Essen. . Die Deutsche Bahn kann offenbar nicht ausschließen, dass sie am ersten Ferienwochenende erneut Reisende aus stark überfüllten Zügen werfen muss. Wer keine Platzreservierung hat, fährt auf eigenes Risiko.
Heillos überfüllte Zugabteile, dichtes Menschengedränge in den Gängen, Gepäckberge, die die Toilettentüren versperren: An den Osterfeiertagen hatte es diese Bilder aus Fernzügen der Deutschen Bahn zuletzt gegeben. Das Unternehmen hatte die Züge damals aus Sicherheitsgründen stoppen lassen. Hunderte Fahrgäste waren aufgefordert worden, die Waggons zu verlassen und auf spätere Verbindungen auszuweichen.
Dass sich solche Szenarien am kommenden Wochenende, den ersten Ferientagen in NRW, wiederholen, kann die Deutsche Bahn offenbar nicht vollkommen ausschließen. „Wir empfehlen bei Fernreisen nachdrücklich, einen Sitzplatz im Zug zu reservieren“, sagte ein Bahnsprecher gegenüber derWesten. Das Unternehmen sehe sich generell dem Urlauberansturm gerüstet. „Wo es geht und nötig ist, setzen wir zusätzliche Waggons und Sonderzüge ein“, so der Sprecher. 13 weitere Bundesländer haben gleichzeitig mit NRW Ferien.
Besonders von Freitagmittag an sowie den gesamten Samstag rechnet die Bahn mit voll besetzten Fernzügen. Wer an diesen Tagen keine Platzkarte bucht, riskiert, im Zweifelsfall des Waggons verwiesen zu werden. „Wir müssen uns diese Maßnahme aus Sicherheitsgründen vorbehalten“, sagte der Unternehmenssprecher. Betroffene müssten dann auf spätere Verbindungen ausweichen.
Keine wirkliche Alternative
Das Problem: Selbst wenn sämtliche Sitzplätze in einem ICE oder IC ausgebucht sind, können Zugreisende weiter Tickets für die Strecke lösen und einsteigen. „Wir haben im Gegensatz zu Fluggesellschaften keine Bordingcards“, erklärt der Bahnsprecher. Es werde nicht nachgehalten, wie viele Fahrkarten an Automaten, Schaltern und Reisebüros für eine Verbindung verkauft würden. In anderen europäischen Ländern ist das anders: In Frankreich beispielsweise erhalten Passagiere für den Fernzug Thalys automatisch einen Sitzplatz. Wenn die Abteile voll sind, gibt es keine Fahrscheine mehr.
„Die Frage ist, ob diese Alternative wünschenswerter wäre“, sagt Oliver Stieglitz, Vorsitzender des Fahrgastverbands Pro Bahn in NRW. Dann sei es nicht mehr möglich, spontan zu verreisen. Fahrkarten für die beliebten Verbindungen gen Norden und Süden seien dann vermutlich schon lange vor dem ersten Ferienwochenende vergriffen. Wer sich zu spät entscheidet, kann nicht mehr mitfahren. „So, wie es jetzt bei uns geregelt ist, läuft es wesentlich unbürokratischer“, so Stieglitz.
Sparen zulasten der Reisenden?
Auch er rate deshalb aber vor allem älteren Menschen, Reisegruppen und Familien mit Kindern dringend dazu, Sitzplätze zu reservieren. Nur dann sei garantiert, dass der gewünschte Zug genutzt werden könne.
Was der Pro-Bahn-Vorsitzende dem Unternehmen noch immer ankreidet, ist die Sparpolitik der vergangenen Jahre. Diese habe zu Fahrzeugengpässen im Fernverkehr geführt. „Ich gehe zwar davon aus, dass die Bahn am Wochenende alles rollen lässt, was zur Verfügung steht“, sagte der Pro Bahn-Vorsitzende. „Ich bin nur nicht sicher, ob das reicht.“