Dortmund. Das Kinderwunschzentrum Dortmund hilft Paaren, die auf natürlichem Wege nicht schwanger werden. Ablauf, Risiken, Kosten: Was sie wissen müssen.

  • In Deutschland ist jedes siebte Paar ungewollt kinderlos. Wenn der Wunsch nach dem eigenen Baby nicht so einfach erfüllt werden kann, versprechen Kinderwunschzentren Hilfe.
  • Doch wann ist eine Kinderwunschbehandlung sinnvoll? Wie genau läuft sie ab, was kostet sie? Und wie hoch ist die Chance, so doch noch schwanger zu werden?
  • Darüber hat Sophie Sommer mit Stefan Dieterle, dem Leiter des Kinderwunschzentrums in Dortmund, gesprochen.
  • Trotz großer Nachfrage haben Paare in NRW kaum noch Chancen auf die Förderung einer Kinderwunschbehandlung. Hier lesen Sie die Gründe dafür: Kinderwunschbehandlung: Neue Probleme für verzweifelte Paare

Wann sollte man ein Kinderwunschzentrum aufsuchen?

Stefan Dieterle: Wenn der Kinderwunsch trotz regelmäßiger Bemühungen ein Jahr lang nicht erfüllt wird. In der Regel ist es so, dass die Frau dann zuerst mit ihrem Frauenarzt oder ihrer Frauenärztin spricht. Der Mann kann einen Urologen aufsuchen. Dort können dann erste Schritte unternommen werden und es kann nach Ursachen gesucht werden. Wir als Kinderwunschzentrum setzen meist da an, wo der Frauenarzt oder der Urologe aufhört – suchen also gegebenenfalls noch weiter nach der Ursache und starten mit der Behandlung.

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Was sind die häufigsten Ursachen für einen unerfüllten Kinderwunsch?

Bei der Frau können das zum einen Hormonstörungen sein. Sie machen sich meist durch einen unregelmäßigen Zyklus bemerkbar. Zum anderen sind es häufig Eileiterprobleme. Dass die Eileiter verschlossen sind, kann zum Beispiel durch eine Chlamydien-Infektion sehr leicht geschehen. Betroffen davon sind oft auch Endometriose-Patientinnen. Beim Mann findet man hingegen häufig keine Erklärung, warum zu wenig bewegliche Spermien vorhanden sind.

Dortmunder Arzt: Stress führt nicht zu unerfülltem Kinderwunsch

Sind Frauen oder Männer häufiger betroffen?

Bei 40 Prozent aller Fälle kann die Frau keine Kinder bekommen, bei 40 Prozent der Fälle liegt es am Mann. Bei den restlichen 20 Prozent ist die Ursache unbekannt. Viele Paare denken, dass es am Stress liegen könnte. Klar ist Stress gesundheitlich gesehen nie gut. Aber er führt nicht zu einem unerfüllten Kinderwunsch.

Sind heutzutage mehr Paare als früher ungewollt kinderlos?

Auf jeden Fall. Viele Paare wollen heute erst später Eltern werden. Das Problem ist: Die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden, nimmt ab 38 Jahren deutlich ab. Ab 40 Jahren wird es richtig schwer. Die meisten Paare kommen aber erst mit Mitte 30 zu uns ins Kinderwunschzentrum.

Stefan Dieterle leitet das Kinderwunschzentrum in Dortmund.
Stefan Dieterle leitet das Kinderwunschzentrum in Dortmund. © Dortmund | Ralf Rottmann

Behandeln Sie manche Paare auch nicht, weil sie zu alt sind?

Eine fest vorgeschrieben Altersgrenze gibt es nicht. Aber ab 45 Jahren raten wir der Frau in der Regel von einer Behandlung ab. Generell kann ich daher nur an Paare appelieren: Kommt lieber zu früh als zu spät! Ich weiß, dass es nicht allen leicht fällt, überhaupt zu einem Kinderwunschzentrum zu gehen und sich einzugestehen, dass es auf anderem Wege nicht funktioniert. Viele empfinden das als Versagen. Diese Ängste wollen wir ihnen nehmen.

