Essen. Stellen Sie sich die Fläche von 15 Sportplätzen vor. So groß ist das Areal, das jeden Tag in Nordrhein-Westfalen bebaut wird. Auf diese Weise gehen täglich etwa 11,5 Hektar Boden verloren. Jedes Jahr kommt so eine Fläche in der Größe der Stadt Schwerte zusammen. Bundesweit sind in den vergangenen zehn Jahren durchschnittlich 110 Hektar oder 147 Sportplätze täglich zugebaut worden. Bislang ist es nicht gelungen, den Flächenverbrauch effektiv einzudämmen.

Stellen Sie sich die Fläche von 15 Sportplätzen vor. So groß ist das Areal, das jeden Tag in Nordrhein-Westfalen bebaut wird. Auf diese Weise gehen täglich etwa 11,5 Hektar Boden verloren. Jedes Jahr kommt so eine Fläche in der Größe der Stadt Schwerte zusammen. Bundesweit sind in den vergangenen zehn Jahren durchschnittlich 110 Hektar oder 147 Sportplätze täglich zugebaut worden. Bislang ist es nicht gelungen, den Flächenverbrauch effektiv einzudämmen.

Dabei gilt Boden wie Wasser und Luft als wertvolle Ressource. „Wir brauchen Boden nicht nur zum Anbau von Nahrungsmitteln und nachwachsenden Rohstoffen“, erklärt Prof. Harald Zepp, Geograph an der Bochumer Ruhr-Uni. „Der Boden ist auch Heimat von seltenen Pflanzen- und Tierarten.“ Wälder und Parks dienen zudem vielen Menschen als Naherholungsgebiete. Heute gibt es in NRW nur noch im Rothaargebirge und in Ostwestfalen drei unzerschnittene Landschaftsräume, die größer als 100 Quadratkilometer sind.

Experte rechnet mit stärkeren Überschwemmungen

„Der Boden hat aber auch eine ganz praktische Aufgabe als Wasserspeicher“, ergänzt Zepp. „Je mehr Fläche wir zubetonieren, sprich versiegeln, desto häufiger müssen wir mit Überschwemmungen und Hochwasser rechnen.“ Das bedeutet: „Mit dem hohen Flächenverbrauch verbauen wir uns wortwörtlich unsere Zukunft“, warnt der Wissenschaftler.

Äcker und Weiden, also landwirtschaftliche Fläche, sind besonders bedroht. Jede Sekunde verschwinden an Rhein und Ruhr zwei Quadratmeter. Das hat der Westfälisch-Lippische Bauernverband ausgerechnet. „Die Landwirte sind doppelte Verlierer“, sagt Wilhelm Deitermann vom Umweltministerium. Ihre Fläche verschwindet nicht nur durch Bebauung. Für jede bebaute Fläche muss Ersatz geschaffen werden. Wird irgendwo ein Stück Wald abgeholzt, müssen an anderer Stelle neue Bäume gepflanzt werden. Das geschieht meist auf landwirtschaftlicher Fläche.

Ohne Eingreifen gibt es in 264 Jahren keine Felder mehr

Zwar hat der Flächenverbauch in den vergangenen Jahren tendenziell leicht abgenommen. Geht die Entwicklung allerdings so weiter wie bisher, gäbe es bei zwei verlorenen Quadratmetern pro Sekunde in 264 Jahren keine Felder und Koppeln mehr.

Die Gründe für den hohen Flächenverbrauch sind vielfältig. „Viele Kommunen weisen immer neue Gewerbegebiete aus“, sagt Dirk Jansen vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Ein Beispiel ist der geplante NewPark im Kreis Recklinghausen. Auf der grünen Wiese zwischen Datteln und Waltrop sollen sich flächenintensive Industrieunternehmen auf 140 Hektar ansiedeln.

Aber auch der Traum vom eigenen Häuschen im Grünen trägt dazu bei, dass an Ortsrändern Neubausiedlungen entstehen. Neue Straßen und Einkaufszentren wiederum verbinden und versorgen die Menschen. Die Folge: Innenstädte veröden, weil Flächen brach liegen. Abnehmende Bevölkerungszahlen aufgrund des demographischen Wandels beschleunigen diesen Prozess.

„Ein Gewerbegebiet an sich bringt noch keine Arbeitsplätze“, mahnt Naturschützer Jansen. „Viele sind zudem nicht ausgelastet.“ Er plädiert deshalb dafür, Brachflächen zu recyclen. Wissenschaftler Zepp nennt das „intelligente Mehrfachnnutzung.“ Als gutes Beispiel gilt das Univiertel in der Essener Innenstadt. Es ist auf dem Gebiet eines ehemaligen Güterbahnhofs entstanden.

Naturschützer fordert Abschaffung der Pendlerpauschale

Seit 2006 gibt es die Initiative „Allianz für die Fläche“. Mitglieder sind verschiedene Einrichtungen, wie das Umweltministerium, die Architektenkammer NRW und das Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung. Bei Tagungen diskutieren die Fachleute, wie der Flächenverbauch reduziert werden kann. Das Ziel: 2020 sollen „nur“ noch fünf Hektar Boden pro Tag verloren gehen. „Es muss etwas passieren“, sagt Wilhelm Deitermann vom Umweltministerium. Das soll nach dem „Prinzip der Freiwilligkeit“ geschehen. Denn die Planungshoheit liegt bei den Kommunen. Sie sollen von sich aus auf die Entwicklung der Innenstädte setzen.

In Fröndenberg wird eine Wiese bebaut. Foto: Birgit Kalle
In Fröndenberg wird eine Wiese bebaut. Foto: Birgit Kalle © WP

Ob freiwillige Maßnahmen ausreichen, ist allerdings fraglich. Dirk Jansen vom BUND glaubt nicht, dass der Flächenverbrauch so eingedämmt werden kann. „Am besten wären planungs- und genehmigungsrechtliche Vorgaben.“ Der Naturschützer fordert: „Die Pendlerpauschale ist eine Zersiedlungsprämie. Solche Anreize müssen gekappt werden.“ Er plädiert auch dafür, eine Abgabe für Bodenversiegelung einzuführen. Jeder, der eine Wiese zubetoniert, müsste dann dafür zahlen.