Fotokünstler Wackerbarth baut ehemaligen Knast zu Wohnung um
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Düsseldorf. . RAF-Terrorist Andreas Baader wurde dort medizinisch behandelt, die Geiselgangster Rösner und Degowski mussten brummen, in Düsseldorfs Ulmer Höh. Jetzt verwandelt der Düsseldorfer Fotokünstler Horst Wackerbarth den Knast in Wohnraum. Er will dort mit Menschen wohnen, die er mag.
Bekannt ist er dafür, dass er schon um die halbe Welt reiste, um Menschen auf seinem roten Sofa zu fotografieren. Alte Menschen, junge, prominente und unbekannte, Menschen jeder Hautfarbe. Nun plant der Düsseldorfer Fotokünstler Horst Wackerbarth ein neues, ein ganz privates Projekt. Mitten in seiner Heimatstadt möchte er auf dem Gelände eines über 100 Jahre alten Gefängnisses ein Wohnprojekt gründen. Auch das zusammen mit Jungen und Alten, mit Menschen eben, die er mag.
Knast und Folter-Kammer
In diesem Knast, der sogenannten Ulmer Höh, saßen schon die Gladbecker Geiselnehmer Rösner und Degowski, wurde RAF-Gründer Andreas Baader nach seiner Festnahme 1972 operiert. In diesen Mauern folterte die Gestapo den Theaterregisseur und KPD-Mann Wolfgang Langhoff. Nun ist das Gefängnis seit einem Jahr verwaist, seine Insassen sind umgezogen in einen Neubau bei Ratingen, und allenfalls Dietmar Bär eilt hier noch bei Dreharbeiten als Kölner „Tatort“-Kommissar mit wehendem Mantel an den Zellentüren vorbei.
Wackerbarth in Duisburg
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Genau hier also sieht Horst Wackerbarth (62) sein Wohnprojekt. Dann, wenn die backsteinernen Gefängnis-Zellen abgerissen sind, der preußische Kreuzbau von 1893 geschleift ist, möchte Wackerbarth hier einziehen. Mit dabei sind über 20 Freunde, Bekannte, Kollegen, alleinstehende und solche mit Familie. Die Idee ist, entweder neu zu bauen oder aber die alte Gefängnis-Kapelle in unterschiedlich große Wohnungen zu verwandeln.
Eigentümer des fünf Hektar großen Geländes mitten in Düsseldorf ist der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW, und der hat bereits mit Hilfe eines Wettbewerbs einen Masterplan entwickelt, der „ein lebendiges Quartier mit unterschiedlichen Wohnformen“ vorsieht. „Geht man durch Düsseldorf, trifft man entweder auf menschenleere Luxusviertel oder auf soziale Brennpunkte. Wohnprojekte wie unsere beleben Stadtteile, weil sie generations- und schichtübergreifend sind“, sagt Wackerbarth.
Wackerbarth will im Alter nicht allein sein
Und tatsächlich wollen die Leute rund um Wackerbarth nicht nur etwas für sich selbst tun, sondern auch für das Viertel. Die bunt gemixte Truppe aus Tänzern, Modedesignern wie pensionierten Lehrern stellt sich vor, die Kirche des Gefängnisses zu bespielen. Mit Konzerten, Aufführungen oder Foto- und Videoinstallationen.
„Ich bin in einem Dorf im Hessischen aufgewachsen. Das war extrem spießig und konservativ, aber man hat sich gegenseitig geholfen, und die älteren Leute kamen nicht ins Heim“, erklärt Wackerbarth. Ihn treibt der Gedanke, im Alter nicht allein sein zu wollen, sondern zusammen mit Leuten, mit denen er sich versteht. Die Vorstellung, mit Leuten zu leben, die man mag, bewegt aber auch die Jüngeren wie die Modedesignerin Annette Tomaschewski (39) und ihren Lebenspartner Edo Gersdorf (43).
„Mir geht es um eine gesunde Mischung von alt und jung, reich und arm“, sagt Gersdorf, ein Einrichter. Und Wackerbarth ergänzt: „Wenn die beiden abends mal weggehen, ist da jemand, der sich um ihr zweijähriges Kind kümmert!“
3000 Quadratmeter benötigen die Wohnprojektler, die eigens eine GbR, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, gründen wollen, um die Fläche zu kaufen. Da sie anders als Investoren keinen Gewinn machen möchten, glauben sie günstiger bauen zu können. Wer über genügend Geld verfügt, gibt das in diese Gesellschaft, die Jüngeren und weniger Vermögenden sollen sich über Kredite beteiligen.
Nachholbedarf bei Wohnprojekten
Wohnprojekte wie diese entstehen bundesweit, manchmal unterstützt von Genossenschaften. Für Horst Wackerbarth hat Nordrhein-Westfalen „da noch großen Nachholbedarf“. Hamburg, München und Freiburg seien viel weiter, die Hansestadt halte eigens Flächen für solche Projekte vor.
Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) NRW jedenfalls zeigt sich ziemlich angetan von der Idee, will für Wackerbarth eine Parzelle reservieren, egal wer letztendlich auf der Ulmer Höh’ baut, so BLB-Sprecherin Christa Bohl.
Wackerbarth und Co. bleiben trotz der positiven Resonanz noch vorsichtig, würden jedoch „am liebsten sofort loslegen!“
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