Dortmund. . Vor dem Pokalfinale an diesem Samstag stimmten sich die BVB-Fans am Borsigplatz in der Gründungskirche der Borussia ein. Fußball und Religion, da verschwimmen die Grenzen. Ein Pfarrer sagt: „Wir brauchen nicht für den Pokalsieg zu beten. Unsere Jungs haben gut trainiert.“

Sie haben ihn angerufen, aber kein einziges Mal bei seinem Namen genannt: „Fußballgott“. Sowas tun gute Christen nicht, auch nicht solche in Schwarz-Gelb. Die sind auch nicht „so vermessen, den Herrn um den Pokal zu bitten“, man hat das noch in der Kirchenbank sehr angestrengt betont.

Und dann haben sie es doch gemacht – einige Hundert Borussen-Fans, die heute nicht in Berlin sind, schon gar nicht mitspielen und deshalb wissen: Jetzt hilft nur noch beten.

Kreuz und Fußball sagen sich Grüßgott

Es ist ein bemerkenswerter Gottesdienst, in Dortmund hinterm Borsigplatz links, in der Dreifaltigkeitskirche, wo der BVB seine Wiege hat und seine Siege feiert. Nicht nur, weil die Kirche voll ist, in deren Ecke ein schwarz-gelber Engel steht das ganze Jahr und eine Vitrine, in der sich Kreuz und Fußball Grüßgott sagen.

„Borussia, du verkörperst die Region“, dichtete der Heimat-Kabarettist Bruno Knust, „für manche von uns die Religion.“ So ist das wohl in dieser Stadt, wo sie um 19.09 Uhr zur Orgelmusik aufstehen, die Fanschals zurechtzupfen und singen: „Wir werden immer Borussen sein, es gibt nie, nie, nie einen anderen Verein.“ Und wo der Pastor im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes die „besten Fans der Liga“ begrüßt. Halleluja und Pfiffe!

BVB-Fans im Pokalfieber

50.000 BVB-Fans werden laut Polizei insgesamt in Berlin erwartet. Gewinnt die Borussia, rechnet die Stadt Dortmund am Sonntag, dann kommt die Mannschaft zurück ins Revier, mit bis zu 250.000 feiernden Fans.

In Dortmund geht die Pokalsause am Samstag auf dem Friedensplatz und an der Reinoldikirche um 12 Uhr los, auf dem Hansaplatz um 17 Uhr.

Es sollte eine ökumenische Andacht zum Saisonfinale werden, nun ist es eine zum Pokalfinale. Alte Leute sind gekommen mit ihren Rollatoren, Kinder mit ihren Eltern, Fans in Kutte, Ultras sogar. Alle tragen sie Schwarz-Gelb, und wo zwei oder drei im Namen des BVB versammelt sind, ist mitten unter ihnen auch Ansbert Junk, der Vikar, der vor Jahren in diese Gemeinde geriet – als Schalker. Heute kam er mit dem anderen Schal und lacht dabei.

"Wir brauchen nicht für den Pokalsieg zu beten"

Auch „Gott ist Fußballfan“, sagt Dietmar Kehlbreier, „weil er das Leben liebt. Er hat aber keine Lieblingsmannschaft.“ Kehlbreier schon: Der ist Pfarrer in Altena und Vorsitzender eines Fanclubs. In seiner Predigt wird er über die Vorfreude sprechen, über die vielen, die sich „aufmachen, um an einem Ort zusammen zu sein“, über Jesus, der Anhänger hat und zusammensitzt „mit den Absteigern seiner Zeit“. Über die Gemeinschaft, die wächst auch an Niederlagen. Und über Menschen, die von ihren Erlebnissen beim Fußball erzählen wie einst die Jünger von Jesus.

„Wir brauchen nicht für den Pokalsieg zu beten“, sagt Kehlbreier am Ende, „unsere Jungs haben gut trainiert.“ Dasselbe hat auch Kollege Friedrich Laker gesagt in seinem Gebet: „Wir bitten nicht um den Sieg.“ Um Freude, Gemeinschaft, Fairness, das wohl, um „keine Gewalt“ und „keine Entwürdigung des Gegners“. Aber: „Wir würden uns tierisch freuen, wenn wir den Pokal holen würden.“ Und also lässt auch Kehlbreier sich hinreißen: „Gott weiß: München mag näher an Rom liegen. Dortmund aber näher am Herzen.“

Das 71. Finale um den DFB-Pokal

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    Auf das Vaterunser folgt das Vereinslied

