Berlin. Servicefirmen verwalten den digitalen Nachlass von Verstorbenen – vom Facebook-Profil bis zum E-Mailkonto. Hinterbliebene erhalten Informationen über die Spuren, die der Verstorbene im Netz hinterlassen hat. Bisweilen ein schwieriges Unterfangen.

„Oh, daran habe ich ja noch nie gedacht.“ Diesen Satz hört Birgit Aurelia Janetzky häufig, wenn sie anderen von ihrer Arbeit erzählt. Die Trauerbegleiterin kümmert sich um den digitalen Nachlass von Verstorbenen. Im Jahr 2010 hat sie dafür das Freiburger Unternehmen Semno gegründet. „Wenn Menschen sterben, hinterlassen sie heutzutage meist unzählige virtuelle Datenspuren“, sagt sie.

Angehörigen helfe man, diese aufzuspüren und zu verwalten. Bisweilen sei das ein schwieriges Unterfangen. Häufig befinden sich Werte im digitalen Erbe, von denen die Angehörigen nichts wissen – beispielsweise ein Guthaben bei einem Bezahldienst wie PayPal oder ein unveröffentlichtes Manuskript in einem Online-Speicher. Selbst hinter einem Avatar, einer Spielfigur in einem Computerspiel, können sich materielle Werte verbergen. Nämlich dann, wenn dieser in der virtuellen Umgebung Geld verdient hat, das sich im realen Leben in echte Münzen umwandeln lässt, wie es beispielsweise in der 3D-Welt SecondLife möglich ist. „Alle Informationen bleiben auch nach dem Tod im Internet erhalten“, so Janetzky, „Benutzerprofile auf sozialen Netzwerken wie Facebook oder StudiVZ genauso wie E-Mail-Konten oder Mitgliedschaften bei Kochportalen.“

Analyse der Computer-Hardware

139 Euro kostet bei Semno die Analyse der Hardware eines Computers, bei der ein Gutachten erstellt wird. Hinterbliebene erhalten Informationen über die Spuren, die der Verstorbene im Netz hinterlassen hat. Mit dem Gutachten in der Hand entscheiden sie, ob Semno in die virtuellen Fußstapfen treten und beispielsweise Facebook-Profile löschen oder Daueraufträge kündigen soll. Spuren aus der virtuellen Welt zu radieren, ist nicht immer einfach – vor allem dann nicht, wenn das Passwort fehlt. „Können wir bei einer Internet-Plattform den Zugangscode nicht ermitteln, sind wir auf die Hilfe des Seitenbetreibers angewiesen“, sagt Janetzky. Leider gebe es immer wieder Probleme mit dem Service der Anbieter, so dass die Löschung eines Profils schon einmal mehrere Wochen dauern könne. Hin und wieder komme man überhaupt nicht weiter, zum Beispiel, wenn man ein E-Mail-Konto löschen möchte, das Passwort nicht zu ermitteln ist und auch der E-Mail-Dienstbetreiber nicht helfen kann. Passwörter spielen in der digitalen Welt eine wichtige Rolle. Sie sind der Schlüssel zu Online-Foren, Auktionsportalen oder E-Mail-Konten. „Jeder sollte irgendeine Form für sich selbst finden, wie er sie sicher dokumentiert“, so Janetzky. Ein Notizbuch, eine Excel-Datei auf einem USB-Stick oder ein spezielles Passwortprogramm könne das sein, aber bloß keine Datei auf dem Computer, die vielleicht auch noch den Titel „Passwörter“ trage. Denn durch den Einsatz von Schadsoftware können sich Betrüger leicht Zugang zu dieser Datei verschaffen.

Passwörter dem Notar geben

Am sichersten ist es, Passwörter in einem Umschlag beim Notar zu hinterlassen, empfiehlt der Hightech-Verband Bitkom. Inzwischen gibt es auch einige Firmen, die sich darauf spezialisiert haben, die für den Todesfall wichtigsten Passwörter und Dokumente zu speichern. Zu ihren Vorreitern zählen amerikanische Datenvererbungsdienste wie legacylocker.com oder assetlock.com. Selbst wenn Anbieter umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen haben, so der Verband, sollten Nutzer darüber nachdenken, ob sie derart sensible Daten einem Dienstleister überlassen. Dass Wichtiges nicht in falsche Hände gerät, sichert Semno seinen Kunden zu. „Unsere Dienstleistung und Abläufe sind von einem externen TÜV-zertifizierten Datenschutzbeauftragten überprüft“, sagt die Geschäftsführerin.