Dortmund. Immer mehr Städte im Ruhrgebiet verbieten die Mitnahme von E-Scootern im ÖPNV. Warum sie die kleinen Roller für gefährlich halten.

Duisburg und Düsseldorf machten den Anfang. Dortmund zog wenig später ebenso nach wie Essen und Velbert. Vom 1. März an ist dort die Mitnahme von E-Rollern in Bussen und Stadtbahnen verboten. In Bochum, Gelsenkirchen, Herne und Witten gilt das Verbot ab 1. April. Weitere Städte dürften folgen. Die ÖPNV-Anbieter reagieren damit auf eine Empfehlung des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV).

Hamburg, London und Madrid haben längst Verbote

Diese Empfehlung hat der VDV aufgrund eines Gutachtens gegeben, mit dem die Hamburger Hochbahn die Studiengesellschaft für Tunnel und Verkehrsanlagen (STUVA) beauftragt hatte. Dort war man beunruhigt, nachdem die Lithium-Ionen-Akkus von E-Scootern in London, Barcelona und Madrid Brände in U-Bahnen ausgelöst hatten. Durch die starke Rauchentwicklung seien gesundheitsgefährdende Schadstoffe frei geworden. In allen drei Städten - wie auch seit Monaten schon in Hamburg - gilt mittlerweile ein Mitnahmeverbot für die elektrischen Roller. Betroffen sind sowohl private als auch Mietroller. Für elektrisch angetriebene Rollstühle und E-Bikes gilt das Verbot dagegen nicht. .

Mit dem E-Scooter durch die Stadt und dann mit dem Bus nach Hause - geht vielerorts bald nicht mehr
Mit dem E-Scooter durch die Stadt und dann mit dem Bus nach Hause - geht vielerorts bald nicht mehr © picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte

Daniel Hahne, Bereichsleiter Brandschutz und Sicherheit bei der STUVA, der das Gutachten erstellt hat, kann erklären, warum das so ist. Vereinfacht gesagt, weil elektrische Fahrräder unter anderem der Norm DIN EN 50604-1 unterliegen. Das heißt, sie werden viel genauer auf ihre Akku-Sicherheit hin überprüft. E-Roller gelten dagegen als „Elektrokleinstfahrzeuge“. „Dafür wird eine spezielle Norm zurzeit erst noch entwickelt“, sagt Hahne. Es sei nicht auszuschließen, dass die Akkus einiger E-Roller bereits jetzt die DIN-Norm erfüllen würden. Sie sind nur noch nicht daraufhin geprüft worden, weil sie bisher nicht geprüft werden müssen. Das soll sich allerdings mittelfristig ändern

Aktueller Fall aus Dortmund

Wie gefährlich möglicherweise minderwertige Akkus sein können, weiß die Feuerwehr von New York schon lange. Dort gab es im letzten Jahr mehr als 220 Brände, die dadurch ausgelöst wurden. Und nach Angaben der chinesischen Regierung waren schon zwischen 2013 und 2017 Batterien von Elektrofahrrädern für mehr als 10.000 Brände im Land verantwortlich. Auch im Rest der Welt steigen die Zahlen. Was auch daran liegt, dass die Akkus nicht mehr nur in Fahrrädern und Rollen stecken, sondern – vom Smartphone über Drahtlos-Kopfhörer bis hin zu Spielzeug – längst zum Alltag gehören. Erst am Dienstag entzündete sich in einem Keller in Dortmund ein E-Scooter beim Laden. „Das kommt immer wieder vor“, weiß Oliver Körner, Sprecher der Dortmunder Feuerwehr.

E-Bikes dürfen weiterhin mitfahren.
E-Bikes dürfen weiterhin mitfahren. © picture alliance / photothek | Thomas Trutschel

Besonders beliebt sind die Lithium-Ionen-Akkus wegen ihrer hohen „Energiedichte“, also der Menge der Energie, die sie auf einer bestimmten Fläche speichern können. Ein Vorteil, der im Unglücksfall zum Nachteil wird. Denn dann entwickelt die komprimierte Energie buchstäblich Sprengkraft. Wird der Akku etwa beschädigt, entlädt er sich schlagartig. Im Zusammenspiel mit Sauerstoff entflammt er und kann sogar explodieren. So geschehen 2016, als Samsungs Galaxy Note 7 bei Fluglinien einige Zeitlang von Bord verbannt wurde, weil der Akku einiger Exemplare in die Luft gegangen war.

Feuerwehr: „Man darf das nicht unterschätzen“

Doch selbst wenn solch ein Akku nur qualmt, ist die Gefahr groß, wie Körner weiß. „Man darf das nicht unterschätzen.“ Er erinnert sich an die „wirklich große Halle“, einer Firma, in der sich in einer Ecke der E-Akku eines Rollers entzündet hatte. „Da war schnell die ganze Halle verraucht. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie das in einem Zug ist.“

Das wollen sich die ÖPNV-Betreiber auch nicht. „Beim Ausweichen dieser Rauchgase müssten wir unverzüglich alle Fahrgäste aus dem Fahrzeug evakuieren“, sagt DSW21-Betriebsleiter Ralf Habbes. Dies ist aber weder in den Stadtbahn-Tunneln noch im Busverkehr zu jeder Zeit an jedem Ort unmittelbar möglich. Auch wenn es in Deutschland zum Glück noch keinen Fall in einem Fahrzeug des ÖPNV gab, sei das Verbot deshalb „alternativlos“. Ähnlich argumentieren die anderen ÖPNV-Anbieter im Revier. Wer sich nicht an das Verbot halte, heißt es überall, werde des Zuges oder Busses verwiesen.

DSW21: „Haben uns Entscheidung nicht leicht gemacht“

„Wir haben uns diese Entscheidung wirklich nicht leicht gemacht“, so Habbes weiter. „Denn wir wissen natürlich, dass einige Fahrgäste die E-Tretroller in unseren Fahrzeugen mitnehmen, um damit im Anschluss ihre restliche Wegstrecke zurückzulegen. Das ist im Sinne der Verkehrswende grundsätzlich auch eine sinnvolle Kombination klimafreundlicher Verkehrsmittel. Wenn es aber um eklatante Sicherheitsrisiken geht, die von allen Fachleuten einheitlich bewertet werden, müssen wir im Sinne der Fahrgäste eine konsequente Regelung treffen. Dafür bitten wir um Verständnis.“

Bei der Bahn beibt alles beim alten. Auch E-Scooter dürfen mit
Bei der Bahn beibt alles beim alten. Auch E-Scooter dürfen mit © Getty Images | amriphoto

Grundsätzlich warnen Experten aber vor Panik in Sachen Akkus – egal in welchem Bereich. Bei sachgerechter Handhabung gehe von Li-Ionen-Akkus kein außergewöhnliches Brandrisiko aus, heißt es beim Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung. Die Technik sei „in dieser Hinsicht alltagstauglich“. Das sieht die Deutsche Bahn offenbar ähnlich. „Derzeit gibt es keine Planungen“, erklärt das Unternehmen, „die geltenden Beförderungsbedingungen zu ändern.“

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