Essen..
War das ein Kunstjahr! Wer wollte, hatte 2010 immer was zu gucken – am Kanal, entlang der Autobahn, im Keller von Familie Schulz. 2010 war das Jahr der spektakulären Projekte, aber auch der finanziellen Flops. Eine Bilanz mit Gewinnern und Verlierern.
Glänzender Auftakt in Essen: Mit der Eröffnung des Kulturhauptstadtjahrs ging auch das Ruhrmuseum an den Start. 400 000 Besucher kamen im ersten Jahr und übertrafen alle Erwartungen. Der größte Erfolg in 2010 aber war gar kein Kulturhauptstadt-Projekt, sondern das millionenschwere Geschenk der Krupp-Stiftung. Mit dem von David Chipperfield entworfenen Museum Folkwang wurde Essen 2010 Kunsthauptstadt. Mehr als eine halbe Million Besucher machten das Haus zur Marke. Allein die Eröffnungsschau „Das schönste Museum der Welt“ mit der rekonstruierten Sammlung aus der Zeit vor 1933 sahen 336 000 Besucher. Mit dem Besucherrekord ging auch ein Vermittlungsrekord einher: 12 000 Führungen in einem Jahr - „das gab es überhaupt noch nie“, heißt es in Museum.
Stillstand dagegen im Dortmunder U. Monatelang sendete der nördliche Leuchtturm der Kulturhauptstadt vor allem finanzielle SOS-Zeichen. Allein die Sanierung des ehemaligen Kellereihochhauses der Union-Brauerei war statt sechs am Ende 22,5 Millionen Euro teuer. Immer wieder verzögerte sich der Umzug des Museum Ostwall, auch die erste Sonderschau mit Leihgaben aus dem Centre Pompidou startete mit Verspätung. Komplett fertig wird das Kreativzentrum erst 2011.
Ernüchterung auch in Düsseldorf. Die zweite Ausgabe der „Quadriennale“ blieb mit bislang 200 000 Besuchern in zehn beteiligten Museen deutlich hinter den Zahlen von 2006 zurück (380 000). Werner Lippert, Chef des NRW-Forums, ist trotzdem zufrieden: „Der Ruf der Kunststadt Düsseldorf sei neu belebt und im Ausland gefestigt.“ Zu einem hohen Preis. Dem mit fünf Millionen Euro bezuschussten Projekt fehlte diesmal vor allem ein Publikumsmagnet wie 2006 die Caravaggio-Schau. 75 000 Besucher sahen bislang die Beuys-Ausstellung in der wiedereröffneten Kunstsammlung NRW.
Dass der Erfolg nicht bloß an hohen Besucherzahlen festzumachen ist, kann man im Wuppertaler von der Heydt-Museum bestätigen, wo die Bonnard-Ausstellung von Kritikern zur NRW-„Ausstellung des Jahres“ gekürt wurde. Mit bislang 40 000 Gästen bleibt die Schau zwar weit hinter der Monet-Ausstellung (300 000) zurück; weil die Seerosen aber bis März an der Wupper grünten, markiert man 2010 in Wuppertal als „das beste Jahr seit Ewigkeiten“.
Nicht minder zufrieden ist man im Bottroper Museum Quadrat – mit über 40 000 Besuchern und dem Rang als Haus mit dem besten Ausstellungsprogramm in NRW. Die Industriefotografie von Bernd und Hilla Becher und Ad Reinhardts „Letzte Bilder“ fanden ihr Publikum.
Beinahe wäre im Kulturhauptstadtjahr auch eine Schließung zu vermelden gewesen. Das Mülheimer Museum Alte Post bangte nach 101 Jahren im Zuge der städtischen Spardebatten um seine Zukunft. 23 000 Besucher stimmten mit den Füßen ab, 2011 geht es weiter.
Im Duisburger Lehmbruck-Museum hatten sie in diesem Jahr 50 000 Besucher und zwei Aufreger: Alberto Giacometti und seine „Frau auf dem Wagen“ und später den Fotografen Horst Wackerbarth, auf dessen rotem Sofa auch Thilo Sarrazin Platz nahm. Die benachbarte Küppersmühle lockte rund 25 000 Besucher, der Ausbau des Museums verzögert sich weiter bis 2011. In der Oberhausener Galerie Ludwig sahen fast 50 000 Gäste Ausstellungen von der Gartenkunst bis zu Janosch.
Und dann war noch ein Projekt, das 2010 überdauern soll: die RuhrKunstMuseen. 20 Häuser aus 14 Städten suchten die Kooperation. Bestes Ergebnis dieses neuen Miteinanders waren die Collection Tours, die über 15 000 Schüler und 1800 Erwachsene mit auf die geführte Revierkunstreise nahmen. Für die nächsten drei Jahre gibt es noch einmal Fördergelder des Landes, um das Netzwerk dauerhaft zu halten.