Essen. . 2,5 Millionen bezahlte das Land NRW einem Datenhändler. Dafür bekam die Landesregierung eine “Steuer-CD“ mit zahlreichen Daten über Landesbürger, die ihr Geld in der Schweiz anlegten. Nun ist Streit ausgebrochen, wer das Geld bekommt. Denn der Datenhändler ist nicht mehr am Leben.
Nächste Runde im deutsch-schweizerischen Steuersünder- Krimi: Der oberste Schweizer Bundesanwalt Michael Lauber versucht mit allen rechtlichen Mitteln, die 2,5 Millionen Euro zu beschlagnahmen, die die Landesregierung von NRW im März 2010 als „Belohnung“ an den Datenhändler Wolfgang U. zahlte.
U., der sich später in der Haft erhängte, hatte über zwei Jahre mit Hilfe eines Mitarbeiters der Schweizer Großbank Crédit Suisse Daten über 1100 deutsche Steuersünder sowie weitere Kontoinformationen gesammelt und sie an drei Wuppertaler Steuerfahnder verkauft. Dabei sollen die Fahnder nach Berner Ermittlungen auch mindestens zwei bankinterne Powerpoint-Präsentationen angefordert haben, was vor wenigen Wochen zur Ausstellung eines Schweizer Haftbefehls gegen die Wuppertaler Beamten wegen Wirtschaftsspionage geführt hat.
„Deliktsgeld – 2,5 Millionenaus einem Verbrechen“
Nach der Machart eines Thrillers verläuft auch die Jagd der Schweizer Behörden nach den 2,5 Millionen Euro aus der NRW-Landeskasse. Bern hält das Geld für „Deliktsgeld“, also für eine Einnahme aus einem Verbrechen.
Die Summe an U. ist damals vom Chef der Oberfinanzdirektion Rheinland, Ulrich Müting, zur Verschleierung des Daten-Ankaufs auf drei verschiedene Konten im In- und Ausland verteilt worden. 894 000 Euro landeten auf zwei Wertpapier-Verrechnungskonten der Sparkasse Dornbirn in Österreich, 922 000 Euro auf einem Devisen-Eurokonto der amerikanischen GE Money Bank in Prag sowie knapp 700 000 Euro auf einem weiteren der deutschen Sparkasse Hochrhein in Waldshut. Die Aktion betreute der Gocher Notar Armin L..
Deutschland verweigert Zusammenarbeit
Prag und Wien haben erklärt, sie würden auf die Rechtshilfeersuchen der Schweiz hin Maßnahmen zur Beschlagnahme der Konten der GE-Bank und der Sparkasse Dornbirn einleiten. Deutschland verweigert sich bisher einer Zusammenarbeit. Die insgesamt drei eingegangenen und unbeantworteten Rechtshilfeersuchen der Berner Regierung werden immer noch wie heiße Kartoffeln zwischen deutschen Landes- und Bundesbehörden hin- und hergeschoben.
Der Generalstaatsanwalt in Düsseldorf sei zuständig, erklärte das NRW-Justizministerium. Die Generalstaatsanwaltschaft, wo der Star-Ankläger Dirk Negenborn (Fall Franjo Pooth) auch für den Fall Crédit Suisse zuständig war, räumte ein, die Ersuchen an das Bundesamt für Justiz weitergegeben zu haben. Dessen Sprecher sagte, die Papiere seien nach Eingang als „hochpolitisch“ eingestuft und ans Bundesjustizministerium geschickt worden. Dort heißt es, man habe die Unterlagen. Die letzte Entscheidung über Rechtshilfe an die Schweiz müsse aber der Justizminister in NRW treffen. Man sei um eine Stellungnahme gebeten worden. Die werde ausgearbeitet.
Unabsehbare Folgen für die drei Wuppertaler Steuerfahnder
Damit ist der diplomatisch brisante Fall seit der Zusendung des letzten Rechtshilfeersuchens Mitte März kaum vorangekommen. Die Sparkasse Hochrhein muss das Geld zunächst nicht an die Schweizer Staatskasse herausrücken. Es gehört formal den Erben des verstorbenen Wolfgang U. im Tiroler Pitztal oder seiner geschiedenen Ehefrau in der Schweiz.
Unklar ist zudem, was von der Summe auf den drei Konten übrig ist. Der Datendieb und CS-Bankangestellte Sina L. hat einen kleineren Teil erhalten und seiner tschechischen Freundin gegeben, einer Prostituierten. U. selbst soll vor Verhaftung und Selbstmord einen teuren Porsche gekauft haben.
Unabsehbar sind die Folgen der zögerlichen deutschen Antwort für die drei Steuerfahnder, darunter den Leiter der Wuppertaler Steuerfahndung Peter B.. Sie sind in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Derzeit müssen sie mit einer Verhaftung rechnen, sollten sie Schweizer Boden betreten. Weiter zuspitzen würde sich die Sache, wenn die Schweiz einen internationalen Haftbefehl ausstellen würde. Dann würde jede Reise der Fahnder ins Ausland sofort zum Haft-Risiko.