Gelsenkirchen. . Ein Großaufgebot der Polizei stürmte auf der Jagd nach Drogenproduzenten mehrere Wohnungen im Kreis Recklinghausen und in Gelsenkirchen. Doch erst danach wurde es wie im Fernsehen: Während der Durchsuchungen klingelten harmlose Paketzusteller – mit brisanten Lieferungen.
Seitdem die hochgelobte US-Serie „Breaking Bad“ in Deutschland läuft, fasziniert die Vorstellung vom Abgrund hinter einer biederen Fassade das Fernsehpublikum: Normal wirkende Menschen, die aus handelsüblichen Chemikalien gefährliche Rauschmittel zusammenmixen – die gibt es nicht nur im TV, sondern auch in echt und mitten im Revier.
Was ist passiert? Am vergangenen Donnerstag holte die Polizei zu einem großen Schlag gegen die Drogenszene im nördlichen Ruhrgebiet aus. Mehr als 90 Spezialeinsatzkräfte von Zoll, LKA, BKA, Landes- und Bundespolizei durchsuchten acht Objekte in Gelsenkirchen, Marl, Dorsten und Herten. Noch während die Beamten zwei Wohnungen filzten, traf zufällig neues Rohmaterial ein.
Unterm Arm: 35 Kilo Chemikalien
Zunächst klingelte es an der Tür. Ein Paketzusteller wollte ein Päckchen abgeben, bestellt von einem der Verdächtigen. Darin 35 Kilo legale Chemikalien – „mutmaßlich zur Drogenherstellung“, wie die Essener Oberstaatsanwältin Anette Milk mitteilte. In einer anderen Wohnung ein ähnlicher Fall. Wieder klingelte ein Zusteller, wieder hatte er eine scheinbar normale Lieferung unterm Arm: 15 Kilo sogenannter Polenböller. Man muss kein Walter White sein, um aus deren Bestandteilen illegale Substanzen herzustellen.
Doch die kriminellen Chemiker aus dem Vest werden keinen Profit aus der frischen Lieferung ziehen können. Alle sechs Verdächtigen wurden festgenommen. Die beiden mutmaßlichen Haupttäter, ein 29 Jahre alter Gelsenkirchener und ein 35 Jahre alter Mann aus Marl, gingen noch am Donnerstag in Untersuchungshaft. Gegen sie besteht der dringende Tatverdacht, seit längerem im Kilomengenbereich Handel mit Amphetaminen und Cannabis zu treiben. Zwei weitere Beschuldigte wurden am Freitag dem Haftrichter vorgeführt. Die beiden anderen wurden noch am Donnerstag entlassen.
Eine Presse zur Herstellung von Ecstasy-Tabletten
Die Ermittler stellten 20 Kilogramm Amphetamine sicher, eine halbautomatische Schusswaffe, Munition und 37 000 Euro Bargeld, das mutmaßlich aus Drogengeschäften stammt. Außerdem fanden sie eine Presse zur Herstellung von Ecstasy-Tabletten. Zudem wurden zwei Fahrzeuge beschlagnahmt, mit denen die Verdächtigen wohl Rauschgift auslieferten.
Staatsanwältin Milk spricht von Drogenhandel „im großen Stil“.