Essen. . Zwei Jung-Schiedsrichter aus dem Fußballverband Niederrhein wurden im Schlaf sexuell missbraucht. Dafür verurteilte das Amtsgericht Essen am Donnerstag ihren Ausbilder, einen Schiedsrichter-Referenten, zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis mit Bewährung.

Ein Mann, der junge Schiedsrichter ausbildet, hat zwei 21 Jahre alte Männer sexuell belästigt. Der Essener Referent des Fußballverbandes Niederrhein nutzte es aus, wenn die 21-Jährigen nach privaten Feiern bei ihm übernachteten. Wenn sie schliefen, verging er sich an ihnen. Für zwei Fälle verurteilte ihn das Amtsgericht Essen am Donnerstag zu eineinhalb Jahren Haft mit Bewährung.

Dem 32-Jährigen, der die Taten im Prozess gestanden und sich bei seinen Opfern entschuldigt hatte, rechnete das Gericht strafmildernd an, dass er sofort aufhörte, als die jungen Männer aufwachten und sich wehrten. In einem Fall blieb es deshalb beim Versuch, weil der 21-Jährige noch gar nicht eingeschlafen war.

Massage angeboten

Im zweiten Fall hatte der Angeklagte gemeinsam mit einem der Jung-Schiedsrichter am 19. Februar eine Karnevalsfeier mit reichlich Alkohol in seiner Stammkneipe besucht. Klar war, dass der in einer anderen Stadt wohnende Mann beim Ausbilder, der noch bei seinen Eltern lebt, übernachten sollte. Auf dem Heimweg bot der Angeklagte ihm an, ihn gleich zu massieren. Der junge Mann willigte ein, bekam vom 32-Jährigen noch ein Getränk zur Muskelentspannung.

Während der Massage schlief er ein, erwachte aber, als der „Masseur“ sich an ihm verging. Er stieß ihn weg, der Angeklagte versuchte gar nicht erst, es erneut zu versuchen. Einige Monate später versuchte er es bei einem anderen Jung-Schiedsrichter, der bei ihm übernachtete. Doch dieser merkte es sofort und stieß ihn weg.

Die Hemmschwelle, über derartige Taten zu reden und seine Opferrolle zu offenbaren, ist groß. Doch diese beiden Opfer sprachen miteinander, erstatteten im September Anzeige gegen den Schiedsrichter-Betreuer. Das Verfahren kam in Gang.

An Therapie teilgenommen

Der Angeklagte, der den bis zu 24 Jahre alten Schiedsrichter-Nachwuchs in einem der Essener Fußballkreise betreut, gab sich im Prozess reuig: „Ich war auf mich fixiert, hatte den Drang, es auszuprobieren.“ Er hatte zu seiner Verteidigung angeführt, dass das Thema Homosexualität im Fußball tabuisiert werde. Er habe deshalb nicht offen über das Thema reden können, als er vor einiger Zeit merkte, „dass mich nicht nur das weibliche, sondern auch das männliche Geschlecht interessiert“. Jetzt habe er an einer Therapie teilgenommen, mit Familie und Arbeitgeber gesprochen: „Sie stehen voll hinter mir.“

Richter Rolf Märten fand das Thema Homosexualität gar nicht so tabuisiert und spielte auf den Fall des Bundesliga-Referees Amerell an: „Es gibt doch Beispiele bei den Schiedsrichtern.“ Staatsanwalt Gabriel Wais meinte, der Angeklagte verstärke durch derartige Heimlichkeiten das Tabu im Fußball eher noch.

Dem nicht vorbestraften Angeklagten, der den Opfern auch ein Schmerzensgeld bezahlt, wollten die Juristen offenbar die Zukunft nicht verbauen. Das Gericht sah auch keine Wiederholungsgefahr. Der Angeklagte habe keine Gewalt ausgeübt, betonte Richter Märten, im Vergleich zu anderen Fällen sexuellen Missbrauchs liege dieser Fall sicher im unteren Bereich. Staatsanwalt Wais hatte das zuvor schon einem der Opfer erklärt: „Glauben sie mir, es gibt Schlimmeres.“