Essen. . Flugzeugabsturz, Autounfall, beim Baden ertrunken: Wenn den Eltern auf einer Reise etwas zustößt - was wird dann aus den Kindern? Wir haben alle Antworten und Tipps, um für einen Fall gerüstet zu sein, der hoffentlich nie eintritt.

Wenn uns etwas zustößt – was wird dann eigentlich aus den Kindern? Wohl jeden beschleicht dieser Gedanke irgendwann. Aber Hand auf’s Herz: Haben Sie ihn zu Ende gedacht und vorgesorgt? Wir haben alle Antworten und Tipps, um für einen Fall gerüstet zu sein, der hoffentlich nie eintritt:

Endlich mal wieder zu zweit in den Urlaub. Eine Woche Marokko. Sonne, Strand und ein wenig abschalten vom Familien- und Berufsalltag. Die Kinder bestens behütet bei Oma und Opa. Doch dann stürzt der Urlaubsflieger ab. Mutter und Vater kommen dabei ums Leben. Etwa 1000 Kinder in Deutschland werden jährlich so oder durch andere Schicksalsschläge zu Vollwaisen. Besonders dramatische Fälle stehen in der Zeitung und rütteln viele Eltern auf: Was wäre eigentlich mit unseren Kindern, wenn…? Doch meistens wird diese Frage verdrängt oder gerät im Alltagsstress aus dem Blick. Sollte sie aber nicht.

Denn nun kümmern sich nicht nur Oma, Opa oder Tante um die Zukunft der Waisen, sondern vor allem das Familiengericht. Es ist zusammen mit dem Jugendamt gesetzlich verpflichtet, den geeigneten Vormund für die Kinder zu finden. Einen lieben Menschen also, der nicht nur in der ersten Zeit, sondern bis zum 18. Lebensjahr die Verantwortung übernimmt und – so gut es geht – die Rolle der Eltern.

Erster Gedanke: Die Taufpaten hatten das ja versprochen. „Leider ohne Garantie“, sagt Dr. Gudrun Doering-Striening, Fachanwältin für Familienrecht in Essen: „Den Taufpaten fällt diese Aufgabe nicht automatisch zu.“ Der Grund: Anders als von vielen Eltern vermutet, ist das Patenamt in diesem Fall rechtlich unbedeutend. Auf der Suche nach einem Vormund fragt das Jugendamt Verwandte und Freunde der Familie.

Ein Testament ist eigenhändig zu schreiben

Ist keiner von ihnen dazu bereit oder entscheidet das Gericht, dass beispielsweise Oma und Opa schon zu alt sind für diese langfristige Aufgabe, dann übernimmt das Jugendamt die Vormundschaft und sucht eine geeignete Pflegefamilie als neues Zuhause für die Waisen.

Sie möchten dies unbedingt verhindern? Dann sollten Sie – so verstörend das vielleicht klingt – schnell Ihr Testament machen. „In allen wichtigen Fragen mit dem anderen sorgeberechtigten Elternteil abgestimmt, kann es selbst verfasst und beim Nachlassgericht eingereicht werden“, erklärt Dr. Doering-Striening. Wer sicher gehen will, dass alles hundertprozentig korrekt ist, lässt sein Testament beim Notar prüfen und beurkunden. Es darf nämlich nicht per PC oder Schreibmaschine verfasst werden, sondern muss eigenhändig geschrieben sein, sonst ist es unwirksam. Ebenso wichtig: ein eindeutiger Ort, an dem das Testament aufbewahrt und von Vertrauenspersonen sofort gefunden wird. Entweder zu Hause oder beim Amtsgericht hinterlegt.

Reise-Weisheiten

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Wer von den Eltern im Testament als Vormund bestimmt wurde, den muss das Vormundschaftsgericht anerkennen – es sei denn schwerwiegende Gründe sprechen gegen die benannte Person, zum Beispiel Alkoholsucht. Doch auch wenn solche Einwände nicht bestehen und alles klar scheint, kann es Probleme geben, etwa wenn ein im Testament genannter Vormund selbst ablehnt – oft mit guten Gründen: Die beste Freundin der Mutter, vor sechs Jahren noch kinderlos, sagte damals zu, im Todesfall als Vormund einzuspringen. Nun erzieht sie allerdings selbst inzwischen drei Kinder allein, fühlt sich durch die gewünschte Aufnahme der Waisen heillos überfordert und fürchtet, ihnen nicht gerecht werden zu können.

Um solche Situationen zu vermeiden, sollten Eltern nicht nur vorm schreiben ihres Testaments eingehend mit den von ihnen ausgesuchten Vormündern sprechen, sondern auch alle zwei, drei Jahre immer mal wieder checken, ob diese die Aufgabe immer noch übernehmen wollen und die Verantwortung wirklich tragen können.

Und können alleinerziehende Mütter ausschließen, dass der leibliche Vater des Kindes das Sorgerecht erhält? „Nein“, sagt Familienrechts-Anwältin Dr. Doering-Striening, „aber sie können im Testament Gründe nennen, die dagegen sprechen“. Gleiches gilt natürlich umgekehrt. Hat das Kind inzwischen eine viel engere Beziehung zum neuen Lebenspartner des verstorbenen Elternteils, so sollte auch das klar formuliert werden.

Kinder sind Ersatzeltern nicht hilflos ausgeliefert

„Es erhöht die Chancen, denn das Familiengericht hat eine so genannte „Erforschungspflicht, muss also herausfinden, welche Lösung für das Wohl der Kinder die beste ist“, erläutert die Expertin. Natürlich werden auch die Waisen nach ihren Wünschen gefragt und haben ab dem 14. Lebensjahr ein Mitspracherecht. Ist ein Vormund gefunden, dann ist er der Steuermann oder die Steuerfrau für das Leben der Kinder.

Und doch ist ein Kind seinen Ersatzeltern nicht unkontrolliert ausgeliefert. Jährlich müssen sie dem Familiengericht berichten, etwa darüber, was sie für die Ausbildung des Kindes getan haben und welche Entwicklungsfortschritte es macht. Alle zwei Jahre ist eine Übersicht über das Vermögen des Kindes vorzulegen. Wer sicher sein möchte, dass der Vormund oder später das Waisenkind selbst sorgsam mit vererbtem Geld oder sonstigem Vermögen umgeht, hat im Testament zwei Möglichkeiten, so Familienrechts-Expertin Dr. Doering-Striening: Erstens: „Die Eltern bestimmen zusätzlich eine Vertrauensperson zum so genannten Gegenvormund. Er kontrolliert den Vormund bei allen größeren Finanzgeschäften und muss zustimmen, wenn Geld aus dem Erbe der Eltern im Spiel ist.“ Beide Seiten nehmen ihre Aufgabe bis zum 18. Geburtstag des Kindes wahr.

Und wenn kein Vermögen da ist? Dann bekommen Kinder höchstens bis zum 27. Lebensjahr eine Waisenrente, länger kann sie nur gezahlt werden, wenn Wehr- oder Ersatzdienstzeiten noch oben drauf kommen. Hinzu kommen Kindergeld und eventuell Waisenrenten aus betrieblicher Altersversorgung der verstorbenen Eltern. Da diese jedoch alleine meist kaum reichen, um gut über die Runden kommen zu können, sollten Eltern zu Lebzeiten vorsorgen, etwa mit einer Risiko-Lebensversicherung. Die kostet meist nur wenige hundert Euro pro Jahr – und zahlt im Todesfall oft mehr als 100 000 Euro aus.