Berlin. . Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga wie auch die Tourismusorganisation VisitBerlin beobachten das enorme Angebot an privaten Feriendomizilen in Berlin mit Skepsis. Eine Bürgerinitiative will einige Herbergen sogar ganz verbieten lassen.
Das enorme Angebot von privaten Feriendomizilen in der deutschen Hauptstadt wird in Berlin weiter hitzig debattiert. Sowohl die Lobbyorganisation der Hoteliers, Dehoga, als auch die offizielle Tourismusorganisation, VisitBerlin, beobachten den Trend mit großer Sorge und Skepsis. Mehr noch: Der Dehoga kritisiert offen die Behörden, die trotz entsprechender Hinweise die Unterkünfte nicht überprüfen würden. Der Interessenkonflikt ist ausgesprochen vielschichtig – das Reise Journal erklärt, worum es in dem Streit geht.
Nach Dehoga-Angaben gibt es allein in Berlin mehr als 10.000 Privatunterkünfte, in denen jährlich mehr als 1,5 Millionen Touristen übernachten. Der Verband beklagt, dass viele der Anbieter, die Ferienwohnungen oder Appartements mit mehr als zwölf Betten pro Haus vermieten, nicht die erforderlichen Auflagen für den Brandschutz oder Fluchtwege erfüllen würden.
Wettbewerb bitte zu gleichen Bedingungen
Auch von schwerwiegenden Hygienemängeln, fehlender Meldepflicht und fehlenden GEMA-Zahlungen ist die Rede. „Wir haben nichts gegen die kleinen Privatvermieter. Wir stören uns an den Gewerbetreibenden, die Mietwohnungen in Ferienanlagen umfunktionieren. Wettbewerb ist gut, aber bitte zu gleichen Bedingungen“, so Dehoga-Sprecherin Kerstin Jäger.
Zudem sei es nicht akzeptabel, dass offenbar viele Vermieter die Einkünfte nicht versteuern würden. „Wir haben uns testweise in einigen Objekten eingemietet. Als Beleg für unsere Barzahlung erhielten wir einen unnummerierten Zettel von einem Quittungsblock aus dem Schreibwarengeschäft“, so Jäger vielsagend. Nach ihrer Auskunft hätten die zuständigen Bezirksämter auf die Hinweise oder auch Klagen von genervten Anwohnern bislang völlig unzureichend reagiert. „Als Argument dafür wird der Personalmangel angeführt, aber das kann es doch nicht sein.“
Finanzbehörden nehmen Internetportale ins Visier
Noch deutlicher wird die Bürgerinitiative Wilhelmstraße in Berlin Mitte, die von der Politik die sofortige Untersagung eines „illegalen“ Beherbergungsbetriebs im Wohngebiet Wilhelmstraße fordert. Die Initiative mahnt, dass eine „Gefahr für Leib und Leben für Bewohner wie Touristen“ bestehe.
Doch den Anwohnern geht es nicht nur um die Sicherheit und die Nachtruhe. Sie fürchten auch, dass durch die Konkurrenz der Ferienappartements der günstige Wohnraum zunehmend verloren geht. Denn bei einem Mietniveau von lediglich fünf Euro pro Quadratmeter in der Hauptstadt stellen sich die Eigentümer mit der Vermietung ihrer Wohnungen an Touristen schnell besser.
Betreiber verstehen Aufregung nicht
Die Betreiber der Internetportale, die die Vermittlung von Privatunterkünften möglich machen, können die Aufregung indes nicht verstehen. „Von den Massenvermietern distanzieren wir uns, hinter unseren Objekten verbergen sich fast immer private Vermieter“, so Anna Friedrich von 9flats.com. Das Unternehmen, nach eigenen Angaben europäischer Marktführer, bietet 20.000 private Wohnungen in ganz Europa an, jedes fünfte Angebot stammt aus Deutschland.
Und ob die privaten Vermieter nun ihre Einkünfte versteuern würden oder nicht, könne ihr Unternehmen schwerlich überprüfen. Friedrich: „Wir klären selbstverständlich alle Anbieter darüber auf, dass sie ihre Einkünfte im Rahmen ihrer Einkommenssteuererklärung angeben müssen und ab einer gewissen Grenze auch Umsatzsteuer fällig werden kann.“
Finanzbehörden nehmen Portal unter die Lupe
Tatsächlich haben die Berliner Finanzbehörden die Internetportale inzwischen ins Visier genommen. „Um etwaige Steuersünder ausfindig zu machen, bedient sich die Steuerverwaltung diverser Informationsquellen, auch der Recherche im Internet“, berichtet Philip Husemann von der Senatsverwaltung für Finanzen. Jedoch gesteht er ein, dass die Dunkelziffer derer, die sich beim Finanzamt überhaupt nicht als Betreiber melden, schwer beziffern lassen.