Duisburg. 121 Beschäftigte hatte das Katholische Klinikum Duisburg in diesem Januar betriebsbedingt gekündigt - obwohl die Klinikleitung zuvor allen Mitarbeitern eine Art Jobgarantie bis zum Jahresende gegeben hatte. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigungen jetzt zurückgewiesen. Nach Einschätzung der Gewerkschaft Verdi ein Urteil von großer Bedeutung - auch für andere Betriebe.

Für 121 Mitarbeiter im Katholischen Klinikum Duisburg (KKD) war es ein Schock, der sie kurz nach den Weihnachtstagen im vergangenen Dezember traf: Die Klinikleitung sprach ihnen die außerordentliche, betriebsbedingte Kündigung aus. 31 Beschäftigte wollten das nicht einfach hinnehmen und zogen vor Gericht. Jetzt war der Fall erstmals vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf. Die dortigen XII. Kammer sprach ein klares Urteil: Die Kündigungen sind nichtig.

Für Gerichtsvizepräsident Georg Göke ist das Urteil zwar keine Blaupause für andere Fälle, aber als ein wichtiges Urteil über die Krankenhaus-Branche hinaus schätzt Göke den Richterspruch doch ein. Weil es um die Frage geht, inwieweit Betriebe Mitarbeiter betriebsbedingt kündigen dürfen, wenn dort vereinbart ist, dass man solche Kündigungen ausschließe. Im Fall des KKD hatte die Mitarbeitervertretung mit der Klinikleitung ausgehandelt, dass die insgesamt 2300 Beschäftigten auf ihr Weihnachtsgeld verzichten, die Klinik hatte daraufhin zugesichert, dass alle Arbeitsplätze bis Ende 2011 vor betriebsbedingten Kündigungen gesichert seien.

Verdi: Urteilt setzt Unternehmen bei betriebsbedingten Kündigungen Grenzen

Im Dezember 2010 aber war das hinfällig. Die Geschäftsführung sah die Klinik kurz vor der Insolvenz. Folge: Der Jobgarantie sei die "Geschäftsgrundlage" entzogen. Die Ende 2010 in Kraft getretene Tariferhöhung im öffentlichen Dienst "bedeutet eine Personalkostensteigerung von 5,9 Millionen Euro für unser Unternehmen. Das ist Geld, das wir nicht haben", hieß es damals von der Geschäftsführung. Zudem hätte die Bistums-Bank weitere Kredite für das Klinikum an die Bedingung geknüpft, dass zuvor Mitarbeiter entlassen würden. Das Landesarbeitsgericht wies die Argumentation jetzt jedoch kühl zurück: "Den Anforderungen an eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung genügte der Sachvortrag der Beklagten nicht".

Nach Einschätzung der Gewerkschaft Verdi ist das Urteil "von großer Bedeutung", sagt Gewerkschaftssekretär Harald Hüsges: "Weil es Unternehmen im Falle von betriebsbedingten Kündigungen Grenzen setzt". Gerichtsvizepräsident Georg Göke betont allerdings, dass eine Unternehmens-Insolvenz sehr wohl arbeitsrechtlichen Vereinbarungen "die Geschäftsgrundlage" entziehen kann, also Kündigungen in solchen Fällen nicht generell ausgeschlossen sind.

Von den 121 Gekündigten im KKD - alle aus dem Verwaltungsbereich und etwa als Pförtner, im Reinigungsdienst oder den Werkstätten tätig - wird nur ein kleiner Teil weiterhin in der Klinik beschäftigt sein: 60 seien Anfang des Jahres in eine Transfergesellschaft gewechselt, 30 hätten Aufhebungsverträgen zugestimmt, sagt Verdi-Mann Hüsges. Von den jetzt verhandelten Berufungsklagen würde letztlich sechs Beschäftigte weiter für die Klinik arbeiten. Acht weitere Fälle werden am 30. November vor dem Landesarbeitsgericht verhandelt. Dort erwartet man nicht, dass sich die Rechtssicht der Kammer in den kommenden Tagen grundlegend ändert.

Das Katholische Klinikum wird unterdessen in neue Eigner übergehen. Die Helios-Gruppe aus Berlin will die zum KKD gehörenden Krankenhäuser übernehmen. Entlassungen sind dabei laut Verdi nicht geplant. Harald Hüsges: "Helios hat betriebsbedingte Kündigungen bis zum Jahr 2014 ausgeschlossen".