sollen mehr Urlauber länger verweilen - und, so hoffen die umliegenden Anbieter - mehr Sportangebote nutzen. Leuchttürme sind Symbole der Hoffnung, sie geben das Versprechen, bald anzukommen. Ob das Seenland bei noch mehr Urlaubern ankommt? Mal sehen. (dapd)