Essen./Hattingen. Für eine Beute von nicht einmal zwei Euro hatte er den 71-jährigen Hattinger ermordet. Dafür bekam Raphael L. jetzt lebenslange Haft.

Für nicht einmal zwei Euro Beute musste der 71 Jahre alte Hattinger sterben. Brutal ermordet durch neun Hiebe mit einem Vorschlaghammer auf den Kopf. Für diese Tat ist laut Urteil des Essener Schwurgerichtes Raphael L. (45) verantwortlich. Wegen Mordes verurteilte es ihn am Donnerstag zu lebenslanger Haft.

Die Richter ersparten ihm aber die strafschärfende Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, die Staatsanwältin Sarah Erl zusätzlich zur lebenslangen Haft beantragt hatte. Dies begründeten sie mit dem Verhalten des Angeklagten, der nach der Tat Gewissensbisse gezeigt und sich mit Hilfe zweier Nachbarn bei der Polizei gestellt hatte.

"Sehr erbärmliche" Wohnsituation

"Ohne diesen Schritt wäre die Tat nicht aufzuklären gewesen", würdigte Richter Jörg Schmitt das Vorgehen des gebürtigen Ungarn. Er war erst Anfang des Jahres nach Deutschland gekommen, hatte sich hier behördlich nicht angemeldet und lebte im Hinterhof eines Restaurants im Hattinger Ortsteil Blankenstein. Dort hatte er eigentlich als Aushilfskraft in der Küche arbeiten sollen, wegen der Corona-Pandemie verlor er den Job, hatte kein Geld mehr. Schmitt nutzte die Urteilsbegründung, um von "sehr erbärmlichen Umständen" der Wohnsituation zu sprechen.

In dieser Situation kam er laut Gericht auf die Idee, sich durch eine Straftat Geld zu verschaffen. In der Nacht zum 28. April vergangenen Jahres drang er deshalb in das einsam im Wald hinter dem Restaurant stehende Haus am Röhrkenweg ein, in dem der Rentner allein wohnte. Dort habe ihn der 71-Jährige überrascht und festhalten wollen.

Den Bewusstlosen in die Werkstatt gezerrt

Richter Schmitt räumte ein, dass die Tat nur "in groben Zügen" geschildert werden könne, weil der Angeklagte keine zusammenhängenden Angaben gemacht habe. Festzustellen sei aber, dass er sich gegen den Zugriff des Rentners durch einen Schlag mit einem kleinen Hammer gewehrt habe. Der Rentner sei bewusstlos geworden und von Raphael L. in einen Werkstattraum gezerrt worden. Dort habe er neunmal mit einem Vorschlaghammer auf den Kopf des 71-Jährigen geschlagen.

Den Toten habe er in der Werkstatt liegen gelassen und das Haus durchsucht. In der Wohnung fand er schließlich 210 serbische Dinare. Die Ermittlungen ergaben, dass er nach der Tat den Wert seiner Beute im Internet ermittelt hatte. Richter Schmitt: "Die Umrechnung ergab einen Betrag zwischen 1,50 und 2 Euro."

Polizei versäumte die Belehrung des Beschuldigten

"Gewissensbisse" gestand das Gericht dem Angeklagten zu. Denn am Tag nach der Tat hatte er zwei Zimmernachbarn den Mord gestanden. Sie hatten ihn zur Polizeiwache in Hattingen begleitet, wo er den Mord erneut gestand. Für das Urteil spielte dieses letzte Geständnis aber keine Rolle. Schmitt: "Leider haben es die Beamten versäumt, ihn über seine Rechte als Beschuldigter zu belehren." Deshalb unterlagen diese Angaben laut Urteil einem "Verwertungsverbot".

Das Gericht stützte sich in seiner Beweisführung neben den Geständnissen bei den Nachbarn, DNA-Spuren und den beim Angeklagten gefundenen Dinaren vor allem auf einen Brief, den der Angeklagte während der im Oktober gestarteten Hauptverhandlung an das Gericht geschrieben hatte. In dem Schreiben hatte er mitgeteilt, dass er in dem Haus einen Diebstahl geplant habe und vom Rentner überrascht und angegriffen worden sei.

Streit um einen Brief des Angeklagten

Um den Brief hatte es im Prozess Streit gegeben, weil Rechtsanwalt Peter Strüwe der Ansicht war, dass der Mandant zunächst ihn den Brief habe lesen lassen wollen. Der Verteidiger hatte deshalb der Verwertung dieses Briefes widersprochen. Schmitt rügte das im Urteil mit "eigentlich unmöglich", führte diese Kritik am Verteidiger aber nicht weiter aus.

Strüwe hatte in seinem Plädoyer zwar keinen konkreten Antrag gestellt, versuchte aber eine verminderte Schuldfähigkeit des Mandanten wegen eines hirnorganischen Schadens zu erreichen. Das Gericht lehnte das ab. Strüwe hatte das mit einer Strangulation des Ungarn während einer Haft in seiner Heimat begründet.

Im Prozess war durch Hilfe der ungarischen Behörden auch herausgekommen, dass der in Budapest aufgewachsene Angeklagte seit seinem 14. Lebensjahr immer wieder in Haft gesessen und über seinen Cousin Kontakte zur ungarischen Mafia besessen hatte. Von 2003 bis 2017 saß er ununterbrochen ein, unter anderem wegen Beihilfe zum Mord. Da hatte er im Auftrag der Mafia einen Killer zum "Einsatzort" gefahren, der dort einen Mann der gegnerischen Mafia tötete.