Wuppertal. . Zweimal im Monat lädt der „Wuppertaler Hackerspace“ in sein Reparatur-Café in den Mirkener Bahnhof ein. Defekte Elektrogeräte werden dort instand gesetzt, von ihren Besitzern gemeinsam mit Technikfreaks und Computerbegeisterten. Selbst Teile, bei den der Händler nur noch riet „wegwerfen“, sind hier schon wieder flott gemacht worden.
„Hmmmmh“ ist ein Wort, das hier oft fällt. „So“ ist ein anderes. Meist gefolgt vom Satz: „Dann wollen wir mal sehen.“ An jedem ersten Sonntag im Monat im zweiten Stock des alten Mirker Bahnhofs in Wuppertal. Wenn das Reparatur-Café seine Türen öffnet.
Dann lädt der „Wuppertaler Hackerspace“ die Nachbarn ein, ihre defekten Elektrogeräte mitzubringen, damit man sie gemeinsam und kostenlos wieder instand setzen kann, anstatt sie wegzuwerfen. Und der Begriff „Nachbarn“ wird hier sehr großzügig ausgelegt.
„Der tut et nich mehr. Und die Garantie ist gerade abgelaufen“
Herrlich ist es draußen, doch drinnen stehen sie Schlange in stickiger Luft. Haben den alten DVD-Spieler unter dem Arm oder das Kofferradio von Opa in der Plastiktüte. Einer hat fluchend sogar einen großen Kaffeeautomaten hochgewuchtet in die zweite Etage, denn: „Der tut et nich mehr. Und die Garantie ist gerade abgelaufen.“
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Hinten am Tisch fallen ein paar Krümel zu Boden, als Sebastian Surminski einen alten Toaster auf den Kopf stellt, um ihn zu öffnen. „Hüpfmechanik ist kaputt“, umschreibt seine Besitzerin Ulrike von Staehr etwas laienhaft das Problem. „Der Toast bleibt nicht unten.“ Und wenn doch, dann kommt er nicht wieder hoch. „Wird immer ganz schwarz.“ Beim Händler war sie schon mit dem acht Jahre alten Gerät. „Der hat natürlich gesagt, Reparatur lohnt sich nicht.“ Deshalb ist sie hier und auch gerne bereit, „mal selbst Hand anzulegen“. So wie Martine Postma sich das immer vorgestellt hat.
Immer mehr Reparatur-Cafés
„Postma hatte vor einigen Jahren in Amsterdam die Idee zum ersten Reparatur-Café. Texte wie das „Repair Manifesto“, eine Kampfschrift von holländischen Designern, hätten sie inspiriert. „Sei kein Sklave der Technologie – sei ihr Beherrscher!“, heißt es darin. Oder: „Reparieren ist kreativ! Reparieren überlebt die Mode!“ Sie habe sich schon lange gefragt, warum die Leute immer seltener reparieren, erzählt Postma in Interviews. „Die Industrie treibt uns ständig dazu an, neu zu konsumieren. So wird das Reparieren langsam zu einer aussterbenden Kultur.“
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Mittlerweile gibt es über 40 solcher Einrichtungen in den Niederlanden. In Deutschland sind es gut ein Dutzend – Tendenz steigend. Freiwillige bieten ihre Dienste an. Kostenlos, manchmal gegen eine Spende für den Verein, den sie vertreten. Begabte Laien sind dabei, auch Leute vom Fach. Didi gehört zur letzteren Gruppe, ist nach eigener Einschätzung „für Elektronik geboren“ und „ein Feind von Leuten, die sofort alles wegwerfen.“
„Wenn der Sigi das nicht wieder hinkriegt, kriegt es keiner mehr hin“
Deshalb macht er hier mit, will „Hilfe zur Selbsthilfe geben.“ Wenn aber einer kommt, der zwei linke Hände hat, dann richtet der rüstige Rentner die Sache auch schon mal alleine. „Und wenn der Sigi das nicht wieder hinkriegt“, sagen sie im Verein, „dann kriegt das keiner mehr hin.“ Deshalb muss der 60-Jährige jetzt auch mal kurz nach unten, wo ein junges Pärchen mit einem defekten Wäschetrockner wartet. Was defekt ist, wissen die beiden nicht. „Lohnt nicht“, hat ein Händler auch hier gesagt, ohne den Trockner überhaupt gesehen zu haben. „Aber für einen neuen fehlt uns das Geld“, geben die jungen Leute zu. Sigi braucht einen Schraubendreher und drei Minuten: „War nur ein verklemmter Schalter. Könnt ihr beim nächsten Mal selber machen.“
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Auch oben hellen sich die Mienen vieler Besucher auf. Weil Laptops wieder hochfahren, DVD-Spieler wieder Filme abspielen oder aus Boxen wieder Töne kommen. Auch Sebastian hat den Fehler im Toaster gefunden. Ein Kabel hat sich gelöst, kann aber gelötet werden. Von Staehr nickt zufrieden. „Dachte ich es mir doch.“
„Ist doch toll, dass so vielen Leuten geholfen wird“
Nur die Kaffeemaschine von Gertrud Treder, die bekommen sie nicht wieder ans Laufen. „Heizelement kaputt“, heißt es. „Ersatzteil ist zu teuer.“ Wenn es überhaupt noch Ersatz gibt.“ „Schade“, sagt die 76-Jährige, spendet aber trotzdem in die Hacker-Kasse. „Ist doch toll, dass so vielen Leuten geholfen wird.“ Das hört Hackerspace-Sprecher Nico Heßler gerne. „Für uns ist das ja auch eine Gelegenheit, unser Image zu verbessern.“ Viele Leute würden ja beim Wort „Hacker“ immer sofort an Computerkriminalität denken. „Die halten uns für Verbrecher.“
Ulrike von Staehr tut das längst nicht mehr. Eigenhändig aber unter Aufsicht hat sie ihren Toaster wieder zusammengesetzt. Nach Hause geht sie nicht. Sie hat da noch ein Radio, „keine zwanzig Jahre alt“. „Vielleicht“, hofft sie, „kriegen die Jungs das auch noch hin.“ Sebastian setzt den Schraubendreher an. „Hmmmmh.“