Wie läuft eine Behandlung ab?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die abhängig von der Ursache sind. Zum einen kann die Frau eine Hormonbehandlung machen. Ist das Hormonsystem im Ungleichgewicht, können die Eizellen nicht richtig wachsen oder der Eisprung wird gestört. Also können die Frauen Hormone nehmen, entweder in Form von Tabletten oder Spritzen. So wird die Reifung der Eizellen gefördert.

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Wenn das nicht hilft oder eine andere Ursache vorliegt, gibt es die assistierte Befruchtung. Man kann dabei zum Beispiel die Samenzelle mit einem Schlauch direkt in die Gebärmutterhöhle einführen. So kommen die Samenzellen näher an die Eizelle, die Schwangerschaft kann also leichter eintreten. Wenn das nicht zum Erfolg führt, gibt es die Möglichkeit, dass man die Eizellen entnimmt. Das passiert meist unter einer kurzen Vollnarkose. Die Eizellen werden dann außerhalb des Körpers mit den Samenzellen in Kontakt gebracht. Und wenn das auch nicht geht, kann man, sozusagen als letzte Maßnahme, die Samenzelle direkt in die Eizelle einführen. So kommt es dann meistens doch zur Befruchtung.

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Meistens? Wie viele Paare bekommen trotz Kinderwunschbehandlung kein eigenes Kind?

Wenn ein Paar zu uns kommt und fragt: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir eines Tages erfolgreich sind? Dann kann man sagen: Bis zu 80 Prozent. Aber nicht pro Behandlung. Es kommt sehr auf die Behandlung an. Die Geburtenrate pro Versuch liegt laut dem Deutschen IVF-Register bei rund 23 Prozent. Geduld ist also sehr wichtig.

Was ist, wenn es trotz etlicher Versuche nicht klappt? Wann raten Sie einem Paar dazu, die Behandlung abzubrechen?

Das kommt tatsächlich relativ selten vor. Viele Paare brauchen eher Ermutigung, weiterzumachen. Sie geben auf, bevor ihre medizinischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Das hat psychologische Gründe. Es ist schwierig, mit der Enttäuschung fertig zu werden, wenn ein Behandlungsversuch nicht erfolgreich war. Viele wollen dann keinen erneuten Versuch wagen. Dafür haben wir natürlich Verständnis, weil es generell eine schwierige Phase für die Paare ist. Deshalb arbeitet in unserem Team auch eine Psychologin, die ihnen zur Seite steht.

Kosten für Kinderwunschbehandlung sind individuell

Abgesehen von der psychischen Belastung: Gibt es auch körperliche Nebenwirkungen?

Das ist von Frau zu Frau sehr unterschiedlich. Durch die Hormone kann es zu leichten Unterbauchschmerzen kommen, weil sich die Eierstöcke vergrößern. Aber es ist sehr selten, dass daraus echte Komplikationen entstehen. Dann kann es natürlich bei der Entnahme der Eizellen – wie bei jedem anderen Eingriff auch – zu Verletzungen oder Entzündungen kommen.

Wie teuer ist eine Kinderwunschbehandlung?

Dazu muss man wissen, dass die gesetzlichen Krankenkassen drei Behandlungen mitfinanzieren. Allerdings nur unter bestimmten Bedingungen: Das Paar muss verheiratet sein, beide müssen mindestens 25 Jahre alt sein. Die Frau darf höchstens 39 Jahre alt sein, der Mann höchstens 49 Jahre alt. Dann übernimmt die Krankenkasse mindestens 50 Prozent. Außer bei lesbischen Paaren, da zahlen sie gar nichts.

Der Eigenanteil für ein heterogenes Paar bei der teuersten Methode, der Befruchtung außerhalb des Körpers, liegt bei 1200 bis 1400 Euro. Wie viel Paare pauschal zahlen, lässt sich nicht sagen. Mal klappt es beim ersten Mal, bei anderen reichen auch vier Behandlungen nicht aus. Das ist ganz individuell.

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