Essen. Louise Brown war das erste Baby „aus dem Reagenzglas“. Heute ist künstliche Befruchtung Alltag. Nur die Eizellspende ist verboten. Warum?

  • 1978 wurde das erste „Retortenbaby“ der Welt geboren: Luise Brown.
  • Heute ist Reproduktionsmedizin in Deutschland Alltag.
  • Trotz großer Nachfrage haben Paare in NRW kaum noch Chancen auf die Förderung einer Kinderwunschbehandlung. Hier lesen Sie die Gründe dafür: Kinderwunschbehandlung: Neue Probleme für verzweifelte Paare
  • Auch die Eizellspende ist in Deutschland weiterhin verboten. Das kritisieren viele Medizinerinnen und Mediziner.

Am 25. Juli 1978 kam Louise Brown per Kaiserschnitt zur Welt. Das Foto des kleinen Mädchens aus der Nähe von Manchester prangte weltweit auf den Titelseiten der Zeitungen. Denn Browns Geburt war eine medizinische Sensation: Sie war das erste „Retortenbaby“. Also das erste Kind weltweit, das nach einer künstlichen Befruchtung geboren wurde.

Luise Browns Mutter Lesley konnte auf natürlichem Wege nicht schwanger werden. Nach jahrelangen, erfolglosen Versuchen setzten die Browns ihre letzte Hoffnung in eine damals noch völlig neue Methode: die künstliche Befruchtung. 1969 war dem Physiologen Robert Edwards und dem Gynäkologen Patrick Steptoe schon die erste In-vitro-Fertilisation einer menschlichen Eizelle gelungen, also die erste Befruchtung außerhalb des Körpers.

Nobelpreis für Erfindung der künstlichen Befruchtung

Neun Jahre später waren es dieselben zwei Mediziner, die Lesley Brown eine Eizelle entnahmen, diese im Reagenzglas befruchteten und dann der Mutter wieder einsetzten. Der Embryo wuchs heran. Luise wurde kerngesund geboren.

Weitere Texte zum Thema Kinderwunschbehandlung lesen Sie hier:

32 Jahre nach Luise Browns Geburt erhielt Robert Edwards für die Erfindung der künstlichen Befruchtung den Medizinnobelpreis. Sein Kollege Patrick Steptoe war zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben.

Luise Browns Geburt war 1978 eine Sensation: Sie war das erste „Retortenbaby“ weltweit.
Luise Browns Geburt war 1978 eine Sensation: Sie war das erste „Retortenbaby“ weltweit. © picture alliance/dpa | Ben Birchall

„Heute sitzt in jeder Grundschulklasse mindestens ein Kind, das aus einer Kinderwunschbehandlung hervorgeht“, sagt Stefan Dieterle vom Kinderwunschzentrum Dortmund. Medizinische Zentren wie seins bieten heute Paaren Unterstützung, die auf natürlichem Wege nicht schwanger werden können. Die umgangssprachlich auch Befruchtung im Reagenzglas genannte Methode ist dabei eine von vielen Möglichkeiten.

Eine Form der künstlichen Befruchtung ist jedoch in Deutschland illegal: die Eizellspende. Dabei werden einer unfruchtbaren Frau mit Kinderwunsch die Eizellen einer Spenderin eingesetzt. Das ist in vielen europäischen Ländern, zum Beispiel in Frankreich, Spanien oder den Niederlanden, legal – in Deutschland allerdings seit 1990 durch das Embryonenschutzgesetz verboten.

+++ Kennen Sie unseren Familien-Newsletter? Hier anmelden – und Freizeit-Tipps und vieles mehr erhalten +++

Mediziner wie Dieterle fordern schon lange ein neues Gesetz. „Das Embryonenschutzgesetz ist sehr alt, die medizinische Entwicklung hat seitdem aber nicht Halt gemacht. Daher ist es dringend notwendig, dass ein modernes Fortpflanzungsmedizingesetz geschaffen wird, das die Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin zum Wohl der Paare regelt“, sagt er.

>>> Lesen Sie auch: „Mein Partner will kein Kind“: Bleibt nur die Trennung?

Kritikerinnen und Kritiker, darunter vor allem kirchliche Verbände, befürchten hingegen eine Ausbeutung der Spenderin sowie ein gesundheitliches Risiko. Zurzeit überprüft die Bundesregierung das Verbot der Eizellenspende. Ende März 2024 soll die dafür einberufene Kommission ihre Ergebnisse vorstellen.

Gründe ich eine Familie? Weitere Texte zum Thema gibt es hier: