Berlin. . Mit rund 42 Millionen Reisen war Deutschland im Jahr 2011 eines der beliebtesten europäischen Reiseziele. Doch ob die deutsche Reisebranche auch in diesem Jahr Rekordwerte einfahren kann ist ungewiss. Der Welttourismusverband sagt ihr für 2012 eine Stagnation voraus.

Die deutsche Reisebranche muss sich auf unsichere Zeiten einstellen. Am ersten Tag der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin überwogen die Skeptiker bei den Prognosen für das laufende Jahr. Die Deutsche Zentrale für Tourismus rechnete zwar mit einem Wachstum bis zu drei Prozent, der Welttourismusverband WTTC sagte jedoch am Mittwoch eine Stagnation voraus.

Air-Berlin-Chef Hartmut Mehdorn wagte keine Prognose. 2011 war Deutschland immerhin eines der beliebtesten Reiseziele in Europa. Nach Spanien und vor Frankreich belegte die Bundesrepublik im vergangenen Jahr den zweiten Rang, wie die DZT-Vorstandsvorsitzende Petra Hedorfer sagte.

42 Millionen Reisen und damit sechs Prozent mehr als 2010 hatten demnach Deutschland als Ziel. Spanien verzeichnete 48 Millionen Reisen (+9 Prozent) und Frankreich 36 Millionen Reisen (+2 Prozent). Für 2012 rechnete Hedorfer trotz der Schuldenkrise in Europa mit einem Wachstum bei ausländischen Besuchern um bis zu drei Prozent.

Zahl der Flugzeuge verringert

Dazu würden vor allem die Niederlande und die Schweiz als bedeutendste Herkunftsländer für Gäste aus dem Ausland beitragen. Es folgen Großbritannien, Italien und Österreich. Für "die Dynamik aus dem Ausland" seien aber auch zweistellige Wachstumsraten aus China, Indien und Brasilien verantwortlich, sagte die DZT-Chefin.

Der WTTC erklärte dagegen, aufgrund eines schleppenden Wirtschaftswachstums werde die deutsche Reisebranche im Jahr 2012 stagnieren. Ihr Gesamtumsatz werde sich genauso wie 2011 auf 41,9 Milliarden Euro belaufen, bei einem weltweiten Wachstum von 2,8 Prozent. Das könnte einen Verlust von 1,1 Prozent oder rund 8.000 der 731.000 Arbeitsplätze in der Tourismusindustrie bedeuten. WTTC-Präsident David Scowsill sagte, die wirtschaftliche Unsicherheit in der EU werde "sich direkt auf die Ausgaben der Reisenden niederschlagen und eine Reduzierung der Geschäftsreisen bewirken".

Laut DZT kommen gut drei Viertel der Deutschland-Touristen aus der EU. Mehdorn setzte für Air Berlin dennoch auf Wachstumskurs. Einerseits meldete seine Gesellschaft gesunkene Passagierzahlen für Februar, andererseits sagte er am Mittwoch: "Das Jahr hat so schlecht nicht angefangen." Die Auslastung stieg trotz des Rückgangs, weil die Airline nach dem bis Mitte 2011 ungebrochenen Wachstumskurs die Zahl der Flugzeuge verringert hat.

Ägypten als Reiseland empfohlen

Nun will Air Berlin seine Fernverbindungen nach Nordamerika und Afrika ausbauen. Ein Grund dafür dürfte die Kooperation mit der arabischen Fluggesellschaft Etihad sein, die die Flüge in den Fernen Osten über ihr Drehkreuz Abu Dhabi übernommen hat. Berlin und Düsseldorf werden dafür Drehkreuze von Air Berlin ausgebaut.

Partnerland der diesjährigen ITB ist Ägypten. Seine Versuche, trotz der politischen Umwälzung die Haupteinnahmequelle Tourismus weiter zu nutzen, erfuhren am Mittwoch viel Unterstützung. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Reiseverbands, Hans-Gustav Koch, empfahl das Land "ohne Einschränkungen für Touristen". Es gebe auch keine Hinweise des Auswärtigen Amtes, nicht nach Ägypten zu reisen.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte, von der ITB müsse ein Zeichen der Unterstützung für die Länder ausgehen, die für ihre wirtschaftliche Entwicklung auf den Tourismus angewiesen seien. (dapd)