Cairns. In Cairns im Nordosten Australiens können ganz normale Leute eine Woche voller Abenteuer erleben. Bei Action von der Ballonfahrt bis zum Sturz aus dem Flugzeug bietet dieser Urlaub Adrenalin pur. Und Beweise gibt es auch: auf Wunsch wird alles für die Daheimgebliebenen in Fotos und Videos festgehalten.

Man sieht uns nicht an, dass wir Abenteurer sind, hier am Flughafen von Cairns im Nordosten Australiens. Joe, Ire, rote Haare, um die 44, hat einen Bauchansatz. Johnny, 22, Engländer, eine Nerdbrille und Pickel. Ich bin von Kopf bis Fuß vermummt aus Angst vor der Sonne. Vor uns liegt eine Woche der Abenteuer, am Ende werden wir uns aus einem Flugzeug stürzen. Das ist der Plan. „Ich habe Angst“, sagt Joe. „Aber wenn ich jetzt kneife, stehe ich zu Hause ziemlich blöd da.“ Wir sind sieben Männer und zwei Frauen aus aller Welt und Joe sagt das, was wir alle denken.

Aufwärts und abwärts sind die einzigen Richtungen

Der Anfang soll sanft sein, zumindest glauben wir das: Ein Flug mit einem Heißluftballon. Im Morgengrauen taucht die Flamme eines Gas-Brenners eine Wiese für einen Moment in ein warmes Lagerfeuerlicht. Langsam blähen sich auf dem Gras gelbe Polyesterhäute auf. Wir steigen in den Korb. „Willkommen, ich bin Steve, der Pilot“, sagt der Mann am Brenner. „Ich kann eigentlich gar nicht steuern.“

Bitte? Aufwärts und abwärts, das seien die einzigen Richtungen, in die er navigieren könne, sagt er. Der Wind trägt uns in Richtung Osten, unter uns schlängelt sich ein Bach, bricht sich durch mächtige Felsen, an den Rändern entstehen hübsche, wassergefüllte Becken. Dann Mango-Felder. Dahinter wollte Steve landen, allerdings fliegen wir gerade auf eine Stromleitung zu, Steve lässt beide Brenner rauschen, wir steigen ein Stück auf. Dann macht er die Brenner aus. Sinkflug, zwischen uns und der Erde: ein Baum.

Erstes Abenteuer überlebt

„Festhalten, Köpfe runter!“, ruft Steve. Es kracht, dann knackt und raschelt es, als ich wieder nach oben schaue, sind wir über den Baum hinweg und der schwingt zurück in seine Ausgangsposition. Wir nähern uns der Erde. Das Bodenpersonal ist da, klammert sich an den Korb, hält ihn unten und legt ihn auf die Seite – das erste Abenteuer haben wir überlebt. Ganz wichtig: Beweisfoto mit Korb und Kapitän und besonders die Urkunde: „Dies ist ein Zertifikat, dass Sie einen Ballon-Flug absolviert haben, hoch über den Atherton Tablelands“. Unterschrift: Steve.

Ich zumindest finde mich schon ziemlich abgebrüht. Wenn da nur nicht der Fallschirmsprung wäre übermorgen. Der Slogan: „Are you ready for the ultimate experience?“ Äh, vielleicht.

Auch interessant

„Come on, Bambi!“

Am nächsten Morgen steht auf dem Programm: Junglesurfing. An der Basis werden uns Gurte angelegt. „Daran werdet ihr aufgehängt.“ Hört sich nach Rinderhälften am Fleischerhaken an. Jeder bekommt einen Helm. Auf dem von Gareth, dem vierschrötigen Schotten, steht „Bambi“. „Es hätte schlimmer kommen können“, sagt er. „Es gab auch noch Barbie.“

„Come on, Bambi!“, ruft der Instruktor. Er hängt einen nach dem anderen im Seil ein, dreifache Sicherung. Die erste Plattform ist an einem Mahagonibaum – und von dort bietet sich ein toller Ausblick vom Regenwald bis auf den Ozean. Die Sicht nach unten ist allerdings weniger berauschend – höher als der höchste Sprungturm im Schwimmbad, zwölf Meter und kein Wasser drunter. Stattdessen Äste und ein morastiger Boden. „Mach einfach einen Schritt ins Leere“, sagt die Instruktorin. „Kein Problem, he, he“, sage ich. In Wirklichkeit frage ich mich, ob das mein letzter Schritt werden wird, schließe die Augen, setze meinen Fuß ins Leere – zähle in Gedanken, 21, 22 – ratsch, ich werde von der Sicherung im Seil gehalten.

