Gladbeck.
Gladbeck sagt Nein zur A 52: Mit einer beeindruckenden Mehrheit von 12 991 Stimmen haben die Gladbecker beim Ratsbürgerentscheid den Ausbau der B 224 zur A 52 samt Tunnel abgelehnt. Mit Ja hatten beim Urnengang, der eine hohe Wahlbeteiligung von 39,99 % hatte, 10 255 Gladbecker gestimmt.
Bürgermeister Ulrich Roland (SPD) verkündete unter Jubel der Ausbaugegner im Ratssaal das vorläufige Endergebnis: 55,88 % Nein-Stimmen, 44,12 % Ja-Stimmen. „Das ist ein Ergebnis, dass ohne Wenn und Aber zu akzeptieren ist, damit ist das Thema A 52 samt Tunnel vom Tisch“, sagte Roland. Heftige, fast tumultartige Protestrufe wurden laut, als er hinzufügte: „Damit bleibt die Situation wie sie ist.“ Das wollten die Gegner so nicht akzeptieren, noch am Wahlabend forderten sie andere Verkehrskonzepte. Roland betonte indes: „Es gibt keinen Raum für Interpretationen, der Ausbau wird nicht weitergeführt, auch nicht in Bottrop und Essen.“ Angesichts der hohen Wahlbeteiligung sei das Ergebnis klar und eindeutig. „Das ist eine deutliche Sprache, die meisten Gladbecker wollen den Ausbau nicht.“
Das Ergebnis hatte sich schon sehr früh angekündigt: Vom ersten Zwischenresultat an, die vom Amt für Wahlen und Statistik in den Ratssaal übertragen wurden, waren die Nein-Stimmen vorn. Mit jeder neuen Auszählung eines Stimmlokals festigte sich das Ergebnis. Die Mienen der zahlreichen Besucher spiegelten die Spannung und Nervosität wider, die hohe Anspannung lag in der Luft.
Um 18.12 Uhr hatten die ersten Ergebnisse aus den Wahllokalen das Rathaus erreicht. Um 18.29 Uhr wurde dann das benötigte Quorum von 8731 Stimmen von der „Nein“-Seite erreicht. Um 18.39 Uhr überschritten die „Ja“- Stimmen das Quorum, nach Auszählung von 66 der 72 Stimmbezirke. Aber erst um 19.36 Uhr stand das vorläufige Endergebnis fest.
Im WAZ-Gespräch nannte der Bürgermeister Ulrich Roland als Grund für die deutliche Ablehnung Angst und Misstrauen: „Offenbar haben die Menschen Angst vor der langen Bauzeit gehabt, außerdem gibt es wohl zu wenig Vertrauen in politische Zusagen von Bund und Land.“ Roland, der den zur Abstimmung gestellten Kompromiss mit Bund und Land federführend ausgehandelt hatte, zeigte sich vom für ihn überraschenden Ergebnis enttäuscht, angesichts der hohen Wahlbeteiligung und der eindeutig hohen Nein-Stimmenzahl könne er das Ergebnis als Demokrat aber „ohne eine Träne nach innen“ akzeptieren. Die Entscheidung des Rates, den Bürgerentscheid durchzuführen, bleibe richtig, „auch wenn wir eine andere Erwartung hatten.“
Die Ausbaugegner feierten indes das Votum der Bürger, zeigten sich aber ebenso von dem eindeutigen Nein überrascht. „So eindeutig habe ich das nicht vermutet, die Gladbecker sind offenbar sehr vernüftig“, sagte MdL Ralf Michalowsky (Die Linke). Linke-Ratsfraktionschef Olaf Jung: „Die Autobahn ist damit tot, die Gladbecker haben Chancen und Risiken bewertet.“
„Fantastisch, das Wunder von Gladbeck“, äußert sich Meike Maser-Plag vom Bürgerforum fast überwältigt. „Die Bürger haben sich von unseren Argumenten überzeugen lassen.“ Mit dem Ende der Ausbaupläne für die B 224 auf Gladbecker und damit auch Bottroper Gebiet sei die Arbeit der Initiativen im Netzwerk jedoch keinesfalls erledigt. „Jetzt werden wir uns weiter für ein anderes Verkehrskonzept in der gesamten Region einsetzen. Die Mobilitätswerkstatt macht weiter.“
IHK-Geschäftführer Peter Schnepper war tief enttäuscht: „Das habe ich nicht für möglich gehalten, Gladbeck hat eine Chance vertan.“ IHK-Präsident Dr. Benedikt Hüffer sagte: „Es wurde die Möglichkeit vertan, die Attraktivität des Standortes zu erhöhen und die Stadtentwicklung voran zu treiben.“
„Gut, dass wir den Bürgerentscheid gemacht haben. Wir haben dem Steuerzahler viel Geld erspart.“ Bei aller Enttäuschung übers Ergebnis, MdL und Fraktionschef Michael Hübner (SPD) ist überzeugt,, dass das Instrument Bürgerbeteiligung funktionier“. Was das Ergebnis anbelangt, sei das „Thema durch, es kommt erst gar nicht zu einem weiteres Verfahren. „Die Städtebauförderungsmittel sind damit morgen schon woanders.“
„Schade, eine Chance vertan“ hätten die Gladbecker, so sieht es CDU-Ratsherr s Peter Rademacher, der gleich die Frage nach der „richtigen Informationspolitik des Bürgermeisters“ stellt. Anerkennen müsste man aber die Möglichkeit der direkten Demokratie durch die Bürgerentscheid.
Bahtiyar Ünlütürk, Vorsitzender des Integrationsrates, sagte, „wir müssen mit dem Ergebnis leben, der Bürger hat gesprochen.“ Mit dem Nein sei aber eine Chance für die Stadt vertan worden. Die Politik müsse nach Ursachen suchen.
„Die Leute haben nicht nur auf den Tunnel geguckt, sondern auch davor und dahinter“, sagte Olaf Jung, Ratsherr und Fraktionschef der Linken und Mitglied im A-52-Bürgerforum. Die Partei hat für die heutige Ratssitzung schon einen Antrag für eine Mautpflicht von Lkw auf der B 224 vorbereitet. Damit wollen sie den Verkehr reduzieren.
„Angenehm überrascht“ ist Gerhard Dorka, Fraktion Soziale Liste und seit Jahren aktiv in der Initiative „Stoppt A 52“. „Aber wir triumphieren nicht“, fügt er hinzu. „Es war mutig vom Bürgermeister, den Bürgerentscheid durchzuführen. Jetzt ist der Weg frei für neue Verkehrskonzepte.“
FDP-Parteivorsitzende Christine Dohmann sagte, die hohe Wahlbeteiligung sei ein Gewinn für die Demokratie, das Ergebnis aber „eine Katastrophe für die Stadt und die Region“. Die Investitionsmittel fließen nun woanders hin, auf keinen Fall blieben sie in der Region, „und wir stehen weiter im Stau“. Offenbar seien im Land keine Großprojekte mehr zu realisieren.
CDU-Landtagskandidat Andreas Willmes findet das Ergebnis „schlecht für die Umwelt und die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt“. Gladbeck habe eine gute Gelegenheit vertan, voranzukommen. Nun werde die Stadt mehr Verkehr erhalten. „Es ist nötig, nach den Ursachen zu forschen, auch die Informationspolitik der Stadt muss hinterfragt werden.“