Essen/Dortmund. .

Viele Landwirte fürchten nach dem Dioxin-Skandal einen Imageverlust und hohe finanzielle Schäden. Und keiner weiß, wie sich solche Fälle in Zukunft verhindern lassen.

Die Dame von der Landwirtschaftskammer bedauert. „Von den betroffenen Bauern möchte niemand reden.“ Nicht hier, nicht heute. „Die haben anderes zu tun“, sagt die Dame. Eier einlagern zum Beispiel. Oder jemanden finden, der Proben entnimmt. Damit es endlich Klarheit gibt, ob das Dioxin tatsächlich auch ihren Hof heimgesucht hat. „Manche Kollegen“, fürchtet Karl Bröker, Kreislandwirt für das westliche Ruhrgebiet, „könnten schon bald um ihre Existenz kämpfen.“

Obwohl sie nichts falsch gemacht haben. Und manchmal vielleicht sogar, obwohl es ihren Betrieb gar nicht „erwischt“ hat. „Die Sperrungen sind ja nur vorsorglich“, warnt Bröker vor Panik. „Die Befürchtungen müssen ja nicht immer zutreffen.“ Da könnte er Recht behalten. So lag bei 15 von 18 untersuchten Höfen in Niedersachsen die Dioxin-Menge in den Eiern unterhalb der erlaubten Höchstgrenze, wie das zuständige Landwirtschaftsministerium mitteilte.

Bauernverband verlangt Schadenersatz

Deshalb drängt die Zeit. „Die Hühner hören ja nicht auf, Eier zu legen“, sagt Bröker, der selbst Bullen züchtet. Aber ohne entsprechendes Zertifikat sind sie kaum noch zu verkaufen. Auch die Hähnchen wachsen weiter und damit irgendwann über die genormten Größen der Ställe hinaus. Für einen Hähnchenmäster mit beispielsweise 40 000 Tieren, hat ein Kreislandwirt in Niedersachsen ausgerechnet, könne sich schon nach vier, fünf Tagen ein Verlust von 120 000 Euro ergeben. 40 000 Tiere sind nicht viel. Und Proben werden nicht in einer Stunde untersucht. Tage wird es dauern, vielleicht sogar eine Woche. „Der Ansturm auf die Labore ist riesig“, weiß Bröker.

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Von DerWesten

Der Deutsche Bauernverband verlangt bereits Schadenersatz von den Verursachern. Dabei lässt sich der Schaden noch gar nicht beziffern. „Das wäre derzeit reine Spekulation“, sagt Wilhelm Hoffrogge, Vizepräsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) und selbst Eierproduzent in Dötlingen bei Oldenburg. Deshalb möchte er vorerst nur eine grobe Schätzung abgeben: „Es sind Riesenschäden, die wir erwarten.“

„Wir sind Opfer“, ärgert sich Kreislandwirt Bröker. Und Heinrich Glitz, Kreislandwirt des Ruhr-Lippe-Kreises bestätigt: „Die Bauern sind mal wieder die Gelackmeierten.“ Selbst wenn sie aktuell nicht von Sperrungen bedroht sind. Ja selbst, wenn sie gar keine Hühner züchten, sondern Schweine oder Rinder. Die kriegen ja schließlich auch Futter. Möglicherweise belastetes Futter. Und unabhängig von der tatsächlichen Belastung „ist das wie damals bei BSE“, fürchtet Bröker. „Das hat Folgen für die ganze Branche.“ Auch Glitz spricht von „Imageverlust“. Und den deckt keine Versicherung ab.

Mehr Kontrollen

Aber was sollen sie tun, was fordern? „Wenn am Anfang der Wertschöpfungskette ein derart grober Fehler passiert, dann weiß man auch nicht mehr so recht weiter“, räumt Hoffrogge ein. „Wir können ja nicht selbst Analysen durchführen, bevor wir das Futter in die Tröge kippen“, ergänzt Karl Bröker. „Wir müssen uns auf die Kontrollen der Behörden verlassen können.“ Immerhin: Dieses Mal kennen sie das schwarze Schaf, das wieder einmal eine ganze Branche in Verruf gebracht hat. „Die Rückverfolgbarkeit der Produkte ist ein Fortschritt“, findet Heinrich Glitz. Ob sie den Bauern hilft, ist unklar. „Wer weiß, ob da was zu holen ist.“

Keiner. Und keiner weiß, wie sich solche Fälle in Zukunft verhindern lassen. „Noch mehr Kontrollen“, fordert Bröker. „Aber auf anderen Ebenen“, ergänzt Glitz. „Man muss viel früher ansetzen. Bei bei den Futtermittelproduzenten.“ Eine Garantie für einwandfreie Ware ist aber selbst das nicht. „Wenn kriminelle Energie ins Spiel kommt“, ahnt Glitz, „kann man nichts mehr machen.“