Essen. / Gelsenkirchen. Ein blutiger Streit im Drogenmilieu ist vom Gericht zum Teil als Notwehr eingestuft worden. Das erspart einem Gelsenkirchener die Haft.

Der Gelsenkirchener Gökhan D., der auf seine Drogendealer eingestochen hatte, ist nicht wegen versuchten Totschlags verurteilt worden. Am Freitag gestand das Essener Schwurgericht dem 44-Jährigen zum Teil Notwehr zu und erkannte lediglich auf gefährliche Körperverletzung. Ein Jahr und zehn Monate Haft mit Bewährung bekam er dafür.

Es war ein blutiger Streit im Drogenmilieu. Laut Anklage hatte Gökhan D. Schulden bei seinen 24 und 26 Jahre alten Dealern. Auf der Ringstraße sollen sie ihn am 3. Juli 2022 angesprochen und aufgefordert haben, das Geld zurückzuzahlen. In dem lautstarken Streit soll er ein Messer gezogen und es schräg von oben nach unten über den Oberkörper seines ersten Opfers gezogen haben. 40 Zentimeter lang war die Wunde und fünf Zentimeter tief.

Todesdrohung ausgestoßen

Weil der zweite Mann auf die andere Straßenseite gelaufen war, setzte Gökhan D. ihm nach und verletzte ihn an der Hand. Ein dritter Mann hatte sich eingeschaltet, so dass der Angeklagte das Weite suchte. Allerdings drohte er zunächst: "Ich werde euch töten."

Gökhan D. hatte sich schon bei der Polizei auf Notwehr berufen und blieb dabei auch vor Gericht. Er hatte eingeräumt, aus medizinischen Gründen Cannabis zu benötigen. Dieses habe er tatsächlich bei den beiden Männern gekauft. Am Tattag hätten sie ihn auf Schulden angesprochen, von denen er nichts wisse, und seien sehr aggressiv auf ihn zugegangen.

Aus Angst zum Messer gegriffen

In seiner Angst habe er zum Messer gegriffen. Töten wollte er die beiden nicht, sagte er. Auch in seinem letzten Wort betonte er am Freitag, er hoffe, dass sie wieder richtig gesund werden.

Die auf versuchten Totschlag lautende Anklage hatte sich auf die Version der beiden Opfer gestützt. Das Schwurgericht folgte aber in der Vorgeschichte der Tat dem Angeklagten. Richter Jörg Schmitt rügte im Urteil die Aussagen der Opfer und regte Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Falschaussagen an.

Notwehr mit Messer gerechtfertigt

Er betonte, dass der Angeklagte sich durch das aggressive Auftreten der beiden Männer bedroht fühlte. Deshalb sei es gerechtfertigt, sich auch mit einem Messer zur Wehr zu setzen. In diesem Punkt sei er freizusprechen. Dass er dem anderen Mann hinterhergelaufen sei, werde nicht mehr von der Notwehr gedeckt. Dafür habe das Gericht ihn verurteilt.

Staatsanwältin Birgit Jürgens war zwar auch vom versuchten Totschlag abgerückt, hatte aber viereinhalb Jahre Haft für gefährliche Körperverletzung beantragt. Verteidiger Volker Schröder hatte von Notwehr sowie Notwehrexzess gesprochen und Freispruch beantragt.

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