Ruhrgebiet. Keine roten Schuhe, kein eigener Fahrer: Der neue Papst Franziskus sieht die Kirche nicht als prunkvolle Institution. Katholische Kirchenmänner aus dem Ruhrgebiet loben die päpstliche Osterbotschaft zu Armut und Demut. Die neue Bescheidenheit passt in die Region.
Als 1965 über 500 Bischöfe den „Katakombenpakt“ schlossen, war einer aus Essen dabei: „Wir werden uns bemühen“, unterschrieb Weihbischof Julius Angerhausen als einer der ersten, „so zu leben wie die Menschen um uns herum... Wir verzichten, auch was Amtskleidung angeht, als Reiche zu erscheinen.“ Es hat danach fast 50 Jahre gedauert, bis dieser Papst kam, ohne rote Schuhe, dafür mit Botschaften der Armut – so lange, dass sie im Revier nun „erst mal durchatmen“, wie Pater Stefan Tertünte in Oberhausen sagt: „Das macht Hoffnung auf eine neue Nähe zu den Menschen.“
Denn als Seelsorger weiß er, wonach diese sich sehnen: „Eine größere Schlichtheit im Erscheinungsbild der Kirche käme den Menschen sehr entgegen.“ Nur glaubwürdig muss sie sein, nicht Strategie, „sondern tiefe Überzeugung“. Wenn sie der Antrieb war, um sich auf den Weg in die Armut zu begeben, ist dann nicht „immer etwas Gutes dabei herausgekommen“? Jesus war doch so, „der hat nicht die Paläste besucht“, dasselbe sagt auch Tertüntes Kollege Tobias Breer aus Duisburg: „Jesus würde nichts anderes tun.“
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Die beiden Patres sind etwa so alt wie der Katakombenpakt, jene Verzichtserklärung, an die sich mancher nun erinnert. Die Bischöfe, hofft zumindest Pater Tobias, „werden zum Nachdenken angeregt“. Es reiche nicht, Franziskus zu bewundern, findet Kollege Tertünte: „Viele überlegen nicht, was das für sie selbst bedeutet. Es genügt nicht, dem armen Heiligen auf der Bühne aus bequemen Sesseln zuzusehen.“ Gerade die deutsche Kirche sei stets einer Bürgerlichkeit nahe gewesen, „die mit Schlichtheit, Armut, Demut nicht viel zu tun hat“.
Kirche hat den Ruf reich zu sein - nur nicht im Ruhrgebiet
Ein „Hofstaat-Gehabe“ hat der Münchner Kardinal Marx, eigentlich Westfale, dem Vatikan in der Karwoche vorgeworfen, die päpstliche Osterbotschaft nannte er eine „heilsame Beunruhigung“. „Es tut der Kirche gut, abzuspecken“, sagt auch Stefan Tertünte, tatsächlich war ja so ihr Außenbild, weiß Pater Tobias: „Die ist reich, die hat doch Geld.“
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Dass das im Ruhrgebiet nicht stimmt, wissen Katholiken längst. Viele Kirchen sind geschlossen, Gemeinden zusammengelegt, in Herz Jesu arbeitet neben Pater Tobias in Büro und Küsteramt kein einziger Festangestellter mehr. Ehrenamtliche halten die Gemeinde am Leben, und der Pater lebt im Kloster – keine Wohnung, die bezahlt werden muss, keine Haushälterin, und der 24-Stunden-Dienst des Pfarrers, normales Einstiegsgehalt um die 3200 Euro, ist unbezahlbar: „Das kein Beruf, das ist eine Berufung.“
So arbeiten viele an der Basis dieser Kirche, die den Weg an den gesellschaftlichen Rand, den Papst Franziskus nun weist, erst finden muss. „Es reicht nicht, Missstände anzuklagen“, sagt Pater Stefan in Oberhausen: „Es ist der eigene Lebensstil, der die Anklage glaubwürdig macht.“
Nicht nur in Duisburg handeln sie schon länger danach. „Wir müssen uns um arme Menschen kümmern“, sagt Pater Tobias, der mit seinem Projekt LebensWert Bedürftige unterstützt. Und was die neue Bescheidenheit angeht: Die Gläubigen, so Tertünte, „wünschen sich eine Kirche, die mit ihnen bespricht, was die Frohe Botschaft sein könnte – und keine, die es schon weiß“.