Ruhrgebiet. Das Wetter war im Juli deutschlandweit so gar nicht sommerlich – darunter leidet auch die Eventbranche. Doch nicht jeden stört das Regenwetter.
Regen, Sturm und Temperaturen, die die 20-Grad-Marke seit Wochen kaum übersteigen – den Sommer in NRW haben sich viele Menschen wohl anders vorgestellt. Für manch einen bedeutet das schlechte Wetter allerdings nicht nur schlechte Laune sondern auch finanzielle Verluste. Wer unter dem schlechten Wetter besonders leidet und wer hingegen sogar profitiert, lesen Sie hier.
Bauern in NRW befürchten hohe Verluste bei der Ernte
Bauern
Erst war es zu trocken, jetzt ist es viel zu nass – die Bauern sehen ihre Getreideernte in Gefahr. Susanne Schulze-Bockeloh ist Vize-Präsidentin des Bauernverbandes und spricht im WDR davon, dass in manchen Regionen Deutschlands in diesem Sommer ein Totalausfall bei der Getreideernte drohe.
Ganz so schlimm wird es bei Florian Westerhoff zwar nicht, aber auch der Bochumer Bauer fürchtet für seinen Betrieb enorme Einbußen. Sorge macht ihm vor allem die Weizenernte. „Man sieht auf dem Weizenfeldern momentan vielerorts einen schwarzen Schimmer, das ist ein Pilzbefall“, sagt er. Die Folge: Der Weizen kann nicht mehr an Bäckereien verkauft werden, ist nur noch als Schweinefutter nutzbar.
Um weiteren Pilzbefall zu verhindern, müsste der Weizen dringend geerntet werden – dafür sollte er aber trocken sein. Solange das nicht der Fall ist, verliert Westerhoff pro Tag ein bis zwei Prozent seiner Ernte. Er rechnet mit 20 Prozent Verlust in diesem Sommer. Wie viel Geld er dadurch verliert, sei noch nicht absehbar. „Dafür müssen wir abwarten, welche Qualität unser Weizen hat und zu welchem Preis wir ihn am Ende verkaufen können.“
Festivals
Schlamm und Regen sind beim „Wacken“ nichts Neues. Das legendäre Heavy-Metal-Festival in der Nähe von Hamburg ist für seine nassen Camping-Plätze bekannt. Doch der Dauerregen der letzten Wochen stellt selbst die Wacken-Veranstalter vor Probleme. Wegen der verschlammten Wege und den aufgeweichten Campingplätzen gibt es seit Mittwochmorgen einen Einlassstopp. Rund 85.000 Besucher wurden erwartet, nun müssen etwa 30.000 von ihnen die Heimreise antreten.
Nicht das einzige Open-Air-Event, das unter dem Regen leidet. Zu Regenstiefeln rät Veranstalter Mattia Rübenstrunk auch denjenigen, die an diesem Wochenende den Ruhr Reggae Summer in Mülheim besuchen wollen. Zumindest ein verschlammtes Festivalgelände drohe aber laut Veranstalter in den Ruhrauen nicht.
Freibäder
„Wir hoffen auf einen warmen und wetterbeständigen August“, sagt ein Sprecher der Wasserwelten Bochum, dem Betreiber der Bochumer Freibäder. Verständlich, denn der verregnete Juli macht sich in den Besucherzahlen der Freibäder bemerkbar. 105.210 Badegäste besuchten in diesem Jahr bis zum 31. Juli die Bochumer Freibäder, vor einem Jahr waren es zum selben Zeitpunkt knapp 2900 Besucher mehr.
Maßnahmen wie in Duisburg, wo sich die Stadt entschieden hat, das Freibad Homberg aufgrund des anhaltend schlechten Wetters vorübergehend zu schließen, gebe es in Bochum zumindest nicht. Aushilfskräfte mussten ebenfalls nicht entlassen werden.
Talsperren und Pflanzen profitieren vom Dauerregen
Indoor-Spielplätze
Sie gehören ganz klar zu den Gewinnern des schlechten Wetters – die Betreiber von Indoor-Spielplätzen. Denn pünktlich zu den Sommerferien in NRW verschlechterte sich das Wetter zunehmend. Keine guten Voraussetzungen für einen Tag im Freibad oder den Besuch im Zoo. Das freute Besitzer von Indoor-Spielplätzen und Trampolinhallen, wie Marco Nowak bestätigt. Er ist der Parkmanager der Trampolinhalle „Jump XL“ in Witten und bemerkt seit zwei Wochen einen regelrechten Besucherboom: „Hier ist seit rund zwei Wochen die Hölle los, im positiven Sinne.“
Talsperren
„Wir freuen uns über den Wasserzulauf. Wenn es regnet, bekommen wir unseren Rohstoff frei Haus geliefert und können ihn speichern“, sagt Markus Rüdel vom Ruhrverband in Essen, der acht Talsperren im Einzugsgebiet der Ruhr betreibt - das größte Talsperrensystem in Deutschland. „Die Talsperren waren durch einen feuchten Winter und ein nasses Frühjahr schon vor dem Regenwetter gut gefüllt, damit hätten wir auch einen sehr trockenen Sommer gut überstanden“, meint Rüdel.
Auch interessant
Aktuell sind die Talsperren zu 87 Prozent gefüllt, der Füllstand liege damit knapp sieben Prozent über dem langjährigen Mittelwert. Derzeit führe die Ruhr zwar mehr Wasser als normalerweise, „doch von einem mittleren Hochwasser sind wir noch weit entfernt“.
Gewässer
Bilder von ausgetrockneten Flussbetten gab es bislang nicht. Bäche und Flussläufe sind derzeit gut gefüllt, die aquatischen Ökosysteme können sich erholen. „In den letzten Jahren gab es in den Sommermonaten wegen hoher Wassertemperaturen und dem daraus folgenden Sauerstoffmangel in manchen Fließgewässern große Fischsterben“, erklärt Bernd Sures, Professor für Aquatische Ökologie an der Uni Duisburg-Essen.
Nur langsam könnten sich Lebensgemeinschaften an und in den Gewässern davon erholen. Dies blieb in diesem Sommer bislang aus. „Der Regen füllt die Gewässer, das sorgt für mehr Sauerstoff und kühlt die Wassertemperatur“, sagt Sures. Starke Regengüsse erzeugten aber stets nur eine kleine „Flutwelle“ in den Bächen, die rasch wieder abfließe. „Nur bei einem durchgehenden Wasserfluss können sich Lebensgemeinschaften erholen und stabil bleiben.“
Kinos
Für die Kinos im Ruhrgebiet könnte es gerade nicht besser laufen. Schlechtes Wetter und dazu zwei Filme, die Filmfans in Scharen vor die Leinwände locken. Oppenheimer und Barbie wären vermutlich auch bei Sonnenschein gut besucht gewesen, wie Kinomitarbeiter vermuten, aber der verregnete Sommer verstärkt den Hype. Nadine Breuer, Sprecherin der UCI-Kinowelt im Bochumer Ruhrpark sprach zuletzt sogar vom „erfolgreichsten Sommerwochenende seit 2011.“ Bei den mitunter pinken und rosafarbenen Kostümen der Besucher lässt sich das schlechte Sommerwetter zumindest für zwei Stunden vergessen.