Essen. . NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens stellt klar, dass der Handel mit E-Zigaretten in NRW verboten ist, aber niemanden schert es. Das Geschäft brummt weiterhin. Fast nirgendwo wird das Verbot überwacht. Ein Zustand, der noch bis zum Sommer andauern dürfte.

Die Liste der Geschmacksrichtungen liest sich wie im Eissalon, und zwar einem besonders gut geführten: Haselnuss, Vanille, Tropic, Kiba, Capuccino, Tabak, Eierlikör . . . Tabak? Tabak, und zwar in mehreren Aromen: Denn hier wird kein Eis verkauft, sondern die E(lektrische)-Zigarette. „Die meisten Leute mischen sich ein Tabak-Aroma darunter“, sagt Sven Müller, Mitinhaber des Ladens „e-smokers-queen“ in Bochum – wer will schon, um mal weitere E-Geschmäcker aufzuzählen, „Ingwer“ pur rauchen oder „Käsekuchen“?

Wobei, sie sagen nicht „rauchen“, sie sagen „dampfen“. Dampfen ist das neue Rauchen: Das eigentliche Haushaltskleingerät E-Zigarette erhitzt eine Flüssigkeit in seinem Innern, die einen Geschmack enthält und, wenn man will, Nikotin; durchs Erhitzen entsteht Dampf, und der wird dann inhaliert. „Ich hab’ 24 Jahre geraucht, zuletzt zweieinhalb Packungen Gauloises am Tag“, sagt Rainer Clausen, auch Inhaber. Nun dampft er: „Nach drei Wochen hab’ ich gemerkt, ich krieg’ wieder besser Luft, und ich komm’ morgens besser raus.“

Doch vielleicht ist es mit dem Laden, mit der ganzen jungen Branche bald wieder vorbei: Denn für NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) ist der Verkauf illegal. Und die E-Zigarette eine Gesundheitsgefahr. „Die sollen das nachweisen, bevor sie verbieten“, sagt Müller: „Da haben sich ja Leute was aufgebaut, da hängen Existenzen dran.“

1,2 Millionen Deutsche ziehen an der E-Zigarette

Denn im Schatten der anwachsenden Tabakrauchverbote ist die E-Zigarette plötzlich ein Massenprodukt geworden, an dem angeblich schon 1,2 Millionen Deutsche ziehen – und das ist nur der Wert von Mittwoch. Sie wird beworben als gesündere und billigere Alternative zum Tabak, ja als Anfang vom Ausstieg; sie wird verkauft in Fachgeschäften und am Kiosk. „Das brummt bis zum Gehtnichtmehr“, sagt Thilo Heuser, Anwalt aus Schwelm, der verschiedene E-Händler vertritt. Doch ob die E-Zigarette eine Zukunft hat, das weiß man nicht so recht. Mit einem Erlass vor Weihnachten wollte die Ministerin die Lage klären („Handel und Verkauf von E-Zigaretten . . . sind gesetzlich verboten“), hat aber vor allem Verwirrung angerichtet.

Was ist das schließlich für ein lachhaftes Verbot? Es droht mit Gefängnis, aber zugleich sieht man in besten Innenstadt-Lagen die neuen Läden. Und Frauen, die man bisher arglos einschätzte als die netten Damen aus der Lottostelle, sind offenbar kaltblütige Übeltäter – hängen sie doch E-Reklamen auf wie: „Hier erhältlich!“ „Jetzt neu!“ Der Widerspruch führt so weit, dass Menschen an Theken diskutieren, ob man im Restaurant eine E-Zigarette anzünden darf (nein). Und was ist überhaupt in den Wagen der Bahn? Auch nichts Neues.

Keine Aufforderung zum Handeln

Freilich sei der Erlass der Ministerin keine Aufforderung zum Handeln gewesen, so ein Sprecher, sondern nur die Darstellung der Rechtslage. Kontrollieren und unterbinden müssten Kreise und Kommunen. Tun sie aber nicht, fast alle nicht. Man stimme sich noch mit dem Land und anderen Städten ab, teilt etwa Bochum mit, und suche eine Lösung, die dem Gesundheitsschutz und dem Interesse der Händler diene. E-Anwalt Thilo Heuser erklärt sich die Tatenlosigkeit so: „Im Sommer entscheidet die EU. Wenn die Behörden jetzt den Verkauf verbieten, und die EU erlaubt ihn, dann kommen da Schadenersatzforderungen in zweistelliger Millionenhöhe.“

Denn 60 bis 70 Euro kostet allein das Starter-Paket. Geschmäcker und Nikotin sind dann aber deutlich billiger als Tabak. „Von mir aus kann der Staat eine Steuer draufsetzen, wenn das die Lösung ist“, sagt Müller, der Händler. Für die 60 Euro zum Start bekommt man ein wahres Technologie-Paket: zwei E-Zigaretten (damit man weiterdampfen kann, wenn der eine Akku leer ist), dazu mehrere Mundstücke, Akku, Ladegerät und die dringend nötige Bedienungsanleitung. Und natürlich den Adapter – für den Zigarettenanzünder im Auto.