Duisburg/Dortmund. . Schüsse in Rheinhausen, Schlägerei Marxloh, Großrazzia in Dortmund - die Polizei kämpft an zahlreichen Fronten gegen die Kriminalität. Doch mangels Personal könne sie nach Ansicht der Gewerkschaft oft nur reagieren statt agieren.
Schüsse in Duisburg-Rheinhausen, Schlägerei und Massenauflauf in Duisburg-Marxloh – dazu Schutzgelderpressungen und Gewalt rund um den Straßenstrich in der Dortmunder Nordstadt – die schockierenden Nachrichten der vergangenen Tage aus verschiedenen Stadtteilen in Ruhrgebiets-Städten beherrschen die Schlagzeilen in diesen Tagen.
Im Gespräch mit DerWesten ordnen Experten der Polizei-Gewerkschaft die Ereignisse ein: „Mit Sicherheit war es auch ein bisschen Zufall, dass wir kurz hintereinander so große Einsätze in Rheinhausen und Marxloh hatten“, sagt Weert Albers, GdP-Vorsitzender in Duisburg. Deshalb handele es sich auch nicht um ein typisches Duisburg-Problem. Solche Vorfälle könne es in allen Stadtteilen geben, wo der Migranten-Anteil wesentlich größer ist, als mancher zugestehen will.
„Wir können nur reagieren, aber nicht agieren“
Um der Lage in Problemvierteln tatsächlich Herr zu werden, fehle der Polizei allerdings das Personal für konzentrierte dauerhafte Aktionen: „Da ist derzeit kein Land in Sicht. Wir können nur reagieren, aber nicht agieren“, findet Weert Albers offene Worte. „Wir haben seit 2007 in Duisburg 50 Beamte abgegeben, die uns vor allem auch bei den Besetzungen von Streifenwagen fehlen“, so Albers. Für wirksame Maßnahmen müsse die Polizei über einen längeren Zeitraum in der Szene Präsenz zeigen.
Dazu hat sich gerade die Polizei in Dortmund entschieden: In der Nordstadt bauen Beamte derzeit einen massiven Kontrolldruck – etwa mit einer Großrazzia – auf die Kriminalitäts-Szene rund um den Straßenstrich auf. „Wir haben die Einsatzkräfte verstärkt und auch der Zoll ist vor Ort“, erläutert Werner Dominke von der Gewerkschaft der Polizei in Dortmund.
„Die Situation in der Nordstadt ist so lange beherrschbar, wie man rigoros vor Ort einschreitet.“ Aber auch Dominke sieht die Gefahr, den Druck nicht ewig aufrecht halten zu können: „Für diese Aktionen brauchen wir genügend Polizeibeamte. Dann stellt sich die Frage, ob dieser Bedarf über den Einsatz von Steuergeldern gedeckt werden soll. Das ist ein politisches Problem“, betont der Gewerkschaftler.
Mehr Lehrstellen könnten Probleme lösen
Dominke regt nicht nur deshalb eine stärkere politische Diskussion über das Thema an: „Man muss sich fragen, warum es in gewissen Stadtteilen so große Leerstände gibt, die dann automatisch bei Migranten großes Interesse hervorrufen.“ Sein Duisburger Kollege Albers sieht ebenfalls den Schlüssel zur Problembewältigung in einer gelungenen Integration: „Wenn die Jugendlichen nach dem Schulabgang eine Lehrstelle finden würden, hätten wir die Probleme in dieser Form nicht“.
Das Sicherheitsgefühl der in Duisburg lebenden Menschen schätzt Weert trotz der Ereignisse in den vergangen Tagen als unverändert ein. „Die neueste Kriminalitätsstatistik hat ergeben, dass man in Duisburgs Stadtmitte wesentlich gefährdeter ist als in Marxloh“, sagt der Experte. Deshalb brauche auch keiner Angst haben, sich in Problemvierteln zu bewegen. „So lange man die Kreise der Kriminellen nicht stört, ist die Gefahr nicht größer als anderen Orten.“
Mindeststrafe für Gewalt gegen Polizisten
„Es dürfen einfach keine No-Go-Areas entstehen“, fordert Stephan Hegger, Pressesprecher der GdP in NRW. Hier bestehe die Gefahr, dass mangels Personal Polizisten aus einem Gebiet vertrieben werden und dann das Recht des Stärkeren herrsche. Ein großer Schritt, um der Polizei mehr Rückendeckung bei ihren Einsätzen in Problemvierteln zu geben, sei eine Verschärfung der Strafen bei Angriffen auf Beamte. „Das ist kein Kavaliersdelikt. Dafür muss es eine Mindeststrafe geben“, so Hegger. Eine dementsprechende Gesetzesinitiative wurde vom Bundesland Sachsen bereits initiiert.
Weiterhin sollte es in jeder Kommune ein auf die örtlichen Bedingungen zugeschnittenes präventives Entwicklungskonzept unter Beteiligung von Politik, Vereinen, Schulen, Polizei und Religionsgemeinschaften geben, sagt GdP-Pressesprecher. Der politische Wille dazu sei meist vorhanden, aber ein solches Konzept gebe es bisher nur in wenigen Kommunen: „Denn dafür müssten Polizeibeamte von anderen Aufgaben freigestellt werden – das scheitert vielerorts noch am mangelnden Personal“, bedauert Hegger.