Alptraum – ungebremst der Erde entgegen

Zwei Plattformen weiter habe ich mich an die Höhe gewöhnt und kann die Aussicht genießen. Doch da sagt der Instruktor: „Jetzt rutschen wir mal kopfüber.“ Ein paar Momente später habe ich auch das Junglesurfen überstanden.

In der letzten Nacht vor dem Fallschirmsprung wache ich schweißgebadet auf. Ich habe geträumt, dass ich ungebremst auf den Boden zurase. Im letzten Moment frage ich mich: Warum habe ich das eigentlich gemacht? Mein Leben war gut.

Treffen in der Lobby um 9 Uhr. Michael tänzelt von einem Bein aufs andere. „Bist du nervös?“, frage ich. „Halb nervös, halb aufgeregt“, zischt er. „Mich beruhigt, dass Gareth das ganze schon mal gemacht hat“, sagt Joe. „Besonders, dass er noch am Leben ist, finde ich gut“, sagt Johnny.

„Bin ich schon an dir festgemacht?“

Becca, unser Guide, kommt ins Foyer, später bringt uns ein Kleinbus zur Basis. Warten. Spaziergang durch die Stadt, um unsere Nerven zu beruhigen. Drückende Hitze, Joe summt die Melodie von „The End“ von den Doors. Dann kommen die Fallschirmspringer von ihrem letzten Sprung zurück. Langhaarige, Tätowierte, einer mit Dreadlocks, einer mit grauem Schnauzbart. „Wer ist Fred?“ Ich melde mich schüchtern. „I am Danny – hey man, how are you doin? Gimme Five”. Ein bisschen übertrieben zwar, aber ich bin sehr glücklich, dass er sich um mich kümmert.

Am Flughafen wartet eine Propeller-Maschine mit laufendem Motor. Danny legt mir den Gurt an, um die Beine, den Rücken, an der Brust wird er verschlossen. In der Maschine sitzen wir in zwei Reihen, ich ganz vorne links, fast auf Dannys Schoß. „Bin ich schon an dir festgemacht?“, frage ich Danny als wir abheben. „Keine Angst, das mache ich gleich“, sagt er und grinst. Die Maschine schraubt sich hoch, wir sehen die grünen Hügel um Cairns, die breiten Strände, das blaue Meer. Die Aussicht ist gut, aber es ist auch verdammt hoch, wir sind höher als die Wolken – eindeutig zu hoch, um herauszuspringen.

Über 200 Kilometer pro Stunde

„Wie lange machst du das schon?“, frage ich Danny. „Zehn Jahre. Es gibt nichts Besseres als aus einem Flugzeug zu springen.“ Ich sehe das anders, aber zumindest lebt er immer noch, beruhige ich mich. Dann geht die Tür auf. Der Wind bläst rein, der Lärm des Propellers ist ohrenbetäubend. Das erste Paar rückt an die Tür – und wusch, ist weg. Schon rückt Danny mit mir vor. „Jetzt schon?“, höre ich mich sagen, ich sehe grün und blau weit unter mir und Danny reißt mich in die Tiefe mit einem Salto. Mir wird übel. Der Wind reißt an meinem T-Shirt, bläst in meine Nase, scheint meine Nebenhöhlen zum Platzen zu bringen. „Wie gefällt es dir?“, brüllt Danny. „Es ist schnell, sehr schnell“, rufe ich.

Wir stürzen auf die Erde zu, mit über 200 Kilometern pro Stunde. Dann ein kurzer Ruck – und endlich geht der Fallschirm auf, es ist als ob wir neben einer Wolke stehen. Ich bin erleichtert, jetzt kann nichts mehr schief gehen. Wir schweben in einer absteigenden Spirale gen Boden, das Meer, der Strand und das satte Grün: Jetzt kann ich die Aussicht genießen – aber nur kurz, denn ein paar Sekunden später landen wir sanft auf einer Wiese. Umarmungen, zwischen uns Abenteurern, wir leben noch, alles überstanden – und wir haben die Videos für Zuhause. Meines haben sie übrigens mit Rockmusik unterlegt, ich komme darin ziemlich mutig rüber. Wer mich besucht, kommt an diesem Video nicht mehr vorbei.