    Und so endet diese Predigt: Mit „schön, wieder da zu sein“, was die ganze Stadt in diesen Tagen singt beim Blick auf Berlin. „Und wenn wir schon einmal wieder da sind“, schließt der Pfarrer, „dann holen wir auch den Pott! Amen.“ (Oder, übersetzt: So soll es sein.) Jubel und Applaus! Auf das Vaterunser folgt das Vereinslied („Aber eins, das bleibt besteh’n. Borussia Dortmund wird nie untergeh’n“) und, natürlich, die große Hymne des Fußballs, die recht eigentlich auch von den Propheten kommt: „You’ll Never Walk Alone“. Es tost die Orgel, es grölt die Gemeinde, und über den Köpfen schweben die Schals. Segen und aus.

    Finale in Berlin: Der "Pott" im Roten Rathaus

    Blick ins Rote Rathaus: Am Ende dieser Treppe wartet der DFB-Pokal.
    Blick ins Rote Rathaus: Am Ende dieser Treppe wartet der DFB-Pokal. © Peter Bandermann
    Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit auf einer Multimedia-Anlage im stattlichen Rathaus-Foyer.
    Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit auf einer Multimedia-Anlage im stattlichen Rathaus-Foyer. © Peter Bandermann
    Seit dem 24. April haben schon 20 000 Besucher den Pokal im Roten Rathaus in Berlin betrachtet.
    Seit dem 24. April haben schon 20 000 Besucher den Pokal im Roten Rathaus in Berlin betrachtet. © Peter Bandermann
    Alle Sieger-Vereine sind Jahr für Jahr in den Sockel eingraviert.
    Alle Sieger-Vereine sind Jahr für Jahr in den Sockel eingraviert. © Peter Bandermann
    Blick in die Pokal-Vitrine.
    Blick in die Pokal-Vitrine. © Peter Bandermann
    Zwei Niederländer vor dem DFB-Pokal. Herman Geenen tippt auf einen BVB-Sieg, obwohl er ein Fan von Bayern-Kicker Arjen Robben.
    Zwei Niederländer vor dem DFB-Pokal. Herman Geenen tippt auf einen BVB-Sieg, obwohl er ein Fan von Bayern-Kicker Arjen Robben. © Peter Bandermann
    Das ehrwürdige Rote Rathaus in Berlin - eine Innenansicht.
    Das ehrwürdige Rote Rathaus in Berlin - eine Innenansicht. © Peter Bandermann
    Blick durch das Glas der Vitrine auf den begehrten DFB-Pokal.
    Blick durch das Glas der Vitrine auf den begehrten DFB-Pokal. © Peter Bandermann
    Blick durch das Vitrinen-Glas im Roten Rathaus in Berlin auf den Pott. Der Pokal soll einen Materialwert von rund 100 000 Euro haben.
    Blick durch das Vitrinen-Glas im Roten Rathaus in Berlin auf den Pott. Der Pokal soll einen Materialwert von rund 100 000 Euro haben. © Peter Bandermann
    Blick durch das Vitrinen-Glas auf den Pott.
    Blick durch das Vitrinen-Glas auf den Pott. © Peter Bandermann
    Der DFB-Pokal ist ein beliebtes Fotomotiv.
    Der DFB-Pokal ist ein beliebtes Fotomotiv. © Peter Bandermann
    Der DFB-Pokal ist ein beliebtes Fotomotiv.
    Der DFB-Pokal ist ein beliebtes Fotomotiv. © Peter Bandermann
    Der DFB-Pokal ist ein beliebtes Fotomotiv.
    Der DFB-Pokal ist ein beliebtes Fotomotiv. © Peter Bandermann
    Aufsicht auf die Pokal-Vitrine. Im "Pott" ruht eine Plastiktüte, die den Pokal beim Transport schützen soll.
    Aufsicht auf die Pokal-Vitrine. Im "Pott" ruht eine Plastiktüte, die den Pokal beim Transport schützen soll. © Peter Bandermann
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    Aus? In der Ecke, beim schwarz-gelben Engel, zünden die Christen-Fans Kerzen an, gelbe, versteht sich. Und zum Ausmarsch stimmt einer an, was die Orgel aufnimmt: „Zieht den Bayern die Lederhosen aus!“ Aber – ist das jetzt christlich

    Es ist jedenfalls Dortmunds „Echte Liebe“, wofür der BVB gerade noch einen Marketingpreis bekommen hat. Und die Liebe, so stand es bereits im ersten Korintherbrief, ist unter Hoffnung und Glauben schließlich die größte.