Essen. Der Personalmangel an NRW-Schulen belastet Lehrer und Eltern stark. Immer öfter kommt es zwischen ihnen zu Konflikten. Was Eltern berichten.

Durch die Personalnot an Schulen kommt es immer häufiger zu Konflikten zwischen Lehrkräften und Eltern. Vor welchen Problemen stehen sie? Wie kommt der Plan der Landesregierung an, „unbegründete Teilzeit“ im Kampf gegen Lehrermangel einzuschränken? Eltern aus NRW erzählen in diesem Artikel von ihren Erfahrungen. (Lesen Sie hier auch über die Erfahrungen der Lehrer: „Viele Eltern vertrauen uns nicht“.)

Sören (43) aus Witten, Vater: „Bevor mein Sohn die Grundschule wechselte, hat er zuletzt mit Ohrenschützern in der Klasse gesessen. Nur so konnte er seine Aufgaben erledigen, während ein paar seiner Mitschüler über Tische und Bänke gestiegen sind.

Ich kann die Überforderung vieler Lehrkräfte gut nachvollziehen. Wie soll man bei 30 Schülern, die teilweise keine Lust auf Unterricht haben, individuelle Betreuung leisten? Hinzu kommt die ganze Bürokratie. Da scheint es gar nicht möglich, sich auf das Kerngeschäft fokussieren zu können.

Vater aus NRW: „Auch wir Eltern sind überfordert“

Aber auch wir Eltern sind mit der Situation überfordert. Wir müssen die Kinder nachmittags zu Hause noch einmal zusätzlich beschulen. Mit einem meiner Söhne musste ich die Mathestunde noch mal von vorn durchgehen. Für mich war das in Ordnung, aber ich kann mir vorstellen, dass das nicht alle Eltern leisten können. Bei mir wird es zum Beispiel beim Fach Französisch eng.

In der Corona-Zeit haben sich meine Söhne trotz der widrigen Umstände in der Schule verbessert. Das lag daran, dass sie im Homeschooling eine Eins-zu-eins-Betreuung von mir bekommen haben. Aber auch das ist nicht immer leistbar.

>>>Lesen Sie auch: Streit um Lehrer-Teilzeit: Was ändert sich wirklich?

Für mich liegt der Fehler im System. Schule hat heute andere Herausforderungen als früher – und muss deshalb neu gedacht werden. Die Einschränkung der ,unbegründeten Teilzeit’ halte ich dabei für wenig sinnvoll, weil ich denke, dass sie die Lehrer noch mehr überfordert. Besser wären mehr Sozialarbeiter an den Schulen. Und was die Bildung und Erziehung der Kinder betrifft: Da müssen Eltern und Lehrer mehr an einem Strang ziehen.“

„Fast jede Woche fehlt eine Lehrkraft“

Wida (39), Mutter, Bochum: „Fast jede Woche fehlt bei meiner Tochter auf dem Gymnasium eine Lehrkraft, irgendjemand ist immer krank. Manchmal ist es so, dass ein Lehrer zwei Klassen gleichzeitig betreuen muss. Und da er ja nicht zeitgleich in zwei Räumen unterrichten kann, werden die Kinder oft mit Arbeitsblättern zurückgelassen.

In der Klasse meiner Tochter gab es schon häufiger Unruhen oder kleinere Unfälle. Den gesamten Stoff musste ich anschließend zu Hause mit ihr nacharbeiten. Deshalb kann ich verstehen, dass die Schulministerin mit Einschränkung der ,unbegründeten Teilzeit’ gegen den Lehrkräftemangel kämpfen will.“

Mutter aus NRW: „Vonseiten des Klassenlehrers finden keine Gespräche statt“

Nadine (38), Mutter aus Essen: „Ich habe Whatsapp-Sprachnachrichten von meinem Sohn bekommen, während er von seinen Mitschülern in die Ecke gedrängt und bedroht wurde. Da habe ich die nervige Mutter gespielt und zigmal in der Realschule angerufen.

Vonseiten des Klassenlehrers findet keine Kommunikation statt, selbst online gibt es keine Elterngespräche. Ich habe nie herausgefunden, ob und welche Konsequenzen es für die Mitschüler meines Sohnes gegeben hat.

„Kinder telefonieren im Unterricht oder werfen mit Steinen“

Von meinem Sohn bekomme ich mit, dass einige Mitschüler im Unterricht telefonieren, sich die Nägel lackieren oder mit Steinen werfen. Ich verstehe nicht, warum die Lehrer das nicht unter Kontrolle bekommen.

Bei der Grundschule, auf die mein jüngerer Sohn geht, ist das anders: Sie ist digital gut aufgestellt, auf jede Frage gibt es eine fixe Antwort. Wenn es Probleme gibt, etwa Streitereien mit Mitschülern, sprechen die Lehrkräfte uns frühzeitig an und versuchen, für alle die beste Lösung zu finden.“