Essen. . Nach dem Abgang von Präsident Mubarak wollen Reiseveranstalter ab März den Reisestopp in Ägypten aufheben. Das Auswärtige Amt hat seine Warnung für die Urlaubsgebiete entschärft. Doch so einfach lässt sich das Programm nicht wieder anfahren.
Das Auswärtige Amt hat seine Reisewarnung für Ägypten vorerst entschärft. Touristen sollten nach wie vor die Großstädte Kairo, Alexandria und Suez meiden, heißt es zwar. Reisen in die Urlaubsgebiete am Roten Meer, wie Hurghada oder Scharm El Sheikh, seien aber „ab sofort wieder möglich“.
So schnell allerdings werden die Reiseveranstalter ihr Programm nicht auf die neue Situation einstellen können. Der Duisburger Reiseanbieter Alltours plant ab März wieder erste Flugreisen nach Ägypten. „Seit einigen Tagen laufen bereits Gespräche mit den Partnerfluggesellschaften über einen März-Flugplan ans Rote Meer“, teilt Alltours-Chef Willi Verhuven mit. Der Anfang des Monats von den großen deutschen Reiseunternehmen verfügte Reisestopp bleibt wie geplant bis zum 28. Februar bestehen.
„Die Entwicklung in Ägypten entspannt sich nach dem Rücktritt des Präsidenten. Wir haben deshalb entschieden, in den kommenden Tagen alle logistischen Weichen so zu stellen, dass ab März Urlauber wieder nach Ägypten reisen könnten“, sagt Verhuven. Allerdings schränkt er ein, dass „eine Wiederaufnahme des Urlaubsangebotes am Roten Meer auch maßgeblich von der Lageeinschätzung des Auswärtigen Amtes abhängig ist.“
„Da stehen Existenzen auf dem Spiel“
In Berlin blickt man nach wie vor mit Sorge nach Ägypten. Zum aktuellen Sicherheitshinweis des Auswärtigen Amts sagt eine Sprecherin: „Die Lage ist weiterhin unübersichtlich“. Prognosen für die nächsten Wochen seien nicht möglich, „die Lage kann sich ja auch wieder verschlechtern“. Urlauber sollten ebenfalls auch berücksichtigen, dass die Ausgangssperren vor Ort bis dato nicht aufgehoben sind - „sie gelten auch an den Urlaubsorten“.
Geht es nach dem Duisburger Reiseanbieter Schauinsland, werden die beliebten Reiseziele Hurghada oder Sharm El Sheikh ab März wieder zunehmend von deutschen Touristen belebt, heißt es in der Geschäftsleitung auf Anfrage von DerWesten: „Es besteht eine unbedingte Notwendigkeit für die örtliche Infrastruktur, und alle im touristischen Bereich beschäftigten Personen, umgehend wieder mit einem „abgespeckten“ Flugprogramm zu starten.“ Mit immerhin etwa 100 Hotels arbeitet das Unternehmen in Ägypten zusammen. Bei Alltours sind es nach eigenen Angaben 55. „Da stehen in Ägypten Existenzen auf dem Spiel“, heißt es in Reise-Kreisen.
Die Kanaren profitieren vom Reisestopp in Ägypten
Das Land ist eines der Hauptreiseziele deutscher Urlauber im Winter, erklärt Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband (DRV). 1,2 Millionen Deutsche haben im vergangenen Jahr eine Ägypten-Reise gemacht. Das ist zwar weit weniger als etwa in Spanien (9 Millionen) oder in der Türkei (über 4 Millionen Reisende) waren, dennoch hat Ägypten „einen gewichtigen Stellenwert für die hiesigen Reiseanbieter“, erklärt Schäfer. Zumal das Reiseziel zuletzt zunehmend wichtiger geworden ist. In den vergangenen beiden Jahren sei das Geschäft jeweils um vier bis fünf Prozent gewachsen.
Derzeit freuen sich vorerst vor allem Hoteliers und Reiseanbieter auf den Kanarischen Inseln über die unübersichtliche Lage zwischen Mittel- und Rotem Meer: „Über 90 Prozent der Ägypten-Reisenden nutzen die Möglichkeit der Veranstalter, wegen des Reisestopps kostenlos umzubuchen“, sagt Torsten Schäfer vom DRV. Und sie halten am geplanten Reisetermin fest.
Fluglinien verlagern ihre Kapazitäten
Wer umbucht, lässt sich an erster Stelle auf Inseln wie Teneriffa oder Gran Canaria fliegen, die ähnlich wie Ägypten in etwa vier Stunden Flugzeit von Deutschland aus zu erreichen sind und vergleichbare Wasser- und Lufttemperaturen bieten. Auch Fernreiseziele, wie die Dominikanische Republik, Florida, Dubai und die Malediven profitieren derzeit vom gestoppten Ägypten-Verkehr.
Manche Fluglinien fliegen aber nach wie vor Ägypten an - wenn auch seltener als bisher: Der Ferienflieger Condor etwa hat bis Ende Februar insgesamt sechs Verbindungen geplant, die meisten von Frankfurt/Main nach Hurghada. „Die Nachfrage ist da“, sagt ein Sprecher. Der Großteil der Maschinen werde aber an andere Orte geschickt. So hat Condor im Februar zusätzliche Verbindungen nach Lanzarote und Fuerteventura in den Flugplan genommen, unter anderem ab Düsseldorf, Hamburg und München. Auch bei AirBerlin hat man die Kapazitäten verlagert: „Bei uns bleibt kein Flugzeug am Boden“, versichert eine Sprecherin. Ägypten allerdings stehe derzeit, außer den Verbindungen zum Flughafen Kairo, nicht auf dem Flugplan.
Wie rasch und wie umfangreich die Reiseveranstalter jetzt Ägypten als Reiseziel wieder ins Programm aufnehmen können, hängt stark von den Kapazitäten der Fluglinien ab, erklärt Kai Krämer vom Bonner Reiseveranstalter Phoenix, Spezialist für Orient-Reisen. Er ist optimistisch, „dass sich die Lage in Ägypten jetzt beruhigt. Das wäre auch gut für die Wirtschaft vor Ort“, meint er.
Seit jüngstem soll auch Tunesien wieder auf die Flugpläne rücken. Der Anbieter Thomas Cook, zu dem unter anderem Neckermann Reisen gehört, kündigt an, am 28. Februar wieder den Urlaubsflug-Betrieb aufzunehmen; das Auswärtige Amt hatte seine Sicherheitseinschätzung am vergangenen Wochenende, nach einem Besuch von Außenminister Guido Westerwelle in Tunis, entschärft. Auch Ägypten werde bald wieder angesteuert, heißt es: „Ab März werden auch Reisen in das Land am Nil wieder durchgeführt.“ Derzeit sei man „im Gespräch mit den Fluggesellschaften und den Hotelpartnern vor Ort, um die notwendigen Kapazitäten sicherzustellen.“