Essen. . Der Tourismus ist für Ägypten der zweitwichtigste Wirtschaftszweig. Nach dem Abgang von Präsident Mubarak hofft man in der dortigen Reisebranche, dass die Touristen aus Deutschland baldmöglichst wieder ins Land kommen.

Knapp drei Wochen haben die Proteste gegen die Staatsführung das Leben in Ägypten bestimmt. Mit dem Abgang von Präsident Hosni Mubarak und dem Antritt einer Militärregierung scheint sich die Lage derzeit wieder zu normalisieren. Das Auswärtige Amt schätzt die Situation in den Urlaubsgebieten am Roten Meer inzwischen wieder als weitgehend sicher ein. Gut für die Tourismusbranche in Ägypten: Dort hofft man darauf, dass die Touristen baldmöglichst wieder ins Land kommen. Nach Einschätzung des Deutschen Reiseverbands ist der Tourismus der zweitgrößte Wirtschaftsbereich in Ägypten.

Maha Sary El Din vom ägyptischen Reiseveranstalter Tattravel, ein Partner des Duisburger Unternehmens Alltours, sieht zumindest am Roten Meer aktuell keine Sicherheitsprobleme für Reisende mehr. Ausgangssperren, sagt sie entgegen den Informationen des Auswärtigen Amtes, gebe es dort aktuell nicht mehr.

DerWesten: Wie wichtig ist es aus Ihrer Sicht für die Menschen in Ägypten, dass der Tourismus bei wieder anläuft?

Maha Sary El Din: Mehrere Millionen Ägypter leben direkt und indirekt vom Tourismus, eine Verbesserung der Buchungssituation ist unabdingbar um einem großen Prozentsatz der Bevölkerung ein gesichertes Einkommen zu garantieren. Im Moment direkt betroffen sind natürlich die Mitarbeiter in den Hotels und Resorts, die Angestellten in den Reisebüros, Busfahrer, Reiseführer, Ausflugsbegleiter und das Schiffspersonal aber auch die Souvenirhändler, Juweliere, Buch- und Kartenhändler, Mitarbeiter der Fluggesellschaften und der Airports. Auf längere Sicht wären selbst die Mitarbeiter in der Möbel- und Textilindustrie, im Bauwesen und in vielen anderen Bereichen mehr oder weniger direkt betroffen.

DerWesten: Welche Folgen hat der Reisestopp deutscher Reiseanbieter, der ja noch bis Ende Februar dauern wird, für die Hoteliers vor Ort?

Maha Sary El Din: Der deutsche Markt ist für die Ägyptische Tourismusindustrie von großer Bedeutung, die neueste Entscheidung der Bundesregierung vom Wochenbeginn lässt hoffen, dass die Buchungszahlen speziell für die Region „Rotes Meer“, somit für die Ferienziele rund um Hurghada, Marsa Alam, Sharm El Sheikh und Taba, bald wieder anziehen. Das eine oder andere Hotel hat Personal gebeten, jedweden Resturlaub aus dem letzten Jahr jetzt zu nehmen und hat auch einem Teil der Mitarbeiter zunächst für 14 Tage unbezahlten Urlaub angeboten.

DerWesten: Welche Regionen sind besonders von dem deutschen Reisestopp betroffen?

Maha Sary El Din: Aufgrund der klimatischen Bedingungen am Mittelmeer gelten die Wintermonate an der Küste in den Feriengebieten rund um Marsa Matrouh und Alexandria als „Nebensaison“. Die Hotels sind entsprechende weniger gute Auslastungen in dieser Jahreszeit gewöhnt, hier wird mit dem Beginn der Sommersaison auch die bis dahin wohl gestiegene Reiselust der Touristen wieder für gut belegte Haueser sorgen.

Die Hotels in der Innenstadt von Kairo sind größtenteils auch im Moment gut gebucht, die Hotels leben weniger von Touristen als von Geschäftsreisenden aus aller Welt, aber auch hier wird es sicherlich bald zu noch besseren Auslastungen kommen. Anders in Giza, die meisten Hotels hier hoffen auf die Aufhebung der Reisewarnungen vieler EU-Laender, denn die Beherbergungsbetriebe in der Nähe der Pyramiden sind in großer Zahl von ausländischen Urlaubern aus Europa - zumeist auf Städtetour oder klassischer Rundreise - abhängig.

DerWesten: Gibt es Reisestopps auch von Reiseanbietern in anderen Ländern? Wie sieht es zum Beispiel mit russischen Urlaubsgästen aus?

Maha Sary El Din: Fast alle westlichen Regierungen haben eine Reisewarnung ausgesprochen. Wir sehen mit großer Freude, dass touristische Unternehmen aus England, Russland, der Tschechischen Republik und anderen Ländern die Angebote nach Ägypten teilweise nur reduziert bzw. nur für wenige Tage ausgesetzt haben. Manch ein Resort hat Gebäudeflügel in weniger vorteilhafter Lage für den Moment geschlossen und bietet den Gästen, die Zimmer in diesen Teilen des Hotels gebucht hatten, eine Unterbringung in Zimmer mit Meerblick ohne Mehrkosten an. Soweit es die Buchungssituation zulässt, werden statt der gebuchten Zimmer mit „Gartenblick“ auch Zimmer mit Pool- und/oder Meerblick ohne Aufpreis abgegeben.

DerWesten: Wie ist die Sicherheitslage aktuell in den Urlaubsorten? Das Auswärtige Amt warnt nach wie vor, dass man Menschenansammlung meiden sollte.

Maha Sary El Din: Am Montag gab es erste “open-air-parties” in den Ferienorten mit Live-Musik. Eine große Zahl von Gästen hat vor Ort gemeinsam mit vielen Einwohnern die ausgelassene Stimmung nach dem Machtwechsel in Kairo genossen. In Giza, am Fusse der Pyramiden und direkt am Sphinx wurde ein ähnliches Fest gefeiert.

DerWesten: Nach Informationen des Auswärtigen Amtes gibt es nach wie vor Ausgangssperren in Ägypten, auch in den Urlaubsorten: Was bedeutet das für Reisende?

Maha Sary El Din: Die Ausgangssperren wurden nur für die Städte Kairo, Alexandria und Suez ausgesprochen, in keiner anderen Stadt und in keiner anderen Region wurden Ausgangssperren verhängt. Somit ging und geht das Leben in den Ferienregionen rund um Assuan, Luxor und entlang der Küsten des Roten Meeres unbehelligt weiter. Im Moment gilt die Ausgangssperre ebenfalls nur fuer Kairo, Alexandria und Suez und dort von Mitternacht bis 6 Uhr morgens. Somit waren und sind die Urlauber in keiner Hinsicht beeinträchtigt.