Gladbeck. . Die Gladbecker Bürger entscheiden sich mit 55,9 Prozent der Stimmen klar gegen den A-52-Ausbau. Damit sind auch Ausbaupläne in anderen Städten vorerst gescheitert. Die Autobahn liegt auf Eis.

Selten war die Stimmung so angespannt im Gladbecker Rathaus. Sie entlud sich beim Auftritt des Bürgermeisters in heftigen Zwischenrufen. 12 991 Bürger (55,9 %) hatten gegen den Ausbau der B 224 zur Autobahn gestimmt, 10 255 Gladbecker (44,1%) votierten dafür. Damit ist nicht nur das Gladbecker Teilstück gescheitert mit seinem 1,5 Kilometer langen Autobahntunnel, der Gladbecks Stadtmitte vom Verkehr entlasten und die zerschnittene Stadt wieder vereinen sollte. Auch das Teilstück in Bottrop wird vorerst nicht gebaut, es wäre eine Autobahn ins Nirgendwo.

In diesem Nirgendwo musste Bürgermeister Ulrich Rolands (SPD) gestern Abend das Scheitern seines zentralen Projektes verkünden. „Das ist ein Ergebnis, dass ohne Wenn und Aber zu akzeptieren ist, damit ist das Thema A 52 samt Tunnel vom Tisch“, sagte Roland. „Damit bleibt die Situation wie sie ist.“ Die Ausbau-Gegner, die das Ergebnis laut bejubelt hatten, protestierten darauf lautstark: Sie forderten andere Verkehrskonzepte. Roland betonte indes: „Es gibt keinen Raum für Interpretationen, der Ausbau wird nicht weitergeführt, auch nicht in Bottrop und Essen.“ Angesichts der hohen Wahlbeteiligung von fast 40 Prozent sei das Ergebnis eindeutig. „Die meisten Gladbecker wollen den Ausbau nicht.“

Ein breites Bündnis

Es war der sechste Ratsbürgerentscheid in NRW, der erste in Gladbeck. Und man kann sagen: Er war eine direkte Folge der Proteste um Stuttgart 21. Auch in Gladbeck waren und sind die Fronten verhärtet. Seit Jahrzehnten kämpften Initiativen gegen den Autobahnausbau. Zuletzt hatte ein breites Bündnis aus Umweltschutzverbänden, Siedlungsgemeinschaften, Hauseigentümern, zwei kleineren Parteien und zwei lokalen Bürgerinitiativen sowie weiteren Initiativen aus Essen das Horrorszenario einer „Transitautobahn“ gezeichnet. Sie befürchten durch den Bau eine Verdopplung des Verkehrs auf 70 000 Autos täglich, vor allem eine Zunahme des Schwerlastverkehrs mit allen damit verbundenen Umweltbelastungen – nicht nur in Gladbeck.

In dieser „Gladbeck 21“-Situation entschied die Stadtspitze, den Bürger entscheiden zu lassen. Es war der Versuch sich Legitimation zu holen für das Großprojekt. Ein riskantes Spiel, denn die Stadt hatte mit Bund und Land einen Konsens ausgehandelt. Vereinfacht: Ein Ja aus Gladbeck für insgesamt 110 Millionen Euro von Bund und Land für den Tunnel. Gladbecks Anteil hätte nur bei zwei Millionen Euro gelegen. Darüber stimmten die Bürger ab.

Schlacht der Argumente

Bis zum letzten Tag vor dem Bürgerentscheid fand eine wahre Schlacht der Argumente statt, wurde wie in Kommunalwahlzeiten an Infoständen diskutiert, mit Werbetafeln, Zeitungsanzeigen, Aktionen und Aufrufen geworben. Während SPD-Innenminister Ralf Jäger für die Vorteile des Ausbaus warb, wetterte Ex-NRW-Verkehrsminister Christoph Zöpel gegen eine Autobahn.

Dagegen warben die Stadtverwaltung und zahlreiche Befürworter aus der Politik und der Wirtschaft für die positiven Aspekte des Ausbaus mit dem Tunnel. „Eine historische Chance“ sah Bürgermeister Ulrich Roland darin. Gestern nun musste er seine Niederlage erklären: „Offenbar haben die Menschen Angst vor der langen Bauzeit gehabt, außerdem gibt es wohl zu wenig Vertrauen in politische Zusagen von Bund und Land.“ Das Ergebnis könne er aber als Demokrat „ohne eine Träne nach innen“ akzeptieren.

„Fantastisch, das Wunder von Gladbeck“, äußert sich Meike Maser-Plag vom Bürgerforum, den Ausbaugegnern. „Die Bürger haben sich von unseren Argumenten überzeugen lassen. Jetzt werden wir uns weiter für ein anderes Verkehrskonzept in der gesamten Region einsetzen.“ Tief enttäuscht zeigte sich IHK-Geschäftsführer Peter Schnepper: „Das habe ich nicht für möglich gehalten, Gladbeck hat eine Chance vertan.“